Für welche Krankheitsbilder kommt eine Radiosynoviorthese in Frage?
Eine Radiosynoviorthese ist prinzipiell bei allen Krankheitsbildern denkbar, bei denen die Gelenkinnenhaut bei der Entstehung des Krankheitsprozesses beteiligt ist. Einen besonderen Stellenwert hat sie immer dann, wenn Veränderungen der Gelenkinnenhaut eine wesentliche Rolle für die Ausbreitung des Krankheitsprozesses, die Chronifizierung der Entzündung und die entzündliche Gelenkzerstörung spielen (Tab. 1).
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen
Am häufigsten kommt damit die Radiosynoviorthese bei den klassischen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zum Einsatz, insbesondere bei
- rheumatoider Arthritis
- Psoriasis-Arthritis (Gelenkbeteiligung Schuppenflechte)
- Gelenkbeteiligung bei entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen wie dem M. Bechterew (Spondylitis ankylosans) und verwandten Erkrankungen („seronegative Spondarthritiden“, „Spondyloarthritiden“)
- chronisch verlaufenden anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und stoffwechselbedingten entzündlichen Gelenkerkrankungen
Eine spezielle Anwendung bei diesen Krankheitsbildern ist die Radiosynoviorthese im Anschluß an eine vorausgegangene operative Entfernung der Gelenkinnenhaut (Synovialektomie), um das Ergebnis dieses Eingriffs zu verbessern und zu verstetigen.
Verschleißbedingte Gelenkerkrankungen (Arthrosen)
Zunehmend wird die Radiosynoviorthese auch bei verschleißbedingten, degenerativen Gelenkerkrankungen wie der Arthrose eingesetzt. Diese Anwendung beruht auf der Erfahrung, daß eine fortschreitende Arthrose in vielen Fällen von einer Entzündung der Gelenkinnenhaut begleitet ist, die dann wesentlich für die vom Patienten geklagten Symptome wie Ruheschmerz oder gar Nachtschmerz verantwortlich ist. In diesen Fällen einer „aktivierten Arthrose“ kann eine Radiosynoviorthese die entzündliche Komponente der Arthrose gezielt behandeln und zu einer Verringerung oder günstigstenfalls sogar zu einem Verschwinden der entzündlich bedingten Beschwerden führen.
Pigmentierte noduläre Synovialitis (PNS)
Die pigmentierte noduläre Synovialitis ist eine seltene Gelenkerkrankung, bei der es zu einer tumorartigen Wucherung der Gelenkinnenhaut in das Gelenk und zu teilweise heftigen Entzündungsreaktionen mit Gelenkschwellungen und ausgeprägten Gelenkergüssen kommt, ohne daß das Gelenk allerdings wie bei einer rheumatoiden Arthritis durch ein Pannusgewebe zerstört wird. Die Gelenkschwellungen und Entzündungen gehen aber mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen einher und beeinträchtigen die Patienten oft ganz erheblich.
Traditionell wurde bei der pigmentierten nodulären Synovialitis eine operative Entfernung der Gelenkinnenhaut durchgeführt. Bei vielen Patienten kam es aber nach einem solchen Eingriff zu einem Rückfall (Rezidiv), nicht zuletzt auch deshalb, weil mit einer Operation in der Regel nicht alle Bereiche eines Gelenks erreicht werden können.
Die Radiosynoviorthese ist bei der Therapie der pigmentierten nodulären Synovialitis eine therapeutische Alternative, die heute zunehmend die operativen Verfahren ablöst.
Weitere Krankheitsbilder
Im Einzelfall kann eine Radiosynoviorthese auch bei anderen Krankheitsbildern oder Problemen sinnvoll sein, bei denen chronische Entzündungen der Synovialis eine Rolle spielen. Dazu gehört auch die chronische Entzündung von Sehnenscheiden, die ebenfalls von einer Synovialmembran ausgekleidet sind. Zum Teil können Sehnenscheidenentzündungen („Tenosynovialitiden“) im Zusammenhang mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen mit sehr heftigen Entzündungsreaktionen und ausgeprägten Ergussbildungen einhergehen („exsudative Tenosynovialitiden“), die auf die üblichen Behandlungsmaßnahmen nur schlecht oder überhaupt nicht ansprechen. Hier kann eine Radiosynoviorthese eine wirksame Behandlungsmaßnahme darstellen. Sie stellt aber bei dieser Anwendung kein übliches Standardverfahren dar und sollte nur von erfahrenen, mit der Methode sehr gut vertrauten Behandlern durchgeführt werden.
Tabelle 1: Anwendungsgebiet der Radiosynoviorthese („Indikationen“)
- Chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis)
- Psoriasis-Arthritis
- Periphere Gelenkbeteiligung bei M. Bechterew
- infektreaktive Arthritiden
- Villonoduläre Synovialitis
- Hämarthros bei Hämophilie (Einblutung in ein Gelenk bei der Bluterkrankheit)
- Aktivierte Arthrose
- Kristallarthropathien (durch Kristallablagerungen hervorgerufene Gelenkerkrankungen, insbesondere auch Chondrokalzinose)
- Nachbehandlung nach vorangegangener operativer Entfernung der Gelenkinnenhaut (Synovialektomie)
- Chronischer Reizzustand nach Implantation einer totalen Endoprothese (TEP, künstliches Gelenk)