Rheumatiker reisen - darauf sollten Sie achten
Sie haben sich entschlossen, trotz Ihrer rheumatischen Erkrankung in Urlaub zu fahren. Eine gute Idee, wenn Sie einige Dinge beachten: Planen Sie Ihre Reise zusammen mit Ihrem behandelnden Rheumatologen. Er kennt sie und Ihre Erkrankung mit eventuellen Besonderheiten und kann Sie individuell beraten. Vergessen sie bitte auch nicht, seine Kontaktdaten mitzunehmen.
Reiseziel:
Wählen Sie möglichst ein Land mit hohen hygienischen Standards und guter medizinischer Versorgung. Informieren Sie sich, welcher Arzt Sie am Reiseziel bei Verschlechterung Ihrer Erkrankung notfalls versorgen kann. Wichtig ist auch eine Reisekrankenversicherung, die die Arztkosten im Reiseland übernimmt und im Notfall Ihre Heimreise bezahlt.
Berücksichtigen Sie das Klima am gewählten Urlaubsort. Sie sind möglicherweise krankheitsbedingt nicht so anpassungsfähig. Gebiete mit Reizklima, in denen sich häufig Hoch- und Tiefdruckgebiete abwechseln, mit hoher Luftfeuchtigkeit bei tropischen Temperaturen und /oder mit starken Temperaturdifferenzen können zu einer Zunahme der Schmerzen führen [1,2,3].
Gut geeignet ist das Hochgebirgsklima auf eine Höhe zwischen 1.200 bis 2.000 m über NN. Diese Klima ist gut geeignet für Sie, wenn Sie mit Hitze nicht gut zurecht kommen. Ein regelmäßiger Wind sorgt zusätzlich für Abkühlung. Sollten Sie an einer Herzerkrankung leiden, meiden sie bitte Höhen über 1.700 m, da sich der Blutdruck der Lungenarterie erhöhen kann [1,2,3].
Das Mittelgebirgsklima (400 - 700 m über NN) zeichnet sich durch geringere Temperaturschwankungen und gleichbleibende Luftfeuchtigkeit aus. Die UV-Strahlung ist weniger intensiv und auch der Höhenreiz ist weniger ausgeprägt.
Küsten des Mittelmeers sind im Frühjahr und Herbst optimal, da in der Regel die Wetterlage stabil ist mit trockener Luft und warmen Temperaturen [1,2,3].
Sonne: Bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes kann eine starke Belastung durch Sonnenstrahlung zu einem Schub führen. Erhöhte Sonnenlichtempfindlichkeit kann auch unter Medikamenten, wie Azathioprin, Chloroquin, Ciclosporin, Methotrexat, nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und Sulfasalzin auftreten [1,2,3].
Reiseapotheke
Nehmen Sie keine Medikamente mit, die Sie noch nicht eingenommen haben und bei denen eventuell Nebenwirkungen auftreten können!
In Ihre Reiseapotheke gehören:
• Alle Medikamente, die Sie nehmen, in ausreichenden Mengen. Bedenken Sie,
dass Ihre Medikamente am Urlaubsort möglicherweise nicht verfügbar sind.
• Mittel gegen Kopfschmerzen, Durchfall, Verstopfungen und Blähungen.
Desinfektionsmittel, Verbandpäckchen, Wundschnellverband, Pinzette und
Schere
• Blasenpflaster
• Lutschtabletten gegen Halsschmerzen
• Fieberthermometer
• Gel bei Verstauchungen oder Prellungen
• Abwehrmittel gegen Mücken und Zecken
• Cremes oder Gels gegen Insektenstiche und Sonnenbrand
• Sonnenschutzmittel
Das Mitführen von Medikamenten
Bitten Sie Ihren Arzt um eine Bescheinigung, in der Ihre Medikamente aufgeführt sind. Sollten Sie regelmäßig spritzen, ist in diesem Attest auch zu erwähnen, dass das Mitführen von Spritzen, Nadeln oder Pens erforderlich ist.
Alle Biologicals sowie Methotrexat in Spritzenform müssen gekühlt transportiert (bei 2-8 Grad Celsius) werden.
Benutzen Sie geeignete Kühltaschen, die für einige Präparate von den Pharmazeutische Firmen zur Verfügung gestellt werden. Klären Sie die einfuhrbestimmungen für Ihr Reiseland. Möglicherweise ist eine Zollbescheinigung notwendig.
