Rheumatherapie im Alter: Eine Übersicht, 9. und letzter Teil
Im neunten und letzten Teil unserer Übersicht kommen wir zu den Einsatzmöglichkeiten der Biologika bei älteren Patienten.
Obwohl die sogenannten Biologika auch so etwas wie Basismedikamente sind, gehen ihre Möglichkeiten doch noch darüber hinaus.
Durch die Chance, die rheumatische Erkrankung nicht nur (wie bei den DMARDs) zu modifizieren, sondern sogar zu kontrollieren, werden diese Medikamente auch als DCARDs (Disease controlling antirheumatic drugs) bezeichnet. Durch diese Krankheitskontrolle können auch röntgenologisch sichtbare Erosionen in den Gelenken zurückgebildet werden, was bis zur Einführung dieser Präparategruppe als unmöglich galt.
Es gibt zur Zeit 4 Substanzen, die in diese Gruppe gehören, davon 3, die als Tumornekrosefaktor(TNF)-alpha-Blocker wirken, also durch ihre Bindung an eine Substanz, die die Entzündung im Körper vorantreibt, deren schädliche Wirkung hemmen:
- Infliximab (z.B. Remicade)
- Etanercept (z.B. Enbrel)
- Adalimumab (z.B. Humira)
Dazu kommt der Interleukin-1-Rezeptorantagonist Anakinra (z.B. Kineret), der, wie der Name schon sagt, die körpereigene Substanz Interleukin-1 in ihrer entzündungsfördernden Wirkung hemmt.
Die genauen Einsatzgebiete und –bedingungen (z.B. Mono- oder Kombinationstherapie) sind bei den einzelnen Substanzen ausführlich beschrieben (s. Links).
Auch bei älteren Rheuma-Patienten dürfen grundsätzlich Biologika eingesetzt werden.
Zu beachten ist allerdings, dass bei schwerer Herzleistungsschwäche (Herzinsuffizienz) keine TNF-alpha-Blocker und bei schwerer Niereninsuffizienz kein Anakinra eingesetzt werden darf, da die Niere hier den Hauptausscheidungsweg darstellt.
Nach einer Krebserkrankung dürfen diese Präparate ebenfalls nicht verwendet werden.
Vor Operationen sollte ebenso eine Behandlungspause eingelegt werden, wie bei fieberhaften grippalen Infekten.
Zu den Substanzen im Einzelnen:
Infliximab
Infliximab bindet sich an den TNF-alpha und blockiert ihn durch diese Veränderung der Struktur.
Zur Zeit ist diese Substanz durch das Präparat Remicade vertreten und wird in der Regel als Infusion mit 3 mg/kg Körpergewicht verabreicht.
Während zu Beginn der Behandlung zwischen der ersten und der zweiten Gabe 2 Wochen und zwischen der zweiten und der dritten Gabe 6 Wochen Pause liegen, wird danach ein regelmäßiger Behandlungsabstand von 4-8 Wochen angestrebt.
Infliximab darf bei rheumatoider Arthritis, Psoriasisarthritis (in Kombination mit MTX), M. Bechterew und schweren Formen des M. Crohn eingesetzt werden.
Allergische Reaktionen an der Infusionsstelle kommen vor, sind allerdings oft auf die ersten drei Behandlungen beschränkt.
Etanercept
Etanercept verdrängt den TNF-alpha aus seinen Bindungsstellen in der Zelle (hierdurch kommt erst die schädliche Wirkung zu Stande) und wirkt dadurch entzündungshemmend.
Etanercept ist zur Zeit als Enbrel im Handel und wird mit 2-mal wöchentlich 25 mg unter die Haut (subkutan) gespritzt.
Wie bei Infliximab gibt es auch hier (bei etwa einem Drittel der Patienten) lokale Reaktionen an der Einstichstelle, ansonsten ist die Verträglichkeit aber meistens gut.
Auch Etanercept darf bei RA, bei PsA und bei M. Bechterew eingesetzt werden. Zusätzliche Einsatzgebiete sind die juvenile Arthritis und die Plaquepsoriasis.
Adalimumab
Adalimumab blockiert den TNF-alpha ähnlich wie Infliximab durch Bindung und Strukturveränderung.
Das zur Zeit im Handel befindliche Medikament heißt Humira und ist zur Behandlung der RA und der PsA zugelassen.
40 mg der Substanz werden alle 2 Wochen subkutan gespritzt, wobei es auch hier gelegentlich (bei ca. 10% der Anwender) zu vorübergehenden lokalen Reaktionen kommt.
Anakinra
Anakinra hemmt, anders als die drei oben genannten TNF-alpha-Blocker, das entzündungsaktivierende Interleukin-1.
Auf dem Markt ist zur Zeit Kineret, das mit 100 mg täglich subkutan gespritzt wird. Die Patienten können das normalerweise selber machen, haben aber zu etwa 75% unter lokalen Reaktionen zu leiden.
Anakinra wird zur Behandlung von rheumatoider Arthritis in Kombination mit Methotrexat eingesetzt, ist aber auf Grund der schwächeren Wirksamkeit im Vergleich mit den anderen Biologika nicht sehr verbreitet.
Literatur
S. Kary, F. Buttgereit, G.R. Burmester. Rheumatische Erkrankungen. Pharmakotherapie im Alter. CME 2005, 2(5):49-63. Springer Medizin Verlag 2005