Risiko für postoperative Infektionen durch TNF-alpha-Blocker-Therapie?
In Anlehnung an eine Studie, die auf dem Rheumatologen-Kongress 2004 des ACR (American College of Rheumatology)präsentiert wurde (nachfolgend Hopkins-Studie genannt), versuchten die Autoren eine Antwort auf die Frage zu finden, ob durch die zunehmende Verwendung von TNF-alpha-Blockern eine Häufung von postoperativen Infektionen auftritt.
In die retrospektive Studie, also eine Studie, die rückblickend die Ereignisse bewertet, wurden Patienten mit rheumatoider Arthritis einbezogen, die im Zeitraum Januar 2001 bis September 2004 geplanten Operationen an der „Sint Maartenskliniek“ in Nijmegen unterzogen wurden. Betrachtet wurde die Abhängigkeit des Auftretens von Infektionen nach der Operation (postoperativ) mit der Therapie mit TNF-alpha-Blockern.
Wenn ein Patient mehrmals operiert werden musste, wurden diese Ereignisse jeweils dann als einzelner Fall bewertet, wenn mehr als 3 Monate zwischen den einzelnen Ops lagen und die zweite OP nicht wegen Komplikationen bei der ersten erfolgte.
Die Ärzte teilten die Patienten bzw. Fälle in drei Gruppen ein:
- bisher keine Therapie mit TNF-alpha-Blockern = 575 Fälle
- Therapie mit TNF-alpha-Blockern, aber Unterbrechung der Behandlung vor der OP (mindestens 64 Tage vorher bei Verwendung von Adalimumab, 36 Tage vorher bei Infliximab-Therapie und 12 Tage vorher bei Etanercept-Behandlung wegen der unterschiedlichen Abbauzeiten im Körper) = 72 Fälle
- durchgehende Therapie mit TNF-alpha-Blockern auch während der OP-Phase = 49 Fälle
Bei 474 beobachteten Patienten wurden insgesamt 696 Operationen gezählt. Die Infektionsrate nach den OPs lag bei durchschnittlich 4% (28 von 696), wobei 20 Nachoperationen erfolgen mussten und die Patienten durchschnittlich 2 zusätzliche Behandlungstage im Krankenhaus benötigten.
Auf die eingeteilten Gruppen bezogen, sah das Ergebnis so aus:
- Gruppe 1: 3,5% Infektionen (20 von 575)
- Gruppe 2: 8,3% Infektionen (6 von 72)
- Gruppe 3: 4,0% Infektionen (2 von 49)
Fußoperationen waren signifikant mit einem erhöhten postoperativen Infektionsrisiko verbunden. Auch bei Diabetes mellitus-Erkrankung des Patienten und einem Einsatz von Cortisonpräparaten wurde eine, allerdings nur geringe Abhängigkeit festgestellt. Die Anwendung von TNF-alpha-Blockern während des Operationszeitraumes (Gruppe 3) konnte dagegen nicht als Grund für eine erhöhte Infektionsneigung identifiziert werden.
Da Infektionen im Verlauf von Operationen ein häufiger Grund für Komplikationen sind, ist die Beantwortung der Frage: „Soll die TNF-alpha-Blocker-Therapie unterbrochen werden?“ von großer Bedeutung für RA-Patienten. Durch die Unterbrechung der Therapie kann die rheumatoide Arthritis wieder aufflackern und die entstehenden Schmerzen könnten während der Rehabilitation nach der Operation Probleme bereiten.
Durch die retrospektive Anordnung und die geringe Fallzahl sind die vorliegende und die zitierte Hopkins-Studie nicht allzu aussagekräftig. Während in der aktuellen Untersuchung eine Infektionsrate von 4% gefunden wurde, ergab die Hopkins-Studie eine 11%-ige Rate, die auch einen deutlichen Zusammenhang mit der TNF-alpha-Blocker-Therapie aufwies. Dies wirft die Frage auf, wie Infektionen als solche erkannt und definiert werden. Auch die Medikamenteneinnahme oder das Weglassen der Präparate muss genau nachvollziehbar sein, denn nur der gleiche Ansatz einer Untersuchung kann zu vergleichbaren Ergebnissen führen.
In der Hopkins-Studie wurde im Gegensatz zur Studie der Niederländer nicht festgehalten, wann die Patienten die Therapie mit TNF-alpha-Blockern unterbrachen und es könnte durchaus sein, dass etlichen Patienten noch bis kurz vor der Operation ihre Präparate verabreicht wurden oder aber die Unterbrechung der Therapie deutlich früher erfolgte, als den Patienten erinnerlich war. Daher ist auch das unterschiedliche Ergebnis der beiden Studien nicht ohne weitere Untersuchungen zu erklären.
Die holländischen Ärzte kamen jedenfalls zu dem Ergebnis, dass besonders Operationen der Füße, aber auch eine Diabeteserkrankung des Patienten und die Behandlung mit Cortison zu einer Erhöhung der Infektionsraten nach Operationen führen, eine TNF-alpha-Blocker-Therapie aber nicht.
Literatur
A. A. Den Broeder, T. Schraven, E. De Jong, D. R. A. M. De Rooij, F. H. J. Van den Hoogen. INFECTIOUS COMPLICATIONS IN ELECTIVE SURGERY IN RA PATIENTS IN THE ANTI-TNF ERA: A RETROSPECTIVE STUDY. OP0014, EULAR 2005, Vienna