Noroviren: Zahl der Infektionen steigt stark an.
Besonders Patientinnen und Patienten mit entzündlich-rheumatischen und immunologischen Systemerkrankungen und mit einer immunsuppressiven Therapie, d.h. einer Behandlung, die das Immunsystem in seiner Leistung beeinträchtigt, sind besonders gefährdet. Deshalb hier die wichtigsten Infos zu Noroviren und Hinweise zur Vorbeugung, wie man sich dagegen schützen kann.
Wir geben im folgenden den Originaltext aus dem Epidemiologischen Bulletin der Robert-Koch-Instituts wieder (Nr 5 vom 2. Februar 2007):
Norovirus-Infektionen: Gegenwärtig starke Ausbreitung in Deutschland
Norovirus-Infektionen – eine Übersicht
(Epidemiologisches Bulletin Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Robert Koch-Institut, S. 34)
Noroviren gehören in die Familie der Caliciviridae und wurden früher
als Norwalk-ähnliche Viren bezeichnet. Es handelt sich um einsträngige,
hüllenlose RNA-Viren.
Noroviren sind weltweit verbreitet und zählen auch in Deutschland zu den häufigsten Erregern infektiöser Gastroenteritiden. Die Infektion führt nach einer Inkubationszeit von 10–50 Stunden zu einem charakteristischen Krankheitsbild einer akut beginnenden Gastroenteritis mit starker Übelkeit, plötzlich einsetzendem Erbrechen, abdominellen Krämpfen und Durchfällen. Fieber tritt
selten auf.
Die Infektion ist in der Regel selbstlimitierend (12–60 Stunden).
Noroviren werden mit Erbrochenem und über den Stuhl ausgeschieden.
Die Viren sind äußerst umweltstabil und hochinfektiös.
Noroviren sind häufig Ursache von Gastroenteritis-Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen wie z. B. Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen
sowie Kinderbetreuungseinrichtungen.
Die hohe Infektionsrate (attack rate) ist zum einen durch die hohe Viruskonzentration im Stuhl und im Erbrochenen von Erkrankten, die niedrige infektiöse Dosis (< 100 Viruspartikel), die relative Umweltstabilität des Erregers
und durch die nur kurz bestehende Immunität zu erklären.
Der Mensch ist das einzige bekannte epidemiologisch relevante Erregerreservoir.
Die Übertragung erfolgt hauptsächlich fäkal-oral und über virushaltiges Aerosol. Übertragungen durch kontaminierte Lebensmittel sind ebenfalls möglich. Die Therapie ist rein symptomatisch.
Eine antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. Die Letalität der Norovirus-Erkrankung ist sehr gering (unter 0,1 %). Die seltenen tödlichen Verläufe betreffen überwiegend Kleinkinder und alte Menschen.
Hinweise zum Schutz vor Norovirus-Infektionen
Empfehlungen für Privathaushalte
- Da das Virus am häufigsten durch direkten Kontakt zu Erkrankten
(virushaltiges Erbrochenes oder Stuhl) oder indirekt über kontaminierte
(verschmutzte) Flächen (z.B. Waschbecken, Türgriffe etc.) übertragen wird, kann das Infektionsrisiko allgemein reduziert werden, indem man den Kontakt zu Erkrankten meidet und auf eine sorgfältige Händehygiene (sorgfältiges Händewaschen) achtet.
Bei der Betreuung von erkrankten Personen im eigenen Haushalt
steht ebenfalls eine gute Hände- und Toilettenhygiene (regelmäßige
Reinigung der Kontaktflächen, personenbezogene Hygieneartikel/
Handtücher) im Zentrum der Maßnahmen.
Durch Erbrochenes oder durch Stuhl kontaminierte Gegenstände
und Flächen (z. B. Waschbecken, Toiletten, Türgriffe, Böden) sollten
unter Benutzung von Haushaltsgummihandschuhen gründlich
gereinigt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass es dadurch nicht
zu einer Weiterverbreitung kommt (z. B. durch Verwendung von Einwegtüchern und deren anschließende Entsorgung). Ein genereller
Einsatz von Desinfektionsmitteln ist im Privathaushalt in der Regel
nicht erforderlich. Vielmehr kommt es auf die konsequente Einhaltung
der o g. Maßnahmen an. - Erkrankte sollten während der akuten Phase der Erkrankung (Durchfall,
Erbrechen) außer zur Betreuungsperson möglichst keinen Kontakt
zu anderen Haushaltsmitgliedern oder anderen Personen haben.
Besonders gefährdet sind Kleinkinder und alte Menschen. - Geschirr kann wie üblich gereinigt werden. Erkrankte sollten möglichst
keine Speisen für andere zubereiten. In jedem Falle kommt der
Händehygiene vor dem Essen besondere Bedeutung zu. Leib- und
Bettwäsche sowie Handtücher sollten mit einem Vollwaschmittel bei
Temperaturen von mindestens 60 °C gewaschen werden.
Da das Virus auch nach Abklingen der akuten Krankheitssymptome
in der Regel noch 1 bis 2 Wochen im Stuhl ausgeschieden werden
kann, müssen die genesenen Personen zumindest für diesen
Zeitraum auf eine intensive Toiletten- und Händehygiene achten. - Für die Erkrankten gelten die bei akuten Gastroenteritiden üblichen
medizinischen Empfehlungen. Neben Bettruhe ist wegen der zum
Teil erheblichen Flüssigkeits- und Elektrolytverluste auf eine adäquate
Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten zu achten. Nach Abklingen
der akuten Symptome kann die Kost wieder langsam aufgebaut werden. - Bei schweren Verläufen (starke Flüssigkeitsverluste durch Erbrechen,
Durchfall) sollte vor allem bei Kleinkindern, älteren Patienten und
Personen mit Grunderkrankungen frühzeitig ein Arzt konsultiert werden,
der eine adäquate Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution veranlasst.
