Neues zur Rheumadiät
Diese Studie aus München zeigt, dass eine Arachidonsäure-arme Diät die Symptome bei Patienten mit rheumatoider Arthritis verbessert. Dieser Effekt läßt sich durch eine zusätzliche Gabe von Fischöl noch verstärken.
Effekte einer Arachidonsäure-armen Diät und Fischöl bei rheumatoider Arthritis
In dieser Studie wurde der Einfluß einer Arachidonsäure-armen Diät und zusätzlicher Fischöl-Gabe auf die Symptome von Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis untersucht.
68 Patienten mit rheumatoider Arthritis wurden auf zwei Gruppen von jeweils 34 Personen aufgeteilt. Die eine Gruppe lebte unverändert wie bisher, die andere Gruppe erhielt eine Diät, bei der der Anteil der Arachidonsäureaufnahme weniger als 90 mg/Tag war.
Die Patienten in beiden Gruppen erhielten zusätzlich entweder Placebo-Kapseln oder Fischöl-Kapseln in einer Dosierung von 30 mg/kg Körpergewicht über drei Monate in einem doppel-blinden cross-over-Design mit einer dazwischenliegenden Auswaschphase von 2 Monaten.
Jeden Monat erfolgte eine klinische Untersuchung, außerdem wurden die Routine-Labor-Parameter bestimmt.
Bei Studienbeginn und jeweils nach 3 Monaten der Fischöl- bzw. Placebo-Gabe wurden die Erythrocyten-Fettsäuren, Eikosanoide und Zytokine bestimmt.
Ergebnis:
Nach 8 Monaten konnten die Daten von 60 Patienten ausgewertet werden, die bis zum Studienende in der Studie verblieben waren.
In der Gruppe der Patienten mit Arachidonsäure-armer Diät kam es während der Placebo-Phase zu einem Rückgang bei der Zahl der druckschmerzhaften und geschwollenen Gelenke um 14%. Die zusätzliche Gabe von Fischöl-Kapseln führte zu einer signifikanten Reduktion (p < 0.01) bei der Zahl der druckschmerzhaften Gelenke (28% gegenüber 11% in der Gruppe ohne Arachidonsäure-arme Diät) und der Zahl der geschwollenen Gelenke (34% gegenüber 22%).
Im Vergleich zu den Ausgangswerten fand sich speziell dann, wenn während der Monate 6 bis 8 zusätzlich Fischöl gegeben wurde, bei den Patienten mit Arachidonsäure-armer Diät eine höhere Anreicherung von Eikosapentanoid-Säure in den Erythrozyten-Lipiden (244% vs. 217%) und eine geringere Bildung von Leukotrien B(4) (34% vs. 8%, p < 0.01), 11-Dehydro-Thromboxan B(2) (15% vs. 10%, p < 0.05), und von Prostaglandin-Metaboliten (21% vs. 16%, p <0.003).
Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine Arachidonsäure-arme Diät die Symptome bei Patienten mit rheumatoider Arthritis verbessert und dass sich dieser Effekt durch eine zusätzliche Gabe von Fischöl verstärken lässt.
Anti-inflammatory effects of a low arachidonic acid diet and fish oil in patients with rheumatoid arthritis.
Adam O, Beringer C, Kless T, Lemmen C, Adam A, Wiseman M, Adam P, Klimmek R, Forth W
Medizinische Klinik Innenstadt der LMU, Ziemssenstrasse 1, 80336 Munich, Germany, olaf.adam@lrz.uni-muenchen.de
Rheumatol Int 2003 Jan;23(1):27-36
Kommentar von rheuma-online:
Die Studie ist wichtig, da sie mit wissenschaftlichen Methoden den Einfluß einer gezielten diätetischen Maßnahme auf die Symptome der rheumatoiden Arthritis untersucht.
Wenn man, was wissenschaftlich eigentlich nicht zulässig ist, weil es kein „head-to-head-Design“ ist, die Ergebnisse der Studie zugrundelegt und mit anderen therapeutischen Interventionen aus anderen Studien vergleicht, lässt sich durch die Arachidonsäure-arme Diät ein etwa ebenso großer Effekt auf die Symptome der rheumatoiden Arthritis erzielen wie beispielsweise durch eine mittelhoch dosierte Behandlung mit cortisonfreien Entzündungshemmern (nicht-steroidale Antirheumatika, NSAR). Hier sieht man je nach Patientengruppen, Studiendesign und verwendeter Substanz Verbesserungen ebenfalls bei der Zahl der druckschmerzhaften und geschwollenen Gelenke in einer Größenordnung von 20 bis 30%.