Wenn Sie fliegen möchten und Ihr Medikament gekühlt werden muss, setzen Sie sich frühzeitig mit der Fluggesellschaft in Verbindung. Während des Fluges bitten Sie die Flugbegleiter, Ihre Spritzen im Bordkühlschrank aufzubewahren. Im Frachtraum eines Flugzeugs herrschen niedrige Temperaturen, bei denen Ihre Medikamente einfrieren können [1,2,3].
Führen Sie alle Medikamente im Handgepäck mit!
Zu einigen Präparaten gibt es Reisepässe, in denen alle für die Reise notwendigen Bescheinigungen mehrsprachig zusammengeführt sind.
Welche Impfungen sind vor der Reise notwendig?
Besprechen Sie bitte alle Impfungen mit Ihrem behandelnden Arzt!
Vorsicht:
• Als immunsupprimierter Patienten sind Sie empfänglicher für Infektionen
• Lebendimpfstoffe sind bei Ihnen in der Regel kontraindiziert.
Bitte bedenken Sie, dass ein Impfschutz bei einigen Impfstoffen erst nach mehrfacher Gabe eintritt und daher ein entsprechend großer Zeitraum vor Antritt der Reise berücksichtigt werden muss. Last-Minute-Reisende können gegebenenfalls noch partiell immunisiert werden.
Als erstes sollte Ihr Impfstatus bezüglich der empfohlenen Standardimpfungen bei Rheumatikern überprüft werden. Hierzu gehören Impfungen gegen Tetanus, Diphterie, und Kinderlähmung (Poliomyelitis). Sind Auffrisch-Impfungen notwendig?
Aktuelle Impfempfehlungen werden regelmäßig von der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) herausgegeben [4].
Das Tropeninstitut München hat auf seiner Internetseite ausführliche und länderspezifische Reiseempfehlungen und Impfempfehlungen aufgeführt [5]. Bei Reisen unter immunsuppressiver Therapie sollten Sie erwägen, ob Sie sich durch die Auswahl des Reiseziels unnötig in Gebieten mit hohem Infektionsrisiko aufhalten müssen [6].
In vielen Ländern Südamerikas und im tropischen Afrika ist Gelbfieber endemisch. Hier ist die Immunisierung gegen (Lebendimpfstoff!) erforderlich, die bei immunsupprimierten Patienten kontraindiziert ist. Die Gelbfieberimpfung darf nur durch autorisierte Impfstellen erfolgen! [7].
Die Pan-American Health Organization (PAHO) und die WHO empfehlen für die Einreise nach Nord- und Süd-Amerika eine Impfung gegen Masern und Röteln, um die in diesen Ländern beinahe eliminierten Krankheiten nicht wieder einzuschleppen [8].
Beide Impfstoffe sind Lebendimpstoffe. Wurden in der Kindheit Infektionen mit den Viren durchgemacht, ist eine Immunität gegen Masern und Röteln denkbar, die jedoch serologisch überprüft werden muss. Bei fehlender Immunität ist eine Impfung nur nach Aussetzen der immunsuppressiven Therapie möglich, die aufgrund der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen meist nicht praktikabel ist [1,7,8]
Weitere Impfungen
FSME – Frühsommermeningoenzephalitis – Das Virus ist in vielen Ländern Skandinaviens, Mittel-, Ost- und Südeuropas verbreitet. In Deutschland sind auch zunehmend nördliche Regionen FSME-gefährdet. Der FSME-Impfstoff ist ein Todimpstoff und kann bei immunsupprimierten Patienten angewendet werden. Daten zum hier zu erzielenden Impfschutz liegen allerdings noch nicht vor [7].
Hepatitis A – ein niedriges Infektionsrisiko besteht z. Zt. nur in Mitteleuropa, Skandinavien, Australien, Kanada und den USA. Die Immunisierung wird wie bei der Impfung gegen Hepatitis B mit einem Todimpfstoff durchgeführt [7].
Sollten Sie an Orte mit mangelhafter Hygiene und endemischem Typhus reisen müssen, stehen Ihnen neben dem Lebendimpfstoff ein parenteraler Kapselpolysaccharid-Impfstoff zur Verfügung. Japanische Enzephalitis, Tollwut und Cholera sind weniger häufig, aber potenziell schwerwiegende Erkrankungen, die Sie ebenfalls in Betracht ziehen sollten [7].
