Osteoporose wird in Deutschland zu spät und schlecht behandelt
In Spanien und Griechenland werden achtzig Prozent der Betroffenen richtig versorgt. In Deutschland sind es knapp siebzehn Prozent.
Osteoporose ist eine Volkskrankheit und zählt in der Weltgesundheitsorganisation zu den zehn wichtigsten Erkrankungen. Trotzdem wird die Krankheit meist erst behandelt, wenn bereits ein Knochenbruch vorliegt.
Kosten für vorbeugende Nahrungsergänzungsmittel wie Kalzium und Vitamin D oder für eine Knochendichtemessung, die schon früh eine verminderte Knochenqualität erkennen lässt, werden erst dann von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
Diese Tatsache führt dazu, dass rund vierzig Prozent der Betroffenen im Laufe ihres Lebens eine Fraktur erleiden, jeder Fünfte daraufhin ins Pflegeheim muss und jeder Vierte an den Folgen des Bruchs stirbt.
Obwohl Osteoporose eine Skelettkrankeit ist, liegen die Ursachen der Erkrankung häufig in der Inneren Medizin. Hormonstörungen und Nierenerkrankungen können Knochenschwund auslösen. Andere Ursachen sind Mangelernährung, Untergewicht, nachlassende Muskelkraft , erhöhter Nikotin- und Alkoholkonsum und sogar die ständige Anwendung von kortisonhaltigen Augentropfen.
Wann allerdings Osteoporose behandelt werden muss, lässt sich nach Franz Jakob vom Universitätsklinikum in Würzburg nicht allein durch die Knochendichtemessung feststellen. Der Zeitpunkt für die Diagnostik und Therapie soll durch das absolute Risiko festgesetzt werden. D.h., dass auch das Alter, die Zahl der aktuellen und zurückliegenden Frakturen, das Körpergewicht, der Ernährungszustand, eine genetische Veranlagung und andere Erkrankungen mit Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel eine Rolle spielen.
Jakob nennt folgendes Beispiel, um zu zeigen, wie sich der Risiko-Wert berechnet: Das Risiko einer siebzigjährigen Frau, sich allein aufgrund ihres Alters und ihres Geschlechts innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Wirbel zu brechen, liegt bei zwölf Prozent. Hat sie zudem noch eine geringe Knochendichte, beträgt das Risiko 19 Prozent. Zieht sie sich einen Knochenbruch zu, steigt das Risiko auf vierzig Prozent. Jeder weitere Risikofaktor erhöht den Wert. Eine Behandlung sollte ab einem Risiko-Wert von dreißig Prozent beginnen.
Helmut Minne vom Klinikum Fürstenhof in Bad Pyrmont fasst zusammen, welche Wirkstoffklassen nach dem aktuellen Kenntnisstand zur medikamentösen Behandlung zur Verfügung stehen. Biosphonate, ursprünglich aus der Waschmittelindustrie stammend, reduzieren die Frakturrate um 30 bis 50 Prozent. Da sich diese aber in den Knochen anreichern, wird derzeit eine Behandlungsdauer von drei bis fünf Jahren empfohlen. Allerdings existieren für das Alendronat auch langfristige Sicherheitsdaten. Eine Einnahmedauer von zehn Jahren ist unbedenklich.
Bei der Hormonersatztherapie hat sich herausgestellt, dass sie das Risiko für Herzinfarkte und Brustkrebs erhöht und wird somit nicht mehr zur Behandlung von Osteoporose empfohlen. Stattdessen können Frauen mit Raloxifen, einem Antiöstrogen, behandelt werden.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.2007