Nicht nur gesund für das Kind: Stillen vermindert RA-Risiko!
Auf viele Faktoren ihrer hormonellen Situation haben Frauen keinen Einfluss. Die erste Menstruation oder der Zeitpunkt der Wechseljahre ist nicht planbar. Die Kinderzahl dagegen oder die Entscheidung für oder gegen das Stillen liegt normalerweise im Ermessen jeder Frau selbst. Kann so vielleicht auch das Risiko beeinflusst werden, an einer rheumatoiden Arthritis zu erkranken?
Um die Einflüsse verschiedener hormoneller Faktoren auf die Entstehung einer rheumatoiden Arthritis beurteilen zu können, beobachteten Ärzte aus Boston insgesamt 121.700 Krankenschwestern im Rahmen der „Nurses' Health Study“.
Die Entscheidung, für eine solch umfangreiche Studie speziell diese Berufsgruppe als Teilnehmer zu wählen, lag vor allem in der Annahme, dass sie auf Grund ihrer medizinischen Ausbildung mit der Fachterminologie in den Fragebögen besonders gut zurecht kommen würden. Ein grundsätzliches Interesse an medizinischen Inhalten war nach Meinung von Dr. Frank Speizer, dem „Urvater“ der Studie, hilfreich für die Bereitschaft, über viele Jahre an den Befragungen teilzunehmen. Mittlerweile gibt es auch eine „Nurses' Health Study II“, die von Dr. Walter Willett 1989 ins Leben gerufen wurde.
Diese Studien beschäftigen sich mit allen Fragen zur gesundheitlichen Situation speziell von Frauen und es gibt inzwischen etliche Publikationen zu den verschiedensten Aspekten von Frauengesundheit. Ein jährlicher Newsletter informiert über die neuesten Erkenntnisse (2004 übrigens zum Thema Osteoporose).
Einen Einfluss auf das RA-Risiko könnten haben:
- Alter bei der ersten Regelblutung
- Alter bei der ersten Geburt
- Zahl der Schwangerschaften (mindestens 24 Wochen Dauer)
- Stillverhalten
- Verwendung oraler Kontrazeptiva („Anti-Baby-Pille“)
- Unregelmäßige Menstruationszyklen
- Alter bei der Menopause (letzte Regelblutung)
- Verwendung einer Hormonersatztherapie nach der Menopause
Zwischen 1976 und 2002 wurde anhand der ACR-Kriterien bei 674 Frauen eine rheumatoide Arthritis diagnostiziert. Bei 404 (=60%) der Patientinnen war ein Rheumafaktor nachweisbar (=seropositiv). Die Beziehung zwischen dem RA-Risiko und den genannten Einflussfaktoren wurde mit entsprechend geeigneten statistischen Modellen berechnet.
Die Ergebnisse zeigen eine klare Tendenz zu abnehmendem RA-Risiko bei zunehmender Dauer der Stillzeiten. Im Vergleich zu Frauen mit gleicher Zahl der Schwangerschaften aber ohne Stillzeiten wurden folgende relativen Risiken (RR) berechnet:
Stillzeit insgesamt | RR |
bis zu 3 Monaten | 1 |
4-11 Monate | 0,9 |
12-23 Monate | 0,8 |
mehr als 24 Monate | 0,5 |
Im Klartext: Während kurze Stillzeiten bis zu insgesamt 3 Monaten keine Verbesserung bringen, vermindern Stillzeiten von insgesamt mehr als 2 Jahren das relative Risiko, an einer RA zu erkranken, um 50%.
Ein erhöhtes Risiko wiesen Frauen mit einem sehr unregelmäßigen Menstruationszyklus auf: RR=1,4. Ein niedriges Alter beim Eintritt der ersten Regelblutung (Menarche) zeigte eine erhöhte Neigung (RR=1,6) zu seropositiver RA, nicht aber zu insgesamt erhöhtem RA-Risiko.
Keinen Einfluss auf das RA-Risiko hatten in dieser Studie:
- Zahl der Schwangerschaften
- Kinderzahl
- Alter bei der ersten Geburt
- Verwendung oraler Kontrazeptiva
Literatur
Elizabeth W. Karlson, Lisa A. Mandl, Susan E. Hankinson, Francine Grodstein. Do breast-feeding and other reproductive factors influence future risk of rheumatoid arthritis?: Results from the Nurses' Health Study. Arthritis Rheum (2004); 50 (11): 3458-67