Vor 65 Jahren wurde der Rheumafaktor entdeckt
Beinahe hätten wir es übersehen: Vor 65 Jahren, nämlich genau am 10. Dezember 1937, wurde der Rheumafaktor entdeckt.
Wir verdanken diese Nachricht zur Geschichte der Rheumatologie einer Anfrage an rheuma-online nach dem Waaler-Rose-Test. Dabei ist uns aufgefallen, dass fast auf den Tag genau eines der historischen Experimente in der Rheumatologie nun 65 Jahre zurückliegt.
Damals, nämlich am 10 Dezember 1937, führte der norwegische Arzt Erik Waaler in Oslo sein berühmt gewordenes Experiment durch, bei dem er das Serum von Rheumakranken mit den roten Blutkörperchen von Schafen zusammenbrachte, die zuvor mit Antikörpern von Kaninchen gegen Immunglobulin G sensibilisiert worden waren. Er entdeckte dabei, dass es dann zu einer sogenannten Hämagglutinationsreaktion kam, d.h. einer Verklumpung von roten Blutkörperchen. Diese trat nur ein, wenn man das Blut (Serum) von Rheumakranken mit den Erythrozyten dieser Schafe zusammenbrachte, nicht jedoch, wenn man das Serum von Gesunden einsetzte. Damit gab es zum ersten Mal einen Bluttest, mit dem man das Blut von Rheumakranken von dem Blut von Gesunden unterscheiden konnte. Weil man annahm, dass die beobachtete Reaktion durch einen Faktor im Blut der Rheumakranken hervorgerufen würde, der spezifisch für diese Erkrankung sei, wurde dieser im Blut der Rheumakranken nachgewiesene Faktor „Rheumafaktor“ genannt. Dasselbe Phänomen wurde später im Jahre 1948 auch von dem Amerikaner Harry Rose und seinem Mitarbeiter Charles Regan von der Columbia-Universität in New York beschrieben. Deshalb erhielt die von Waaler beschriebene Methode später den Namen Waaler-Rose-Test.
Wir wissen heute, dass Rheumafaktoren nicht nur bei der chronischen Polyarthritis (rheumatoiden Arthritis) auftreten können, sondern auch bei zahlreichen anderen Autoimmunkrankheiten nachweisbar sind, z.B. Erkrankungen aus der Gruppe der Kollagenosen einschließlich dem systemischen Lupus erythematodes (SLE), dem Sjögren-Syndrom oder auch Autoimmunerkrankungen ohne Beteiligung des Bewegungssystems wie der Autoimmunhepatitis. Außerdem können Rheumafaktoren „falsch-positiv“ bei chronisch verlaufenden Infektionskrankheiten nachgewiesen werden, beispielsweise der Tuberkulose oder auch der subakuten bakteriellen Endokarditis, einer schleichend verlaufenden Infektion der Herzklappen mit einer bestimmten Streptokokkenart.
Dennoch war die Entdeckung von Erik Waaler ein historisches Ereignis in der Entwicklung der modernen Rheumatologie, insbesondere der rheumaserologischen und immunologischen Labordiagnostik. Der Waaler-Rose-Test wird auch heute noch in vielen Labors bei der rheumatologischen Diagnostik eingesetzt. Sein Stellenwert kann vielleicht auch daran ermessen werden, dass erst neuerdings mit dem CCP-Test (Filaggrin-Antikörper-Test) ein grundlegend neuer "Rheumatest" zur Verfügung steht, der in seiner Spezifität dem Waaler-Rose-Test deutlich überlegen ist. Dieser neue Test wurde in diesem Jahr mit der Vergabe des Carol-Nachman-Preises gewürdigt, der weltweit höchstdotierten Auszeichnung in der Rheumatologie.