Sarkoidose oder rheumatoide Arthritis?
Nachdem ich (28 Jahre, berufstätig, 1 Kind) mich einige Jahre mit mäßigen, sprunghaft wechselnden Gelenkbeschwerden und erträglicher Morgensteifigkeit an den unteren Extremitäten abgemüht hatte, bekam ich im Februar 2002 massiv überwärmte, geschwollene Sprunggelenke, ein Erythema nodosum an den Streckseiten der Unterschenkel und vergrößerte Hiluslymphknoten, so daß relativ rasch die Diagnose einer Sarkoidose (Löfgren) gestellt wurde. Der Befund wurde durch zwei Bronchographien mit Lavage bioptisch gesichert. Meine Bewegungsfähigkeit war total eingeschränkt, ich kroch nur noch vorwärts. Als Blutwertveränderungen fanden sich lediglich eine beschleunigte BSG und ein mäßig erhöhter CRP-Wert (11). ACE und Rheumafaktoren waren normal.
Zunächst wurde ich mit 3xtgl. Acesal, später 3x 400 mg Ibuprofen im Wechsel mit Tramal-Tropfen, anschließend mit Diclofenac gespritzt. Schmerzlinderung gab es in der Regel 3 Stunden lang, dann begann der "Spaß" von vorn.
Nachdem die Füße einschließlich Zehen derart geschwollen waren, daß sie zu "platzen drohten", wurde als Stoßdosis 3 Tage lang 100 mg Prednisolon gespritzt. Schlagartig schwollen die Füße ab. Dann wurde 3 Tage lang 50 mg gegeben. Als die Reduktion auf 25 mg erfolgte, begannen die arthritischen Beschwerden von vorn, Schwellung, Überwärmung, Versteifung. Zusätzlich bekam ich reißende Schmerzen in den Knien, ohne daß eine optisch ein Befund zu erheben war. Die Dosis wurde wieder auf 45 mg erhöht, zusätzlich 25 mg Vioxx gegeben. Damit war ein guter Zustand erreicht.
Als ich erneut auf 25 mg abgesenkt hatte (diesmal Reduktion in 5 mg Schritten), erneuter Rückschlag. Zusätzlich traten Schmerzen in den Hüften auf, der rechte Ellenbogen schwoll an und die Finger wurden morgens derart steif, daß sie "nicht zu gebrauchen waren". Die Hände sind morgens in einer Art "Häschenhaltung". Nach warmen Bädern, Massagen und Bewegung wird ein gutes Maß an Bewegung erreicht. Allerdings zittere ich wie Espenlaub, schwitze kräftig und habe Herzjagen.
Meine zusätzlich konsultierte Rheumatologin meint, es handle sich um eine Sarkoidose mit rheumatoider Arthritis. Sie zweifelt am Löfgren-Syndrom, da für sie der rheumatologische Befund im Vordergrund stünde. Unter Celebrex (200 mg) und derzeit Vioxx ging es mir subjektiv gut.
Bei der Kontrolle der Blutwerte wurde eine Linksverschiebung des Blutbildes festgestellt. GammaGT geringfügig erhöht. Lunge und Lungenfunktion sind ohne größere Befunde.
Unter derzeit 27 mg Kortison habe ich springende Gelenkschmerzen ohne Überwärmung und Schwellungen; die Morgensteifigkeit bleibt. Nun treten zusätzlich seit zwei Wochen massive Schmerzen im Hüfbereich und Rückenbereich (Wirbelsäule) auf, ich komme nicht vom Stuhl etc. hoch, kann nur mit Gehhilfe laufen. Es ist ein Gefühl, als habe mir jemand in den Rücken getreten. Nach längeren Ruhephasen bin ich ebenso steif.
Die Diagnose des Rheumatologen (NN, der Name ist der Redaktion von rheuma-online bekannt) heute: "Cortsoninduzierte Fibromyalgie" (Blutwerte wie ALAT, ASAT, Crea normal). Empfehlung: Sofortiges radikales Reduzieren des Prednisolons um 5 mg/d unter gleichzeitiger Heraufsetzung von Schmerzmitteln (ich glaube, es hieß Novalgin 4x30 Tropfen?). Gelenkversteifungen etc. konnte er nicht attestieren (Allerdings grüßen jetzt am Abend die getesteten Gelenke!).
Sein Befund erscheint mir persönlich zweifelhaft. Unter 30 mg Prednisolon und Vioxx war ich aktiv, ohne massive Beschwerden. Unter ständiger Reduktion nehmen die "Muskelschmerzen" ebenso wie die arthritischen Beschwerden zu.
Daher meine Frage. Haben Sie Ähnliches beobachtet? Gibt es vielleicht Ihnen bekannte Therapien etc.? Ich wäre Ihnen für ein Statement sehr dankbar (Ich weiß, daß es keine Patentrezepte gibt.) Ich will vom Kortison runter und trotzdem erträglich leben können ...
Da ich Ihren Rheumatologen persönlich kenne und ihn als sehr kompetenten Rheumatologen schätze, fällt mir die Antwort etwas schwer.
Grundsätzlich kann, darf und will ich über das Internet keine Ferndiagnosen stellen oder individuelle Therapieempfehlungen geben. Allgemein kann ich Ihren Bericht allerdings kommentieren.
Aus der Ferne würde ich nach der Schilderung denken, dass Sie an einer Sarkoidose mit Gelenkbeteiligung leiden. Zu diesem Komplex gibt es im übrigen ganz aktuell in den "Ausgewählten Fragen und Antworten" im April eine Antwort von mir.
Eine andere Erklärungsmöglichkeit wäre eine infektreaktive Arthritis, vorzugsweise in der Folge einer Yersinieninfektion. Ich weiß nicht, ob in dieser Richtung schon einmal geschaut worden ist. Interessant wäre es außerdem, ob Sie HLA B27 positiv sind (HLA B27 ist ein Risikomarker für eine bestimmte Gruppe von rheumatischen Erkrankungen, die sogenannten seronegativen Spondarthritiden oder neuerdings Spondylarthropathien).
Bei Sarkoidose gibt es eine Muskelbeteiligung, die üble Muskelschmerzen macht und auf den ersten Blick mit einer Fibromyalgie verwechselt werden kann. Für eine entzündliche Ursache ihrer Beschwerden spricht das prompte Ansprechen auf Cortison, was ja untypisch für eine Fibromyalgie ist.
Therapeutisch sollte man in einer vergleichbaren Lage über eine langwirksame antirheumatische Therapie nachdenken, um Cortison zu sparen. Die derzeitige Dosis ist auf Dauer sicherlich zu hoch.
Vorzugsweise würde man Mtx (Methotrexat) einsetzen, da es sowohl bei einer chronischen Polyarthritis / rheumatoiden Arthritis als auch bei der Sarkoidose wirkt und es damit relativ gleichgültig ist, für welche Diagnose sich Ihre behandelnden Ärzte entscheiden.