Unzureichende Versorgung mit Vitamin D in Deutschland
"Die Versorgung mit Vitamin D in Deutschland ist unzureichend. Kinder aus sozial schwachen Familien, Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders betroffen - aber auch die Gesamtbevölkerung leidet generell an einer bundesweiten Vitamin-D-Unterversorgung, die nicht weiter ignoriert werden darf."
so das Fazit einer Expertenrunde, die Ende März 2009 auf Einladung von Prof. Dr. med. Hans K. Biesalski zum ersten Hohenheimer Ernährungsgespräch an der Universität Hohenheim zusammenkam.
Der Vitamin-D-Spiegel sollte nach den derzeitigen Erkenntnissen höher liegen als früher gedacht und gemessen daran sind die Werte in der deutschen Bevölkerung generell zu gering, vor allem im Winter“ so die Analyse von Dr. Birte Hintzpeter als Vertreterin des Robert-Koch-Instituts in Berlin.
„Besonders betroffen sind ältere Frauen sowie Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Bei ihnen waren die Vitamin-D-Spiegel sogar im Sommer zu niedrig.“
Das Problem für die unzureichende Versorgung liege in der schlechten Verfügbarkeit von Vitamin D, das in nennenswerten Mengen lediglich in fettem Fisch vorkommt.
Deutlich werde aus den Daten auch, so Prof. Biesalski, dass die Eigenproduktion von Vitamin D in der Haut durch UV-B-Strahlen die niedrige Aufnahme mit der Nahrung nicht ausgleichen könne.
Die Fähigkeit zur Eigensynthese von Vitamin D nehme zudem mit dem Alter ab. Außerdem hielten sich Kinder und Jugendliche immer weniger im Freien auf bzw. ermöglichte der berufliche Alltag den Kontakt mit der Sonne nicht in ausreichender Menge.
„Konsequenzen einer unzureichenden Vitamin D-Versorgung, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen sind ein deutlich erhöhtes Risiko für Osteoporose im späteren Alter und damit eine Einschränkung der Lebensqualität. Eine schlechtere Versorgung bei älteren Menschen erhöht das Risiko für Frakturen, aber auch gleichzeitig die Krankheitsanfälligkeit gegenüber Infekten.“
Die Unterversorgung mit Vitamin D hat weitreichende Auswirkungen
„Es mehren sich die Hinweise, dass eine defizitäre Vitamin D-Versorgung bei Personen mittleren und höheren Alters mit einer erhöhten Sterblichkeit einhergeht“ fasste PD Dr. Armin Zittermann vom Herz- und Diabeteszentrum NRW die jüngste Forschungsergebnisse zusammen. „Ebenfalls verdichtet sich die Datenlage, dass eine inadäquate Vitamin D-Versorgung in jungen Jahren das Auftreten bestimmter chronischer Erkrankungen wie multipler Sklerose und Typ I Diabetes begünstigen kann.“
Prof. Dr. med. Jörg Spitz von der Gesellschaft für Medizinische Information und Prävention in Wiesbaden diskutierte die Onkologie als ein weiteres wichtiges Gebiet für die Vitamin-D-Versorgung. „Hier bewirkt Vitamin D eine Unterdrückung des Tumorwachstums - einschließlich der Metastasen. So wird zum Beispiel das Risiko für ein Karzinom der weiblichen Brustdrüse oder des Dickdarms reduziert.
Unser Immunsystem benötigt ebenfalls einen ausreichenden Spiegel von Vitamin D im Blut. Das beginnt schon im Mutterleib, wo das angeborene Immunsystem geprägt wird. Ein Vitamin D Mangel zu dieser Zeit führt in späteren Jahren zu überschießenden Abwehrreaktionen und vermehrten Allergien. Andererseits regt Vitamin D in den Zellen die Produktion von körpereigenen Antibiotika an.“
Letztendlich schütze Vitamin D die Nervenzellen vor Erkrankungen, so Prof. Spitz. Ein Mangel wird mit der Entstehung der Multiplen Sklerose (MS), der Schizophrenie, dem Morbus Parkinson und der Depression in Verbindung gebracht.
Expertenrunde sieht Handlungsbedarf
Angesichts der diskutierten Auswirkungen sah die Expertenrunde Handlungsbedarf in Politik und bei den Fachgesellschaften. Notwendig seien Präventionsstrategien, die die Vitamin-D-Versorgung erhöhten, wie auch die derzeitige Zufuhrempfehlung zu überarbeiten.
Quellen:
www.wissenslogs.de
Erstes Hohenheimer Ernährungsgespräch: Unzureichende Vitamin-D-Versorgung
Biesalski: Vortrags-Fazit
Hintzpeter: Vortrags-Fazit
Zittermann: Vortrags-Fazit
Spitz: Vortrags-Fazit
Häufig fehlt‘s an Vitamin D
Ärztezeitung Ernährung 16.4.2009