Von Rheuma bis Darmerkrankungen: Systemische Entzündung als Schlüssel zum Verständnis rheumatischer Erkrankungen
Wiesbaden 6. April 2013 - Die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) und Präsidentin des 119. Jahreskongresses hat in den Rhein-Main-Hallen den diesjährigen Jahreskongress eröffnet. Tausende Ärzte und Wissenschaftler diskutieren hier vom 6. bis 9. April neueste Erkenntnisse zur Behandlung internistischer Erkrankungen: systemische Entzündungen und Immunität, Versorgungsforschung, minimal invasive Therapien, Telemedizin und "der chronisch Kranke und sein Arzt" sind die aktuellen Hauptthemen. In mehr als 1700 Sitzungen, Vorträgen und wissenschaftlichen Postern stellen 1228 Experten ihre Themen vor. In der begleitenden Eröffnungs-Pressekonferenz stellte Professor Dr. med. Elisabeth Märker-Hermann eines der Hauptthemen zu Diskussion.
Unter Entzündung versteht man primär eine lokale und sinnvolle biologische Antwort mit dem Ziel, ein schädigendes Agens zu zerstören, zu entfernen oder abzukapseln. Unter bestimmten Bedingungen ist der Organismus allerdings nicht in der Lage, die Entzündung lokal zu begrenzen. Es kommt zur systemischen Inflammation – eine gleichförmige Reaktion des Organismus nicht nur auf Mikroorganismen (Bakterien, Viren), sondern auch auf Stimuli wie Gewebetraumatisierung, Pankreatitis, Ischämie-Reperfusion, Verbrennungen.
Aus der Erforschung seltener vererbbarer Entzündungs- bzw. Fiebersyndrome (Beispiel familiäres Mittelmeerfieber) haben wir zudem gelernt, dass es eine molekulare Basis für auto-inflammatorische, das heißt primär nicht durch exogene Faktoren ausgelöste Entzündungserkrankungen gibt. Durch die Identifikation genetischer Defekte in der Regulation der Entzündungskaskade konnten Schlüsselwege der Inflammation aufgedeckt werden – wie zum Beispiel das „Alarm“-Zytokin Interleukin-1 (IL-1).
Persistierende, häufig nur unterschwellig ablaufende systemische Entzündungsprozesse werden zunehmend mit einer Vielzahl chronischer, nicht übertragbarer Erkrankungen in Verbindung gebracht. Dazu gehören die Arteriosklerose einschließlich der koronaren Herzerkrankung, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, das metabolische Syndrom und die Insulinresistenz.
Exemplarisch kann am Beispiel der Rheumatoiden Arthritis oder des Lupus erythematodes dargestellt werden, wie eine chronisch-entzündliche rheumatische Erkrankung die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität beeinflusst und welche Konsequenzen sich hieraus für den betreuenden Internisten ergeben. Ein erhöhtes C-reaktiven Protein (CRP) gilt als wichtiger unabhängiger Risikofaktor für die koronare Herzerkrankung. Die Beherrschung der Systementzündung verbessert die kardiovaskuläre Prognose der an Rheuma erkrankten Patienten.
Andere interessante, internistisch relevante Entzündungsprinzipien sind die granulomatösen Entzündungen, die vor allem in der Lungenheilkunde, Gastroenterologie und Rheumatologie wichtig sind. Hypereosinophile Syndrome haben wiederum ein anderes Organschädigungsmuster durch Induktion von Fibrose (Lunge, Herz) und durch thromboembolische Vorgänge.
Die Forschung der vergangenen Jahre hat sich vor allem pro-inflammatorischen Mechanismen und anti-inflammatorischen Substanzen gewidmet. Es ist inzwischen unumstritten, dass die Auflösungs- und Beendigungsphase eines Inflammationsvorganges einem ebenso aktiven und zielgerichteten Prozess entspricht wie die induktions- und Erhaltungsphase der Entzündung. Zukünftig sind neue therapeutische Untersuchungen zum Mechanismus der Beendigung einer Entzündung zu erwarten.
Quelle:
Vortrag Frau Professor Dr. med. Elisabeth Märker-Hermann, Vorsitzende der DGMIM 2012/2013, Kongresspräsidentin 119. Internistenkongress, Direktorin der Klinik für Innere Medizin IV: Rheumatologie, Klinische Immunologie, Nephrologie, HSK Dr. Horst Schmidt Klinik GmbH, Klinikum der Landeshauptstadt Wiesbaden.
Eröffnungs-Presskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)
Samstag 6. April 2013 in Wiesbaden
Moderation: Anne-Katrin Döbler, Pressestelle DGIM
DGIM Pressestelle:
Anna Julia Voormann/Corinna Spirgat