Rheuma und Versorgungsforschung: Wie kommt der wissenschaftliche Fortschritt zum Patienten?
Eine Person, die heute neu an einer Rheumatoiden Arthritis (RA) erkrankt und rechtzeitig richtig behandelt wird, hat eine gute Chance auf ein weitgehend normales Leben ohne die früher so gefürchteten Folgen der Invalidisierung, der chronischen Schmerzen und der verkürzten Lebenserwartung. Die günstigsten Bedingungen finden die Patienten, die innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Gelenkbeschwerden einem internistischen Rheumatologen vorgestellt werden.
Hintergrund
Die Rheumatologie hat in den letzten zehn Jahren eine rasante Entwicklung erlebt – sowohl hinsichtlich der verfügbaren therapeutischen Möglichkeiten (neue Medikamente) als auch der Therapiekonzepte (evidenzbasierte Therapiestrategien).
Eine Person, die heute neu an einer Rheumatoiden Arthritis (RA) erkrankt und rechtzeitig richtig behandelt wird, hat eine gute Chance auf ein weitgehend normales Leben ohne die früher so gefürchteten Folgen der Invalidisierung, der chronischen Schmerzen und der verkürzten Lebenserwartung.
Allerdings können nur Patienten in vollem Umfang vom wissenschaftlichen Fortschritt profitieren, bei denen frühzeitig die richtigen Maßnahmen ergriffen werden. Die günstigsten Bedingungen finden die Patienten, die innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Gelenkbeschwerden einem internistischen Rheumatologen vorgestellt werden.
Dem steht entgegen, dass wir in Deutschland nur etwa halb so viele internistische Rheumatologen haben, wie für eine ausreichende Versorgung erforderlich wären. Daher ist es in vielen Fällen nicht möglich, Patienten kurzfristig Termine zur Diagnosestellung und Therapieeinleitung einzuräumen.
Im Auftrag des Berufsverbands Deutscher Rheumatologen und mit einer an keine Bedingungen geknüpften Förderung durch die Firma Wyeth wurde 2008 eine Untersuchung durchgeführt, mit welchen Beschwerden und welcher Symptomdauer Patienten neu zum Rheumatologen kommen. 198 ambulant tätige internistische Rheumatologen dokumentierten während drei Monaten Spezialisierung, Symptomdauer und Diagnosen aller neu zugewiesenen Patienten.
Ergebnisse
Von den 1.806 Patienten mit rheumatologisch gesicherter Rheumatoider Arthritis, die ohne Vorbehandlung zugewiesen wurden, kam etwa die Hälfte innerhalb der ersten sechs Monate nach Symptombeginn. Die Symptomdauer bei der Erstvorstellung war unabhängig von Alter, Geschlecht oder Schulbildung der Patienten sowie von der Fachrichtung der Zuweiser. Sie hing aber erheblich davon ab, wie rasch die Einrichtungen in der Lage waren, neuen Patienten einen Termin zu geben.
In Einrichtungen, die explizite Früherkennungssprechstunden vorhalten und innerhalb von 14 Tagen einen Termin vergeben können, wurden 42 Prozent der RA-Kranken innerhalb der ersten drei Monate nach Symptombeginn gesehen. In Einrichtungen, deren übliche Wartezeit ein bis drei Monate beträgt, kamen nur 22 Prozent der Patienten innerhalb des wichtigen Zeitfensters von drei Monaten. Allerdings konnten nur acht Prozent der Patienten in einer Einrichtung mit sehr raschem Zugang behandelt werden.
Fazit
Nach 15 Jahren intensiver Schulung von Hausärzten, zum Beispiel im Rahmen der Regionalen Kooperativen Rheumazentren, klappt die Zuweisung zum Rheumatologen inzwischen recht gut. Der limitierende Faktor für eine frühzeitige – und damit erfolgreichere – Behandlung sind die zu geringen internistisch-rheumatologischen Versorgungskapazitäten und die regionalen Disparitäten. Es ist daher weiterhin zu fordern, dass die Zulassungsbeschränkungen für Rheumatologen aufgehoben und eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit einem internistischen Rheumatologen je 50 000 Einwohner sichergestellt wird.
Quelle: Vortrag: Rheuma und Versorgungsforschung: Wie kommt der wissenschaftliche Fortschritt zum Patienten?
Professor Dr. rer. pol. Angela Zink
Stellvertretende Sprecherin des Kompetenznetz Rheuma, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ), Forschungsbereich Epidemiologie
Pressekonferenz im Rahmen des 37. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
Donnerstag, 24. September 2009, 11.00 bis 12.00 Uhr, Köln