Was ist eigentlich ... ein Tuberkulin-Test?
Vor der Therapie mit TNF-alpha-blockierenden Medikamenten ("TNF-alpha-Blockern") ist eine Untersuchung auf eine floride oder versteckte Tuberkulose notwendig. Dazu wird in der Regel ein Tuberkulin-Test durchgeführt. Was hat man darunter zu verstehen?
Der Tuberkulin-Test dient der Diagnose einer Tuberkulose (akut oder latent).
Früher wurde der Tuberkulin-Test als sogenannter Stempeltest durchgeführt, bei dem ein mit Tuberkulin präparierter Stempel in die Haut gedrückt wurde. Dieses Testsystem wird heute nicht mehr hergestellt. Deshalb kommt heute im Regelfall der sogenannte Mendel-Mantoux-Test zum Einsatz.
Bei diesem Test wird eine definierte Menge von gereinigtem Tuberkulin streng intrakutan, d.h. in die oberste Hautschicht gespritzt. Tuberkulin ist ein Präparat, das aus abgetöteten Mykobacterium tuberculosis-Bakterien hergestellt wird. Mykobacterium tuberculosis ist der Erreger der Tuberkulose. Tuberkulin reagiert in der Haut, wenn der Organismus zuvor Kontakt mit dem Tuberkulose-Erreger hatte und T-Lymphozyten (bestimmte Zellen der Immunabwehr) sensibilisiert wurden.
In der Regel wird eine Menge von 10 I.E. (Internationale Einheiten) gespritzt. Wenn der Test korrekt durchgeführt wurde, bildet sich eine kleine Quaddel unter der Haut (Abb.). Der Test wird nach 72 Stunden abgelesen.
Wenn der Test positiv ausfällt, kommt es zu einer umschriebenen Knötchenbildung, die sich derb anfühlt. Eine reine Hautrötung gilt nicht als positive Reaktion.
Ein deutlich positiver Tuberkulin-Test ist ein Hinweis auf eine möglicherweise bestehende latente (verborgene) Tuberkulose. Unter einer Therapie mit TNF-alpha-Blockern besteht in einem solchen Fall das Risiko, daß eine inaktive Tuberkulose aktiviert wird.
Nach den Empfehlungen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose vom Februar 2002 zur Diagnose und Prävention der latenten Tuberkulose wird der Test wie folgt bewertet:
- Der Tuberkulintest (Mendel-Mantoux-Test, 10 TE) wird als positiv bewertet, wenn die Induration (Hautverhärtung im Testbereich, Reaktion auf die Testung) > 5 mm beträgt. Dieser Durchmesser wurde gewählt, da man davon ausgeht, daß bei den Patienten, die mit einem TNF-alpha-Blocker behandelt werden sollten, eine Beeinträchtung der Immunabwehr (Immunsuppression) besteht oder in der Folge der Therapie auftritt.
- Bei einer schwachen Reaktion des Tuberkulintests sollte ein zweiter Test am Ablesetag durchgeführt werden (am Arm auf der Gegenseite). Das zweite Testergebnis ist dann als das eigentliche Ergebnis zu bewerten, da es durch die zweite Testung zu einer Verstärkung des Testergebnisses kommen kann. Eine solche Verstärkung durch die vorhergehende Testung nennt man Boosterung.
- Eine latente (verborgene) Tuberkulose muß angenommen werden, wenn der Mendel-Mantoux-Test positiv ist (Induration > 5 mm im ersten Test oder im zweiten Test nach Boosterung nach anfangs schwacher Reaktion). Ist das Tuberkulintest-Ergebnis nach Mendel-Mantoux negativ, besteht aber im Röntgenbild der Lunge (Röntgen-Thorax) der Verdacht auf tuberkulöse Läsionen, so muss eine aktive Tuberkulose zunächst mikroskopisch und kulturell bzw. durch eine PCR ausgeschlossen werden, bevor man dies als inaktive fibrotische Läsion bewerten und nur präventiv behandeln darf.
Zur Vorbeugung einer Tuberkulose, d.h. zur Vermeidung einer Aktivierung einer latenten Tuberkulose wird dann das folgende Behandlungsschema vorgeschlagen.
- Vor dem Start der Behandlung mit dem TNF-alpha-Blocker wird eine vorbeugende (präventive) Therapie mit Isoniazid (INH) begonnen.
- Mit der TNF-alpha-blockierenden Therapie kann dann einen Monat später unter Fortführung der INH-Prophylaxe begonnen werden.
- Die INH-Prophylaxe sollte insgesamt über 9 Monate durchgeführt werden.
Da der Test bei einigen Patienten gewisse Mängel aufweist, wurde eine neue diagnostische Methode entwickelt, der sogenannte Elispot.
