Regressforderungen der Kassen erschweren Therapie - Vielen Rheuma-Patienten helfen nur Medikamente ohne Zulassung
Mannheim/Heidelberg – Gegen viele Rheuma-Erkrankungen gibt es keine zugelassenen Medikamente. Einzige Behandlungsmöglichkeit ist dann die Off-label-Therapie, die Verwendung von Medikamenten außerhalb ihres Zulassungsbereichs. Vor allem bei teuren Off-label-Therapien droht Ärzten jedoch ein existenz-bedrohender Regress.
Rheumatologen stehen daher häufig vor wirtschaftlichen, ethischen sowie rechtlichen Problemen. Wie dieses Spannungsfeld entschärft werden kann und welche Off-label-Therapien Patienten vor schweren Folgeschäden bis hin zur Erblindung bewahren, erklären Experten in einer Podiumsdiskussion im Rahmen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). Dieser findet vom 18. bis 21. September 2013 in Mannheim statt.
Viele der mehr als 200 rheumatisch entzündlichen Erkrankungen sind so selten, dass dafür keine Medikamente zugelassen sind. „Bei diesen seltenen Erkrankungen müssen wir mehr als die Hälfte der Patienten im Off-label-Bereich therapieren. Vor allem neue Medikamente wollen wir diesen Patienten nicht vorenthalten, wenn keine alternative Therapie zur Verfügung steht“, sagt Professor Dr. med. Hanns-Martin Lorenz, Tagungspräsident der DGRh, vom Universitätsklinikum Heidelberg.
Auch für viele Kinder sei die Off-Label-Therapie die einzige Möglichkeit, so Dr. med. Jürgen Grulich-Henn, Tagungspräsident der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), vom Universitätsklinikum Heidelberg. „Besonders brisant ist die Situation bei jungen Rheuma-Patienten mit einer Entzündung der Augen.“ Die sogenannte Uveitis kann bis zur Erblindung führen. Zwar erzielt die Behandlung, etwa mit Basistherapeutika wie Methotrexat oder TNF-alpha-Blockern, die für andere rheumatische Erkrankungen zugelassen sind, sehr gute Ergebnisse. Im Kindesalter sei jedoch kein einziges dieser Medikamente zugelassen.
„Dieses Beispiel macht deutlich, dass ein striktes Verschreiben von Medikamenten rein im Zulassungsgebiet gerade in der Rheumatologie fatale Folgen für die Patienten haben kann und daher völlig unrealistisch ist“, sagt Lorenz.
Aufgrund des für neue Medikamente nötigen Zulassungsprozesses mit umfassenden Tests, der viele Millionen Euro verschlingt, versuchen Pharmafirmen zunächst, eine Zulassung für häufige Erkrankungen zu erhalten. Verschreiben Rheumatologen neue Medikamente bei Krankheiten ohne Zulassung, wird dies nach Angaben von Lorenz von den Krankenkassen zwar toleriert, aber oft nur, solange die neuen Medikamente günstig sind.
Bei den häufig sehr teuren Rheuma-Medikamenten müsse der Arzt oder die Klinik mit einer Regressforderung rechnen. „Bei Therapiekosten von bis zu
25 000 Euro pro Jahr und Patient kann das sehr schnell existenzielle Folgen haben“, warnt Lorenz. Er beklagt außerdem, dass die Rechtslage zum Thema Off-label-Verschreibung trotz einiger Urteile nach wie vor unklar sei.
Terminhinweise:
Podiumsdiskussion im Rahmen des 41. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh):
Thema: Off-label-Therapie in der Rheumatologie im Spannungsfeld von Kostenexplosion, Wirtschaftlichkeit und Therapienotwendigkeit
Termin: Freitag, 20. September 2013, 15.00 bis 16.30 Uhr
Ort: Congress Center Rosengarten, Mannheim
Quelle: Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie
Kongress-Pressestelle
Kathrin Gießelmann/Christina Seddig
Weitere Informationen zum 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) finden Sie hier: http://dgrh-kongress.de/