Blockade von TNF-alpha: Ein erfolgsversprechender Ansatz bei der Therapie rheumatischer Erkrankungen
Der Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-alpha) ist eines der wichtigsten pro-inflammatorischen Zytokine im Entzündungsprozess bei rheumatischen Erkrankungen. So wurden erhöhte TNF-alpha-Spiegel nicht nur in der Synovialis und im Serum von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) nachgewiesen, sondern auch in der Synovialmembran und in den psoriatischen Plaques von Patienten mit Psoriasis-Arthritis oder Psoriasis sowie im Serum und in synovialitisch und enthesitisch entzündeten Geweben von Patienten mit ankylosierender Spondylitis.
TNF-alpha steuert über andere Zytokine wie Interleukin-1 (IL-1) und Interleukin-6 (IL-6) wesentliche lokale und systemische Entzündungsreaktionen (siehe nachstehende Abbildung: Zentrale Rolle von TNF-alpha bei der rheumatischen Entzündung). Über IL-1 kommt es zu einer Aktivierung der synovialen Fibroblasten und einer entzündlichen Gelenkdestruktion. IL-6 ist ein pro-inflammatorisches Zytokin, das vor allem die Produktion von Akute-Phase-Proteinen in der Leber induziert und damit die systemische Entzündungsreaktion vermittelt, u. a. auch die Bildung von C-reaktivem Protein (CRP).
Matrix-Metalloproteasen (MMP) sind Enzyme, die einer Modulation durch Zytokine unterliegen. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der RA, bei der Knochenresorption und bei der Knorpeldestruktion. In Studien konnte gezeigt werden, dass Etanercept die Spiegel von MMP-1 und MMP-3 herunterreguliert und das C-reaktive Protein (CRP) sowie die Blutsenkungsgeschwindgkeit (BSG) reduziert.
Ein weiterer potentieller Mechanismus, der möglicherweise zur Wirksamkeit von Etanercept beiträgt, ist die Regulation der Apoptose. In einer klinischen Studie induzierte Etanercept nach acht Wochen die Apoptose von Monozyten / Makrophagen. In in vitro Studien hingegen wurde unter Etanercept bei den mononukleären Zellen aus der Synovialflüssigkeit und dem peripheren Blut ein Anstieg der Apoptose von Makrophagen gesehen. Die Lymphozyten waren indessen nicht betroffen. Aufgrund dieser Daten ist zu vermuten, dass die zellspezifische Apoptose nur einen der möglichen Wirkungsmechanismen von Etanercept im Bereich des synovialen Gewebes darstellt.
Die Fähigkeit von TNF-alpha-Inhibitoren, die Knochenresorption in vivo zu verändern, besteht in der Regulation des Rezeptor-Aktivators des NF-Kappa B Liganden (RANKL) und des Osteoprotegerins (OPG). In einer Untersuchung steigerte die Behandlung mit Etanercept die Expression von OPG im Synovialgewebe. Die RANKL Expression wurde nicht beeinflusst. Der Quotient aus RANKL/OPG nahm daher im Behandlungsverlauf ab. Diese Beobachtung könnte die Reduktion bzw. das Aufhalten der radiologisch beobachteten Progression der Gelenkdestruktion unter Etanercept erklären.
TNF-alpha spielt darüber hinaus auch eine wichtige Rolle bei der Auslösung lokaler Entzündungsvorgange durch die Induktion von entzündungsvermittelnden Enzymen. So kommt es unter dem Einfluss von TNF-alpha zur Induktion der Cyclooxygenase-2 (COX-2), die für den entzündlichen Schmerz in den betroffenen Gelenken und anderen Geweben verantwortlich ist.
Die zentrale Rolle des Tumor-Nekrose-Faktor-alpha im Netzwerk der durch TNF kontrollierten biologischen Abläufe hat zu der Entwicklung von Medikamenten geführt, die dieses Zytokin über verschiedene spezifische Mechanismen gezielt blockieren – die TNF-alpha-Blocker.
Dabei stehen zwei Prinzipien der TNF-alpha-Blockade zur Verfügung.
Etanercept ist ein löslicher TNF-Rezeptor, während es sich bei Infliximab (Handelsname Remicade) und Adalimumab (Handelsname Humira) um monoklonale Antikörper gegen TNF handelt (zum genauen Wirkmechanismus der verschiedenen therapeutischen Ansätze siehe hier). Bei dem in Deutschland derzeit (Stand: September 2008) noch nicht zugelassenen Certolizumab (Handelsname in den USA: Cimzia) handelt es sich um einen pegylierten Antikörper. Ein weiterer, in klinischer Entwicklung befindlicher Antikörper ist der voll humanisierte monoklonale Antikörper Golimumab.
Das unterschiedliche Wirkprinzip erklärt vermutlich die unterschiedliche Wirksamkeit der einzelnen Behandlungskonstrukte, außerdem könnte darin auch der Grund für das unterschiedliche Nebenwirkungsprofil liegen, insbesondere auch das unterschiedliche Risiko im Hinblick auf schwere Infektionskomplikationen, speziell auch für Tuberkulose.