Die Geschichte des Gasteiner Heilstollens
Bis zu 600 Menschen besuchen heute täglich den Heilstollen und nutzen so die Heilkräfte der Natur.
Im Jahre 1952 wurde schließlich die Heilstollenbetriebsgesellschaft gegründet, der 1954 das erste Kurhaus folgte. Damit wurde der Heilstollenbetrieb auch einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht. Die anhaltende Nachfrage gab den Betreibern Recht, so dass ein Erweiterungsbau in den Jahren 1970 und 1971 erforderlich wurde. Bis 1989 wurde das Kurhaus ständig erweitert und ausgebaut, bis es seinen jetzigen Zustand erreichte.
Zu Beginn des zweiten Weltkriegs versuchte man erneut, auf die einträglichen Goldvorräte zurück zu greifen. Besonderes Augenmerk richtete sich auf den Radhausberg, unter dem man große Goldmengen vermutete. Leider waren diese Vorkommen aber bereits abgetragen.
Bei diesem Vorhaben wurde jedoch eher zufällig bei den im Stollenbetrieb beschäftigten Arbeitern eine heilsame Wirkung auf den Organismus festgestellt: Rheumatische Beschwerden, durch Verschleiß oder Entzündung hervorgerufene Gelenksbeschwerden wurden nachhaltig gelindert. Auch das Krankheitsbild der Psoriasis verbesserte sich unter der Wirkung des Heilstollens merklich. So sprach man bald vom „Tauerngold“, welches die bisher bekannten Behandlungsmethoden ersetzte und in der Wirkung auf den Remissionsprozess noch übertraf. Ab diesem Zeitpunkt galt das Interesse dem Nutzen der heilbringenden natürlichen Wirkung des Stollens.
Die immense medizinisch-therapeutische Bedeutung der natürlichen Radonstrahlung ist somit gewissermaßen als ein Nebenprodukt des Bergbaus zu betrachten.
Die Universität Innsbruck stellte im Jahre 1951 in einem Gutachten fest, dass die Wirkung des Stollens alle anderen Behandlungsmethoden positiv ergänzen kann: „Die mit der Frage nach dem Heilwert des Radhausberg-Unterbaustollens bei Badgastein-Böckstein betrauten Vorstände des Forschungsinstitutes Gastein in Badgastein und der Medizinischen Universitätsklinik in Innsbruck haben ihre diesbezüglichen Ergebnisse verglichen und sind übereinstimmend zum abschließenden Urteil gelangt, dass der Behandlung im Stollen ein Heilwert zuzusprechen ist, welcher dem der Badekuren in Badgastein gleichkommt, bei einer beachtlichen Anzahl von Kranken aber den Heilwert aller bisher gebräuchlichen, auch der modernsten Behandlungsmethoden übertrifft.“ (gez. Univ.-Prof. Dr. A. Hittmair & Univ.-Prof. Dr. F. Scheminzky). Die wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigten somit die Vermutung, dass eine hohe Luftfeuchtigkeit (bis 100 Prozent), hohe Temperaturen (bis 44 Grad C), sowie die im Innern vorkommende Radonstrahlung sich positiv auf verschiedene Krankheitsbilder auswirkten. Man erkannte, dass bereits im Verlauf von zwei bis drei Wochen insgesamt acht bis zwölf Einfahrten in den Heilstollen zur deutlichen Verbesserung der Beschwerden führten. Bei gering ausgeprägten Krankheitsbildern kann eine geringere Anzahl bereits zum Erfolg führen.
Im 16 und 17. Jahrhundert stand nun nicht mehr die gesundheitsfördernde Wirkung des Heilwassers im Vordergrund; vielmehr galt das Interesse den reichen Silber- und Goldvorkommen. Das Gasteiner Tal erlebte durch den Bergbau und den damit verbundenen, aufblühenden Handel einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung. Noch heute geben klingende Namen Aufschluss über dieser Epoche, wie beispielsweise „Silberpfennig“, „Erzwiese“ oder auch „Silberne Gans“.
Zeugnisse aus dem Mittelalter belegen bereits die Heilkraft der Thermalquellen in Bad Gastein. In dieser Zeit wurde das Thermalwasser in hölzernen Rinnen von den Quellen zu den einfachen Unterkünften der Gäste geleitet. Allerdings war die wohltuende und kurierende Wirkung der Thermalquellen nur betuchten Patienten zugänglich. Lange und beschwerliche Anreisen und der Mindestaufenthalt von sechs Wochen ließ nur einen kleinen Teil der Bevölkerung in den Genuss der Thermalquellen kommen. Im Laufe der Jahrhunderte geriet die Wirkung der Heilkraft dann leider immer mehr in Vergessenheit.