Wie in jeder Studie sieht man auch bei der vorliegenden Untersuchung, dass bereits schon die Tatsache der Teilnahme an der Studie an sich zu einer Verbesserung der Symptome führt; so kam es bei den nicht-behandelten Patienten bzw. den Patienten, die nicht die spezielle Diät erhielten, bereits als „Placebo-Effekt“ zu einer Verbesserung zwischen 11% und 22%. Der durch die Diät selber und durch die zusätzliche Fischölgabe erzielte Effekt ist vor diesem Hintergrund nicht so beträchtlich, wie er auf den ersten oberflächlichen Blick hin erscheinen mag.
Dennoch zeigt die Studie unzweifelhaft, dass sich für Patienten mit rheumatoider Arthritis der Versuch lohnen kann, auf eine Arachidonsäure-arme Diät umzusteigen, am besten mit zusätzlicher Einnahme von Fischöl-Kapseln. Wobei man allerdings wissen sollte, dass die Kosten für die Fischöl-Kapseln wahrscheinlich von den Krankenkassen nicht übernommen werden dürften.
Was weiterhin wichtig ist:
Die Studie gibt durch die parallel durchgeführten Laboruntersuchungen wesentliche Hinweise auf den Wirkmechanismus dieser speziellen Diät und der Einnahme der Fischöl-Kapseln. Wie auch theoretisch zu vermuten war, kommt es durch das verringerte Angebot von Arachidonsäure zu einer verminderten Bildung von Prostaglandinen, die vor Ort bei der Entstehung von Entzündungsreaktionen im Gewebe und bei entzündlich bedingten Gelenkschmerzen eine Rolle spielen. Die Diät wirkt damit – sehr verkürzt dargestellt – so ähnlich wie alle Medikamente aus der Gruppe der cortisonfreien Entzündungshemmer (NSAR), die über eine Hemmung der Cyclooxygenase (abgekürzt COX) ebenfalls dazu führen, dass vor Ort vermindert Prostaglandine gebildet werden.
Damit ist aber ebenfalls klar, dass eine solche Diät auf den eigentlichen Verlauf der Erkrankung und die entzündlich bedingte Gelenkzerstörung keinen Einfluß haben kann, da diese Prozesse über andere Mechanismen ablaufen und gesteuert werden, z.B. die Zytokine (Botenstoffe) wie TNF-alpha oder Interleukin-1, T-Zellen, Makrophagen und synoviale Fibroblasten, also völlig andere „Key-Player“ und Mediatoren der Gelenk- und Knochendestruktion bei der rheumatoiden Arthritis, auf die die Arachidonsäure, Prostaglandine und verwandte Entzündungsmediatoren keinen Einfluss haben.
Dies belegen übereinstimmend auch alle übrigen Studien zur Frage der Bedeutung einer Diät bei der rheumatoiden Arhritis, dass nämlich eine wirkliche Krankheitsmodifikation im Sinne einer langfristigen Beeinflussung des weiteren Krankheitsverlaufs der Arthritis durch eine Diät alleine nicht erreicht werden kann. Oder, anders ausgedrückt: Eine wie auch immer geartete „Rheuma-Diät“ kann eine wirksame langwirksame antirheumatische Therapie („Basistherapie“) nicht ersetzen. Ihr Stellenwert liegt im unterstützenden Bereich und bei der Möglichkeit, vielleicht die eine oder andere Tablette Diclofenac oder vergleichbare Substanzen einzusparen.
Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer
Eine weitere Anmerkung von rheuma-online:
Von Olaf Adam, Professor an der Ludwig-Maximilian-Universität in München (LMU), ist vor kurzem auch ein Buch zur „Rheuma-Diät“ erschienen, das im Buchhandel erhältlich ist und für das wir hier keine Werbung machen möchten, nur, wir ahnen, dass wir nach diesem Beitrag in den rheuma-news mit E-Mails über E-Mails überschüttet werden dürften mit der Frage, wie denn nun so eine Diät geht und wo man mehr darüber erfahren kann.... :-)
Und: Wir haben keine Aktien in dem Verlag, bekommen auch keine Provision für jedes verkaufte Buch, deshalb fehlt an dieser Stelle auch der Hinweis auf Amazon ;-)