Malaria:
Studien haben gezeigt, dass Malaria sowie Magen-Darm- und Atemwegsinfektionen die häufigsten Erkrankungen zurückgekehrter Reisender sind. Einige dieser Krankheiten, wie beispielsweise Falciparum-Malaria und Typhus (s.o), sind schwerwiegend und potenziell lebensbedrohlich [9].
Malaria gehört zu den weltweit am stärksten verbreiteten Krankheiten mit einer Häufgkeit von ungefähr 200 Millionen Fällen jährlich. Jedes Jahr sterben über eine Million Menschen an Malaria, 90 % davon allein in Afrika.
Neben Afrika ist Malaria in Südostasien, China, Indien, in Teilen des Nahen Ostens sowie in Zentral- und Südamerika verbreitet.
Malaria wird durch den Biss der Anopheles-Mücke übertragen, die vorwiegend nachts aktiv ist. Es gibt fünf bekannte Arten von Malariaparasiten, von denen Plasmodium falciparum den schwersten Krankheitsverlauf verursacht [9].
Lassen Sie sich am besten gar nicht erst stechen. Führen Sie ein Moskitonetz mit und tragen sie insbesondere in den Abendstunden lange Kleidung, verwenden Sie Mückenschutz [3].
Sollten sie während er Reise an Fieber erkranken, wenden Sie sich bitte sofort an einen Arzt. Eine Malaria kann auch noch Monate nach der Beendigung der Reise auftreten!
Medikamentöse Prophylaxe
Chloroquin (Resochin®) und Hydroxychloroquin (Quensyl®) kennen Sie vielleicht bereits, wenn sie an leichteren Formen eine rheumatoiden Arthritis, an Kollagenosen oder einem Lupus erythematodes erkrankt sind und diese Medikamente gegen diese Krankheiten einnehmen. Bei Medikamente werden auch zu Malariaprophylaxe eingesetzt. Es gibt allerdings zunehmend mehr Gebiete, in denen die Malariaerreger resistent gegen Chloroquin und Hydroxychloroquin sind. Ausführliche Informationen finden Sie auf der Seite der WHO zu Malaria bzw. Malariaprophylaxe
Schützen Sie sich vor Infektionen!
Meiden Sie Gebiete mit hohem Infektionsrisiko
Essen Sie kein rohes Obst oder Gemüse, es sei denn, Sie können Obst schälen.
Trinken Sie kein Leitungswasser, keine Eiswürfel
Vorsicht vor klimatisierten Räumen. Die Temperaturschwankungen führen leicht zu Erkältungen [3].
Weitere nützliche Links [7]:
Robert-Koch-Institut - Infektionsschutz
DGRh: Impfempfehlungen
Paul-Ehrlich-Institut – Informationen zu zugelassenen Impfstoffen
Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e.V.
Informationen zum Impfschutz
Literatur
1. Katinka Strube, Ulf Müller-Ladner und Walter Hermann:
Reisen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen
Arzneimitteltherapie 2006, 8:270-277
Abstract
2. W. Hermann: Reisen bei rheumatischen Erkrankungen.
Z Rheumatologie () 2011; 4: 286-291
Abstract
3. Reisen mit Rheuma: Ratgeber für Patienten mit rheumatischen
Erkrankungen.
Bestellung unter:
4. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am
Robert Koch-Institut
5. Tropeninstitut München: fit-for-travel. de
6. Impfungen bei einer Metex®-Therapie. Was muss man beachten?
7. B. Ehrenstein: Impfungen vor Reisen bei Patienten mit rheumatischen
Erkrankungen
Z Rheumatologie () 2011; 4: 292-298
Abstract
8. PAHO: Recommendations to the travelers to preserve the Americas without
Measles or Rubella 27 April 2011
9. BMJ Learning, powered by Univadis, eine praktische Verfahrensweise in fünf
Schritten zur Beurteilung von Auslandsreisenden
Weitere Informationen zu "Reisen mit Rheuma" bei rheuma-online:
Sonntag, 22.06.2008
r-o-special: Rheuma und Reisen Teil 1: Wah des richtigen Reiseziels
Sonntag, 06.07.2008
r-o special: Reisen mit Rheuma. Teil 2: Impfungen
Dienstag, 17.07.2007
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