(Epidemiologisches Bulletin Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Robert Koch-Institut, S. 36)
Empfohlene Maßnahmen zur Eindämmung von Norovirus-Ausbrüchen in Einrichtungen der stationären Pflege und Behandlung
- Isolierung betroffener Patienten in einem Zimmer mit eigenem WC;
ggf. Kohortenisolierung; - Unterweisung der Patienten hinsichtlich korrekter Händehygiene und
Händedesinfektion mit einem viruzid wirksamen Händedesinfektionsmittel;
Pflege der Patienten mit Einweghandschuhen, Schutzkittel
und ggf. Mund-Nasen-Schutz (z. B. bei potenziellem Erbrechen
oder Kontakt mit Erbrochenem); - sorgfältige Händehygiene, Händedesinfektion mit einem viruzid wirksamen Händedesinfektionsmittel nach Ablegen der Einweghandschuhe und vor Verlassen des Isolationszimmers;
- tägliche (in Sanitärbereichen ggf. häufigere) Wischdesinfektion aller
patientennahen Kontaktflächen inkl. Türgriffen mit einem Flächendesinfektionsmittel mit nachgewiesener viruzider Wirksamkeit (als
Wirkstoffe sollten Perverbindungen oder Aldehyde bevorzugt werden); - sofortige gezielte Desinfektion und Reinigung kontaminierter Flächen
(z. B. Verunreinigungen mit Erbrochenem) nach Anlegen eines Mund-
Nasen-Schutzes; - Pflegeutensilien personenbezogen verwenden und desinfizieren;
- Bett- und Leibwäsche als infektiöse Wäsche behandeln, in einem geschlossenenWäschesack transportieren und in einem (chemo-thermischen) Waschverfahren bei mindestens 60 °C reinigen;
- maschinelles Reinigen des Geschirrs wie üblich ist möglich;
- Hinweisen von Kontaktpersonen (z. B. Besucher, Familie) auf die
mögliche Mensch-zu-Mensch-(face-to-face)-Übertragung als Schmieroder
Tröpfcheninfektion (insbesondere bei Erbrechen) und Unterweisung
in der korrekten Händedesinfektion; - Minimieren der Patienten-, Bewohner- und Personalbewegung zwischen
den Bereichen/Stationen, um die Ausbreitung innerhalb der
Einrichtung nach Möglichkeit zu verhindern (Hinweis auf die Infektionsgefahr bei notwendiger Verlegung eines Erkrankten auf eine andere Station!); - Verlegungen in andere Bereiche der stationären Versorgung oder zwischen Gemeinschaftseinrichtungen erst 72 Stunden nach Auftreten
des letzten Erkrankungsfalles aus einer von einem Ausbruch betroffenen
Einrichtung (Ausnahme: Patienten, die nach einer Erkrankung bereits
genesen sind); - Wiedereröffnung von Stationen oder Bereichen, die aufgrund eines
Norovirus-Ausbruches für Neuaufnahmen von Patienten gesperrt waren,
frühestens 72 Stunden nach Auftreten des letzten Krankheitsfalles
und nach erfolgter Schlussdesinfektion.
(Siehe auch RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärzte
„Noroviren“, http://www.rki.de/ > Infektionsschutz > RKI-Ratgeber/Merkblätter.)
(Epidemiologisches Bulletin Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Robert Koch-Institut, S. 35)
Ansprechpartner für Informationen:
- Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie
Fachgebiet Gastroenterologische Infektionen,
Zoonosen und tropische Infektionen
Dr. Judith Koch (Epidemiologie)
Tel.: 030 . 18 754–34 84, E-Mail: KochJ(at)rki.de - Konsiliarlaboratorium für Noroviren am Robert Koch-Institut
PD Dr. Eckart Schreier (Labordiagnostik)
Tel.: 030 . 18 754–23 79, E-Mail: SchreierE(at)rki.de - Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionskrankheiten
Fachgebiet Angewandte Infektions- und
Krankenhaushygiene des RKI
Prof. Dr. Martin Mielke (Krankenhaushygiene)
Tel.: 030 . 18 754–22 33, E-Mail: MielkeM(at)rki.de
Weitere Informationsquellen:
- RKI-Ratgeber für Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärzte
„Erkrankungen durch Noroviren“ (www.rki.de > Infektionsschutz >
RKI-Ratgeber/Merkblätter > Noroviren) - Hinweise zum Management von Ausbrüchen durch Noroviren in
Krankenhäusern (www.rki.de > Infektionsschutz > Krankenhaushygiene
> Informationen zu ausgewählten Erregern) - Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten
Desinfektionsmittel und -verfahren (www.rki.de > Infektionsschutz
> Krankenhaushygiene > Desinfektion) - Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion
von Flächen (www.rki.de >Infektionsschutz > Krankenhaushygiene
> Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene > Reinigung,
Desinfektion, Sterilisation) - Infektionsprävention in Heimen – Empfehlung der Kommission für
Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-
Institut (www.rki.de >Infektionsschutz > Krankenhaushygiene >
Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene >
Betriebsorganisation in speziellen Bereichen)
(Epidemiologisches Bulletin Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Robert Koch-Institut, S. 37)