Neuer COX-2-Hemmer Lumiracoxib in Großbritannien zugelassen
Nach der Rücknahme von Rofecoxib (Vioxx) aus dem Markt mussten die Verantwortlichen von Novartis zwei Jahre Geduld haben, bis sie ihren neuen COX-2-Hemmer auf den Markt bringen konnten. Zunächst war das Urteil der EMEA (European Medicines Evaluation Agency) zur Bewertung dieser Substanzklasse abzuwarten.
Lumiracoxib (Handelsname: Prexige) wird mit einer Dosierung von 100 mg/1x täglich zur symptomatischen Behandlung von rheumatischen Schmerzzuständen, mit 200 mg/Tag (maximal an drei Tagen pro Zyklus) zur Behandlung von starken Menstruationsbeschwerden und mit 400 mg/Tag für maximal 5 Tage nach orthopädischen oder zahnmedizinischen Eingriffen eingesetzt.
Dieser neue COX-2-Hemmer soll verbesserte Verträglichkeit im Magen-Darm-Trakt bei gleich guter Wirksamkeit wie vergleichbare, am Markt befindliche Substanzen (z.B. Celecoxib, Handelsname Celebrex) bringen, so Novartis. Ein weiterer Pluspunkt ist der günstige Preis, zumindest für den britischen Markt. So wird z.B. Celecoxib um 20% unterboten. Für viele Ärzte wird der Preis aber nicht die entscheidende Rolle spielen, da nach den Problemen mit den Coxiben eher auf die geringere Nebenwirkungsrate geachtet werden wird.
Seit Juli 2005 bereits ist Lumiracoxib in Brasilien zugelassen, im November 2005 konnte der Einsatz in Australien und Neuseeland mit der Indikation: „akuter Schmerzzustand“ beginnen. Nach Großbritannien soll ein Einsatz auch in anderen europäischen Ländern in 2006 beginnen. In den USA soll dieser Wirkstoff allerdings nicht vor 2007 am Markt platziert werden.
In der TARGET-Studie (Therapeutic Arthritis Research and Gastrointestinal Event Trial), einer Untersuchung an 18.325 Patienten zeigte Lumiracoxib eine gegenüber Ibuprofen und Naproxen um 79% reduzierte Rate an Magen-Darm-Komplikationen, wenn die Patienten keine Acetylsalizylsäure (ASS, z.B. Aspirin) einnahmen. Wenn zusätzlich ASS in niedriger Dosierung zugeführt wurde, war der Unterschied zwischen den einzelnen Substanzen bezüglich der Magen-Darm-Belastung allerdings nicht mehr signifikant unterscheidlich.
Im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Komplikationen, die ja zur Rücknahme von Vioxx geführt haben, zeigte die TARGET-Studie für Lumiracoxib einen geringen, aber nicht aussagekräftigen Anstieg solcher Ereignisse gegenüber Naproxen, nicht aber gegenüber Ibuprofen. Da die Daten aber nur über einen Zeitraum von 12 Monate erhoben worden waren, muss hier noch abgewartet werden, um deutlichere Schlussfolgerungen ziehen zu können. Bei Vioxx traten die Komplikationen auch erst nach 18 Monaten kontinuierlicher Einnahme auf.
Da auch Lumiracoxib nur Symptome bekämpft, aber nicht die Erkrankung an sich behandelt, muss der Einsatz weiterhin gut überlegt und mögliche Risiken im Magen-Darm- oder Herz-Kreislauf-Bereich sorgfältig berücksichtigt werden. Ärzte sollten ihren Patienten immer wieder nahe legen, einen COX-2-Hemmer (oder auch ein anderes Schmerzmittel, wie z.B. Paracetamol, s. r-o-Artikel: Nicht ohne Risiko: Schmerzlinderung durch Paracetamol vom 26.4.06) nur bei Bedarf und nicht regelmäßig einzunehmen. