Neue Entwicklungen in Diagnostik und Therapie der Spondyloarthritiden
Mit den 2009 von der ASAS-Gesellschaft publizierten neuen Klassifikationskriterien für die axiale Spondyloarthritis (axSpA) ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Verbesserung der Frühdiagnose dieser rheumatischen Erkrankung gemacht worden. Professor Dr. med. Jürgen Braun berichtete auf der Pressekonferenz anlässlich des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) über die aktuelle und potenziell zukunftsweisende Datenlage.
Die Diagnosestellung der ankylosierenden Spondylitis (AS) war jahrzehntelang mit den modifizierten New-York-Kriterien von 1984 verknüpft, die als wichtigstes Kriterium sichtbare röntgenologische Veränderungen in den Sakroiliakalgelenken beinhalten.
In den letzten 20 Jahren haben sich jedoch sowohl die Möglichkeiten der bildgebenden Diagnostik als auch die Therapiemöglichkeiten für Patienten mit ankylosierender Spondylitis durch die Erkenntnis des Werts der frühen HLA-B27-Bestimmung, die Einführung der Magnetresonanztomografie (MRT) und durch die Wirksamkeit der TNF-blockierenden Substanzen deutlich verbessert.
In den letzten Jahrzehnten hat es zudem verschiedene Ansätze für Klassifikationskriterien für die SpA gegeben – dies schließt auch frühe und abortive Formen von AS beziehungsweise axialer Spondyloarthritis (axSpA) im sogenannten nichtröntgenologischen Stadium ein. Hierbei handelt es sich um Patienten mit typischen Symptomen im Sinne eines entzündlichen Rückenschmerzes, aber ohne sichtbare Veränderungen im konventionellen Röntgenbild.
Mit den 2009 von der ASAS-Gesellschaft publizierten neuen Klassifikationskriterien für axSpA ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Verbesserung der Frühdiagnose dieser rheumatischen Erkrankung gemacht worden.
Damit wurde die AS erstmals mit ihren frühen Manifestationsformen verbunden. Die nicht durch Strukturschäden definierte potenziell frühe Form wird heute nichtradiografische axiale SpA genannt. Bei den neuen Kriterien spielen neben den Eingangskriterien Alter und Dauer der Rückenschmerzsymptomatik vor allem die Bildgebung einschließlich Magnetresonanztomografie (MRT) und konventionellem Röntgenbild sowie die Bestimmung des genetischen Markers HLA-B27 neben anderen charakteristischen SpA-Symptomen wie Sehnenansatzentzündungen (Enthesitis) eine wichtige Rolle.
Auch die aktuellen Studiendaten zur Therapie von frühen Krankheitsstadien der axSpA sind potenziell zukunftsweisend: Mehrere Studien mit TNF-Blockern belegen ein hervorragendes Therapieansprechen von Patienten in frühen Krankheitsstadien bezüglich der klinischen Verbesserung sowie der Rückbildung von entzündlichen Läsionen im Bereich der Wirbelsäule in der MRT.
Patienten mit frühen Formen von axialer SpA zeigten entsprechend tendenziell höhere ASAS-Ansprech- und Remissionsraten (zurzeit gebräuchliche standardisierte Messinstrumente) als Patienten mit etablierter AS. Diese Unterschiede sind vor allem durch die bei früher AS meist noch nicht vorhandenen, im Röntgenbild sichtbaren Strukturveränderungen zu erklären.
Insgesamt sprechen junge Patienten und solche mit deutlichem Entzündungsnachweis in der MRT und/oder mit erhöhten CRP-Werten grundsätzlich am besten auf eine Anti-TNF-Therapie an.
Nach wie vor ist aber die medikamentöse Behandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) die empfohlene erste Therapiestufe bei Patienten mit axialer SpA! Die ASAS/EULAR-Empfehlungen für das Management der AS wurden kürzlich ebenso aktualisiert wie die ASAS-Empfehlungen für die Behandlung mit TNF-Blockern.
Eine Hemmung der Knochenneubildung konnte für die TNF-Blocker bisher nicht nachgewiesen werden. In den Studien war das Ausmaß der Syndesmophytenbildung allerdings insgesamt gering, und es gab nur Vergleiche mit historischen Kontrollen. Bei zwei systematischen Vergleichen zwischen NSAR-Gabe bei Bedarf und kontinuierlicher Gabe war die Knochenneubildung in letzterer Gruppe geringer. Diese Ergebnisse werden derzeit in einer dritten Studie weiter überprüft.
Die kontinuierliche Gabe von NSAR in maximal tolerierter Dosis wird zurzeit bei Patienten mit persistierender Krankheitsaktivität unabhängig von möglichen Wirkungen auf die Knochenneubildung empfohlen. Lokale Kortikoidgaben sind ähnlich wirksam wie bei anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen. Konventionelle Basistherapien wie Sulfasalazin und Methotrexat spielen allenfalls bei im Vordergrund stehender peripherer Arthritis oder zur Prophylaxe der anterioren Uveitis eine Rolle. Regelmäßige Physiotherapie ist ein etablierter Baustein der Behandlung der AS, bevorzugt in Gruppenform.
Quelle:
Vortrag Professor Dr. med. Jürgen Braun, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Direktor des Rheumazentrums Ruhrgebiet, Herne
Pressekonferenz anlässlich des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
Donnerstag, 1. September 2011, 11.30 bis 12.30 Uhr, München
Literatur:
Braun J et al. 2010 update of the ASAS/EULAR recommendations for the management of ankylosing spondylitis.
Ann Rheum Dis 2011 Jun;70(6):896–904, Abstract
van der Heijde D et al. on behalf of ASAS. 2010 update of the international ASAS recommendations for the use of anti-TNF agents in patients with axial spondyloarthritis.
Ann Rheum Dis 2011 Jun;70(6):905–908
Abstract
Weitere Informationen zum DGRh-Kongress 2011 bei rheuma-online:
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