Rund 21 Monate bis zum Termin beim Rheumatologen: Defizite in der Versorgung rheumatoider Arthritis
Menschen mit rheumatoider Arthritis werden in Deutschland nicht angemessen versorgt. Nach Ausbruch der Krankheit verstreichen meist mehrere Monate bis ein Patient die Diagnose und eine fachärztliche Therapie erhält. Vor allem wegen des Mangels an Rheumatologen müssen Patienten oft sehr lange auf den Termin beim Facharzt warten.
Diese Verzögerung verschlechtert die Prognose der Betroffenen deutlich, wie der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) bemängelt. Wie sich die Situation verbessern lässt, war ein zentrales Thema auf dem 5. Kongress des BDRh vom 15. bis 17. April in München.
Je zügiger die rheumatoide Arthritis (RA) behandelt wird, desto höher ist die Aussicht auf Symptomfreiheit. Beginnt die Therapie erst nach drei Monaten, schwindet diese Chance zunehmend.
Doch wie eine Untersuchung des BDRh zeigt, vergehen durchschnittlich 21 Monate, ehe ein Patient erstmals mit dem Facharzt spricht. „Selbst nach Überweisung vom Hausarzt bekommt nur jeder zwölfte Patient binnen zwei Wochen einen Termin beim Rheumatologen. Die Hälfte der Patienten muss auf den wichtigen Besuch ein bis drei Monate warten. Damit verstreicht kostbare Zeit bis zur Diagnose und Therapie“, kritisiert Kongresspräsident Dr. med. Edmund Edelmann, 1. Vorsitzender des BDRh.
Eine Ursache des Problems ist eine unzureichende Ausbildung: Das Fachgebiet wird im Rahmen des Medizinstudiums zu wenig berücksichtigt. Nur jede dritte medizinische Fakultät hat einen Lehrstuhl für Rheumatologie. Hinzu kommt der Mangel an niedergelassenen Rheumatologen. Denn deren Zulassung richtet sich nicht nach der Anzahl dieser Fachärzte in einem Areal. Entscheidend ist vielmehr die Menge aller Facharztinternisten, also auch der Kardiologen, Gastroenterologen oder Endokrinologen.
„Faktisch besteht damit bundesweit eine versorgungsfeindliche Zulassungssperre für internistische Rheumatologen“, so Edelmann. Wie wichtig der Facharzt für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis ist, zeigt eine Studie des Deutschen Rheumaforschungszentrums: Ist an der Therapie kein Rheumatologe beteiligt, steigt das Risiko für Arbeitsunfähigkeit um mehr als die Hälfte, das für starke Schmerzen sogar um knapp zwei Drittel.
Mit dem Versorgungskonzept rheumatoide Arthritis will der BDRh die vorhandenen Defizite beheben. Zentral ist Edelmann zufolge vor allem eine frühzeitige strukturierte Überweisung durch den Hausarzt, zum Beispiel mithilfe eines Screening-Bogens.
Grundlegend für jede Behandlung müssten zudem die nationalen und internationalen Leitlinien sowie die Qualitätsstandards von KBV und BDRh sein. „Werden Patienten frühzeitig gemäß der Leitlinien behandelt, wird jeder zweite symptomfrei, verursacht keine zusätzlichen Kosten und in einem Drittel dieser Fälle auch keine Arzneimittelkosten mehr“, sagt Edelmann. „Daher sprechen neben den medizinischen Gründen auch finanzielle Aspekte für eine gute fachärztliche Versorgung."
Quelle:
Kathrin Gießelmann, Pressestelle 5. Kongress des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen (BDRh)