Schmerz bei rheumatologischen Erkrankungen
Nach wie vor besteht ein großer Bedarf an einer suffizienten Schmerztherapie bei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen. Aufgrund der neuen Entwicklungen und weiterer in Entwicklung befindlicher Medikamente besteht jedoch die Aussicht, dass den Patienten mit chronischen Schmerzen besser geholfen werden kann.
In Deutschland leiden rund acht Millionen Menschen an chronischen Schmerzen, davon 600 000 bis 800 000 Patienten an einem chronischen, schwer therapierbaren Schmerzsyndrom.
Prinzipiell ist Schmerz das häufigste Symptom, das Patienten zu einem Arzt führt. Laut einer Umfrage ist bei 35 Prozent der Schmerzpatienten eine rheumatologische Erkrankung die Ursache. Damit sind rheumatologische Erkrankungen die häufigste Ursache chronischer Schmerzen.
Aufgrund der demografischen Entwicklung der Bevölkerung ist mit einer Zunahme von Schmerzen im Allgemeinen und von Gelenkschmerzen im Besonderen zu rechnen, da mit zunehmendem Alter eine Zunahme rheumatologischer Erkrankungen zu verzeichnen ist.
Untersuchungen in der deutschen Kerndokumentation haben ergeben, dass sich bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eine Drittelung der Schmerzstärke bezogen auf die Patientenpopulation ergibt. So hat circa ein Drittel der Patienten sehr starke Schmerzen, ein Drittel der Patienten mittlere Schmerzen und ein Drittel der Patienten keine bis geringe Schmerzen. Diese prozentuale Verteilung der Schmerzstärke war interessanterweise unabhängig von der Krankheitsdauer, insofern als dass die Verteilung der Schmerzstärke bei zwei Jahren Krankheitsdauer genauso war wie nach zehn Jahren Krankheitsdauer.
Der Schmerz stellt somit das mit am meisten belastende Symptom dar. Auch wenn es in einigen Fällen gelingt, durch eine remissionsinduzierende Therapie vor allem mit den Biologika Schmerzfreiheit zu erzielen, werden wir aus mehreren Gründen auch in Zukunft immer wieder mit dem Symptom Schmerz bei unseren Patienten konfrontiert werden.
Zum einen wird auch unter den modernsten Therapieverfahren nicht immer eine Remission erreicht und es kann auch zu erneut auftretenden Schüben der Erkrankung kommen. Zum zweiten sind bei vielen Patienten schon chronische Veränderungen eingetreten, die entsprechend auch Ursache für chronische Schmerzen sein können. Drittens haben wir es mit älter werdenden Patienten zu tun, die auch entsprechend einer zunehmenden Komorbidität verschiedene Ursachen von Schmerzen haben können.
Bezüglich der Therapie von Schmerzen gab es in jüngster Zeit einige Metaanalysen und Leitlinien. Prinzipiell ist zu sagen, dass chronische Schmerzen häufig einen multimodalen Therapieansatz erfordern, insbesondere da nach heutigen Konzepten eher von einem „mixed pain“ ausgegangen wird.
Dabei spielen sowohl nozizeptive Empfindungen als auch neuropathische Veränderungen bei jedweden Schmerzen in unterschiedlicher Ausprägung eine Rolle. Infolgedessen sollte eine medikamentöse Schmerztherapie immer auch begleitet werden von physiotherapeutischen, ergotherapeutischen und psychologischen Therapieverfahren.
Bei der medikamentösen Therapie stellen gerade in der Rheumatologie nichtsteroidale Antirheumatika und Coxibe einen wichtigen Bestandteil der Therapie dar. Neueste Studien belegen, dass Coxibe bezüglich der gastrointestinalen Sicherheit am gesamten Intestinaltrakt den konventionellen nichtsteroidalen Antirheumatika überlegen sind, selbst wenn letztere mit einem Protonenpumpeninhibitor kombiniert werden.
Auch Opioide sind bei chronischen Schmerzen des muskuloskelettalen Systems wirksam, wobei hier jedoch die im letzten Jahr veröffentliche S3-Leitlinie ergeben hat, dass keine Langzeitstudien zur Verfügung stehen. Von daher muss auch bei Opioiden immer wieder die Indikation und der Therapieerfolg überprüft werden, insbesondere da auch Opioide Nebenwirkungen haben können und in den Studien eine hohe Abbruchrate bei den Patienten zu verzeichnen war.
Es sind jedoch neue Medikamente in der Entwicklung beziehungsweise stehen kurz vor der Zulassung, die ein besseres Nebenwirkungsprofil auf Seiten der NSAR beziehungsweise der Opioide haben.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass nach wie vor ein großer Bedarf an einer suffizienten Schmerztherapie bei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen besteht. Aufgrund der neuen Entwicklungen und weiterer in Entwicklung befindlicher Medikamente besteht jedoch die Aussicht, dass den Patienten mit chronischen Schmerzen besser geholfen werden kann.
Quelle:
Vortrag Professor Dr. med. Christoph Baerwald, Direktor der Medizinischen und Poliklinik IV am Universitätsklinikum Leipzig
Pressekonferenz anlässlich des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). Mittwoch, 15. September 2010, Hamburg