Von den 70ern zum Jahr 2000: Die Röntgenprogression der rheumatoiden Arthritis wird geringer
Diese Studie belegt sehr eindrucksvoll die Fortschritte der Rheumatologie: Die Prognose der rheumatoiden Arthritis ist günstiger geworden. Dies liegt nicht an der Erkrankung selber, sondern an den besseren Behandlungsmöglichkeiten.
Die außerordentlich wichtige Studie aus den USA basiert auf einer Inzeptions-Kohorte von Patienten mit früher rheumatoider Arthritis, die seit 1973 im Arthritis-Center von Wichita in Kansas begonnen wurde. Die Patienten wurden in den folgenden Jahren in einem prospektiven Design regelmäßig nachuntersucht. Dabei wurden klinische Untersuchungen, Labor- und Röntgenkontrollen durchgeführt sowie demographische Daten und Daten aus Patientenfragebögen erhoben.
Die Röntgenprogression (das Fortschreiten der im Röntgenbild sichtbaren, entzündlich bedingten Gelenkzerstörung) wurde im Krankheitsverlauf für die Patientengruppen verglichen, bei denen die Erkrankung in den 70er Jahren, den 80er Jahren bzw. in den 90er Jahren begonnen hatte. Die Auswertung erfolgte dabei mit Hilfe eines multivariaten Regressionsmodells für longitudinale Daten, d.h. einem aufwendigen statistischen Verfahren. Die Analyse wurde für Unterschiede bei der Eingangsuntersuchung adjustiert (hinsichtlich unterschiedlicher Prädiktoren für die voraussichtliche Krankheitsschwere bzw. die unterschiedliche Ausgangsprognose der Erkrankung), desweiteren für die Art der langwirksamen antirheumatischen Therapie sowie für den Einsatz von Cortison.
Insgesamt wurden 418 Patienten mit einer frühen rheumatoiden Arthritis ausgewertet, für die Röntgenbilder aus den Verlaufskontrollen zur Verfügung standen / vorhanden waren.
Bei der Charakterisierung der Behandlungsdaten zeigte sich, daß Patienten aus früheren Jahrzehnten seltener mit langwirksamen Antirheumatika behandelt worden waren und bis zu ihrer ersten Vorstellung im Wichita-Arthritis-Center eine längere Krankheitsdauer sowie eine höhere Zahl von geschwollenen und schmerzhaften Gelenken aufwiesen. Darüber hinaus gab es aber keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Dekaden.
Bei der Auswertung der Röntgenprogression kam es über den Verlauf der drei Jahrzehnte zu einer Verlangsamung der entzündlich bedingten Gelenkzerstörung. Dieses Ergebnis galt allerdings nur für die Rohdaten, d.h. die Analyse ohne Adjustierung hinsichtlich der oben genannten Kontrollfaktoren wie DMARD-Therapie, Cortison-Behandlung und Unterschiede bei den Baseline-Prädiktoren.
Nach Berücksichtigung dieser Faktoren konnte der beobachtete positive Trend nicht mehr gezeigt werden.
Dieses Resultat belegt, daß die in neuerer Zeit augenscheinliche bessere Prognose der rheumatoiden Arthritis nicht auf einen milderen Verlauf der Erkrankung zurückgeht, d.h. auf ein im Vergleich zu früher weniger schweres und aggressives Krankheitsbild, sondern auf die geänderten Behandlungskonzepte, insbesondere auf einen früheren Therapiebeginn und den frühzeitigeren Einsatz von krankheitsmodifizierenden Medikamenten (langwirksamen Antirheumatika, "Basistherapeutika", DMARDs = disease modifying antirheumatic drugs = krankheitsmodifizierende Medikamente) sowie bei der DMARD-Therapie den Einsatz von wirksameren Substanzen wie beispielsweise Methotrexat (MTX).
Referenz:
A Finckh, H K Choi und F Wolfe:
Progression of radiographic joint damage in different eras: trends towards milder disease in rheumatoid arthritis are attributable to improved treatment .
Annals of the Rheumatic Diseases 2006;65:1192-1197