Türkei ist Partnerland bei Rheumatologenkongress in Köln - Seltene Rheuma-Form Morbus Behçet gehäuft bei Mittelmeeranwohnern
An der rheumatischen Erkrankung Morbus Adamantiades-Behçet (MAB) erkranken bestimmte Migranten hierzulande 20 Mal häufiger als Deutschstämmige. In der Türkei ist der Anteil an der Gesamtbevölkerung noch um ein Vielfaches höher. Genaue Ursachen dieser mitunter tödlich verlaufenden Krankheit sind bislang unklar. MAB bildet deshalb einen Schwerpunkt des 37. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRH).
Gemeinsam mit der Assoziation für Orthopädische Rheumatologie (ARO) und der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) tagt die DGRh vom 23. bis 26. September 2009 in Köln. Auf ihrem Kongress begrüßen die Veranstalter die Türkei als Partnerland. Angesichts des großen Anteils türkisch-stämmiger Kölner spielt der fachliche Austausch über die Behandlung des Morbus Behçet hier eine wichtige Rolle.
Morbus Behçet gehört zu den entzündlichen rheumatischen Gefäßerkrankungen, den sogenannten Vaskulitiden: Die körpereigene Abwehr greift die Blutgefäße der Organe an. Sichtbar wird die Krankheit zunächst in Form schmerzhafter Wunden in der Mundschleimhaut. Ähnliche Geschwüre treten auch im Genitalbereich auf. Oft bildet die Haut rote Knötchen. In 80 Prozent der Fälle geht die eitrige Entzündung auf die Augen über. Bis zur Hälfte der Patienten erblinden daran. Bei der Erstdiagnose hilft der so genannte „Katzenellenbogen-“ oder „Pathergie-Test“: Nach Injektion einer Salzlösung in die Haut bildet sich bei 30 Prozent der Patienten innerhalb von zwei Tagen ein Knötchen.
In keinem anderen Land der Erde erkranken so viele Menschen an einem MAB wie in der Türkei: Auf 100 000 Einwohner kommen dort 80 bis 370 Erkrankte. Auch im Orient bis nach Korea und Japan ist er verbreiteter als in der übrigen Welt, weshalb Ärzte ihn häufig als „Erkrankung der Seidenstraße“ bezeichnen.
Wissenschaftler führen diesen räumlich begrenzten Ursprung auf die Gene der dort lebenden Menschen zurück: Das Gen HLA-B51 scheint bei ihnen die krankhafte rheumatische Immunreaktion zu begünstigen. Türkische Einwanderer und deren Nachfahren erkranken hierzulande jedoch seltener als ihre Verwandten in der Türkei: Experten schätzen die Häufigkeit auf 21 pro
100 000. Dies stützt die Annahme der Forscher, dass Umwelteinflüsse und auch Viren die Krankheit auslösen. Unter Deutschstämmigen sind weniger als einer von 100 000 betroffen.
Leichter Morbus Behçet lässt sich mit Kortison behandeln. Bei schweren Verläufen und bei einer Erkrankung der Augen setzten Ärzte – wie in der Therapie entzündlich rheumatischer Erkrankungen üblich – ergänzend Medikamente ein, die gezielt die körpereigene Abwehr blockieren. Dies wirkt sich jedoch auf das gesamte Immunsystem des Patienten aus und macht ihn anfällig für Infekte.
Derzeit prüfen Wissenschaftler im Rahmen der INCYTOB-Studie den Einsatz von Interferon – dieses körpereigene Eiweiß nutzen Ärzte auch in der Krebstherapie. Unter Leitung der Universität Tübingen beteiligen sich mehr als 20 deutsche Behandlungszentren an der Studie.
Seit 1990 registriert in Deutschland ein Patientenregister alle Fälle von MAB. Von etwa 1,7 Millionen Türken in Deutschland leben etwa 65 000 in Köln. Im Rahmen des 37. Kongresses der DGRh im Kölner Congress-Centrum Ost diskutieren Experten unter anderem Unterschiede in der Häufigkeit des Morbus Behçet und vergleichen die Versorgung von Betroffenen in der Türkei und in Deutschland.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
Kongress-Pressestelle
Weitere Informationen zum 37. Kongress der DGRh in Köln auf rheuma-online: