ACTEMRA in den USA für die rheumatoide Arthritis zugelassen
Bei Roche in Basel und bei Chugai in Tokio beginnt das neue Jahr mit Feiern: Am 11. Januar 2010 erteilte die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA dem von beiden Firmen gemeinsam entwickelten Interleukin-6-Blocker Tocilizumab die Zulassung für die rheumatoide Arthritis, und in Europa steht am 28. Januar 2010 der erste Geburtstag dieser neuen Substanz an.
Basel, den 11. Januar 2010. Der Schweizer Pharmakonzern Roche gab bekannt, daß die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) das Medikament ACTEMRA (Tocilizumab, RoACTEMRA in der Europäischen Union) zur Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis (RA) zugelassen hat.
Die USA-Zulassung bezieht sich auf Patienten, die auf eine oder mehrere Therapien mit einem Hemmstoff des Tumornekrosefaktors (TNF-alpha-Blocker) unzureichend angesprochen haben. Damit unterscheidet sie sich von der Zulassung durch die europäische Zulassungsbehörde EMEA (European Medicines Agency), die Tocilizumab in den Ländern der europäischen Union nicht nur nach einem TNF-Versagen zugelassen hat, sondern bereits als „first-line-Biologikum“ nach DMARD-Versagen, d.h. nach einer unzureichenden oder fehlenden Wirksamkeit von konventionellen krankheitsmodifizierenden Substanzen (disease modifying antirheumatic drugs, langwirksamen Antirheumatika, früher sogenannte „Basistherapeutika“).
Tocilizumab wurde von Roche gemeinsam mit dem japanischen Pharma-Unternehmen Chugai entwickelt. Die Substanz ist der erste monoklonale Antikörper gegen den Interleukin-6-Rezeptor (IL-6), der zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen wurde.
Das Arzneimittel kann allein oder in Kombination mit Methotrexat oder anderen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) eingesetzt werden.
„Die FDA-Zulassung von ACTEMRA ist ein grosser Fortschritt in der Behandlung der RA, denn sie bietet Patienten mit dieser schweren Erkrankung eine neue Behandlungsmöglichkeit“, sagte Hal Barron, M.D., Leiter Globale Entwicklung und Chief Medical Officer, Roche und Genentech. „Wir sind optimistisch, dass wir in Zusammenarbeit mit der Behörde in der Lage sein werden, die notwendigen zusätzlichen Daten vorzulegen, um die Zulassung in früheren Therapieanwendungen zu unterstützen. Wir werden dort sowohl den klinischen Nutzen als auch die Sicherheit von ACTEMRA durch unser breit angelegtes Pharmakovigilanzprogramm einschliesslich Risikomanagementprogramm sowie die weltweit laufenden klinischen Prüfungen und Post-Marketing-Studien umfassend charakterisieren.“
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die bedeutendste und folgenschwerste entzündlich-rheumatische Erkrankung. Unbehandelt oder unzureichend behandelt kommt es zu einer chronisch fortschreitenden Entzündung der Gelenke und der umgebenden Gewebe. Folgen sind nicht nur starke Schmerzen, sondern auch zunehmende, dauerhafte Gelenkzerstörungen und resultierende Funktionseinschränkungen bei den Tätigkeiten des täglichen Lebens. Sogenannte systemische Manifestationen wie Müdigkeit und schnelle Erschöpfung, aber auch erhöhte Körpertemperatur, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme sowie eine entzündlich bedingte Anämie (Blutarmut) sind Ausdruck der schweren Allgemeinkrankheit. Extra-artikuläre Organmanifestationen, d.h. eine Beteiligung von Organen außerhalb des Bewegungssystems, führen bei schweren Krankheitsverläufen zu teilweise lebensbedrohlichen Komplikationen.
An dem rheumatischen Entzündungsprozess sind mehrere wichtige Eiweißstoffe beteiligt, die sogenannten Zytokine. Zytokine sind körpereigene Botenstoffe, die eine Schlüsselrolle bei der Auslösung, Verstärkung und Chronifizierung der Entzündung spielen. Zu den „key-playern“ der rheumatischen Entzündung gehört IL-6 (Interleukin-6).
So haben Forschungen unter anderem gezeigt, dass die Konzentrationen von IL-6 im Serum (Blut) und in Gelenken sowie anderen entzündeten Geweben bei Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis erhöht sind.
Durch biotechnologische Verfahren konnte mit dem Interleukin-6-Antagonisten (IL-6-Blocker) Tocilizumab ein Medikament entwickelt werden, daß die biologische Aktivität von Interleukin-6 gezielt und spezifisch hemmt. Actemra (Handelsname in den USA, Handelsname in Europa RoActemra) ist das erste Medikament aus dieser neuen Klasse der IL-6-Blocker.
„Bei vielen RA-Patienten beseitigt die Behandlung mit bestehenden Therapien nicht die schmerzhaften und behindernden Symptome der Krankheit,“ erklärte ACTEMRA-Studienarzt Mark Genovese, M.D., Professor für Medizin und stellvertretender Leiter der Abteilung für Immunologie und Rheumatologie am Stanford University Medical Center. „Daten aus dem klinischen Entwicklungsprogramm etablieren ACTEMRA und seinen einzigartigen Wirkungsmechanismus zweifellos als wichtige neue Möglichkeit für RA-Patienten, die trotz Behandlung mit den verfügbaren Therapien weiter an den Krankheitssymptomen leiden.“
ACTEMRA wurde in fünf multinationalen Phase-III-Studien mit über 4.000 Patienten klinisch untersucht. Diese Studien repräsentieren das bisher größte klinische Entwicklungsprogramm für eine Indikation bei der rheumatoiden Arthritis. Die Studien zeigten, dass Tocilizumab – allein oder in Kombination mit Methotrexat oder anderen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) – die Symptome der rheumatoiden Arthritis im Vergleich zur alleinigen Therapie mit DMARDs unabhängig von der vorangegangenen Behandlung signifikant verringerte.
ACTEMRA ist in den USA in der Woche ab dem 18. Januar 2010 verfügbar. In Deutschland war Tocilizumab, hier unter dem europäischen Namen RoActemra, erstmals am 28. Januar 2009 in den Apotheken erhältlich. Damit steht bereits in vier Tagen der erste Geburtstag von RoActemra an, zu dem wir uns in rheuma-online natürlich etwas Besonderes ausgedacht haben.
Quelle: Media Release, Roche, Basel, den 11. Januar 2010
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