Dabei werden frisch aus dem peripheren Blut isolierte mononukleare Zellen mit MTb-spezifischen Antigenen stimuliert (MTb = Mykobacterium tuberculosis). Anschließend werden die Interferon-gamma-(INF-gamma)-produzierenden Zellen mit dem Elispot gezählt.
Der Elispot ist insbesondere geeignet für Patienten, die nach einer vorangegangenen BCG-Impfung (Tuberkulose-Impfung) einen falsch positiven klassischen Tuberkulin-Test aufweisen.
Wichtige Fragen aus der Praxis
Wie soll man verfahren, wenn sich anläßlich einer rheumatologischen Kontrolluntersuchung bei einem Patienten herausstellt, daß die Umstellung auf einen TNF-alpha-Blocker notwendig wird und deshalb ein Tuberkulin-Test angelegt werden muß, der Patient aber weiter entfernt wohnt, die Anreise zu seinem Rheumatologen mehr als 1,5 Stunden dauert und es nun unglücklicherweise Mittwoch oder Donnerstag ist, d.h. der heute angelegte Test üblicherweise nach 72 Stunden und damit am Samstag oder Sonntag abgelesen werden sollte?
- Den Patienten für Montag neu einbestellen, den Tuberkulintest dann anlegen und am Donnerstag ablesen? Würde bedeuten, daß der Patient einmal zusätzlich in die Praxis kommen müßte und damit mehr als 3 Stunden Anreise in Kauf nehmen müßte.
- Den Test vom Hausarzt durchführen lassen? Dies setzt aber voraus, daß der Hausarzt damit eine ausreichende Erfahrung hat, was nicht in jedem Fall unterstellt werden kann. Eine zusätzliche Schwierigkeit: Im Augenblick ist es nicht ganz einfach, den Test zu bekommen, da es derzeit keinen deutschen Hersteller eines Mendel-Mantoux-Testes gibt und der Test damit auf einem etwas komplizierten Weg mit einem speziellen Verfahren aus dem Ausland importiert werden muß.
- Den Test heute anlegen, den Patienten die Reaktion am Samstag bzw. Sonntag mit einer Digitalkamera fotographieren und das Bild für Montag in die Praxis mailen lassen? Keine schlechte Idee; funktioniert im Prinzip auch bei einem negativen Test, d.h. wenn man sieht, daß man nichts sieht. Was ist aber, wenn sich eine Rötung zeigt und man durch das Foto alleine nicht entscheiden kann, ob es sich um eine harmlose Hautirritation oder um einen wirklich positiven Befund handelt? Und wie kann dann die genaue Ausmessung der Reaktion erfolgen? Nicht zuletzt: Wie ist es in einem solchen Fall mit der Haftung, wenn bei diesem Verfahren ein Fehler passiert?
- Andere Ideen?
Die Antwort:
In einer Veranstaltung auf dem US-amerikanischen Rheumatologenkongreß im November 2007 in Boston wurde genau diese Problematik von Experten diskutiert. Die Lösung ist ganz einfach. Da bei einem Tuberkulin-Test nach Mendel-Mantoux bei einem positiven Ausfall die Reaktion mindestens eine Woche bestehen bleibt, kann der Test ohne jedes Risiko auch einen Tag oder zwei Tage später als nach den üblichen 72 Stunden abgelesen werden. In der oben beschriebenen Situation kann der Test damit am Mittwoch oder Donnerstag vom Rheumatologen angelegt werden; der Patient wird dann beispielsweise für Montag oder Dienstag zum Ablesen einbestellt. Wenn der Test negativ ausfällt, d.h. wenn sich keine Reaktion zeigt, könnte dann am selben Tag mit der TNF-alpha-blockierenden Therapie begonnen werden, so daß auf diese Weise zugleich eine weitere Anreise allein zum Zweck des Therapiebeginns entfallen würde.
Anfragen an das TNF-alpha-Informationszentrum TIZ:
Welche Maßnahmen sind bei einem positiven Tuberkulin-Test vor Beginn einer Therapie mit TNF-alpha-Blockern notwendig?
Die Antwort hier.
Heftige Reaktion im Tuberkulin-Test unter einer Therapie mit Humira: Therapie beenden, oder was alternativ unternehmen?
Die Antwort hier.
Weiterführende Informationen und verwandte Links:
rheuma-news vom 03.04.2008: Der Elispot (Enzyme-Linked Immunospot Assay) im Vergleich zum Tuberkulin Hauttest
Bildnachweis Mendel-Mantoux-Test: Wikipedia
(http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Mantoux_tuberculin_skin_test.jpg)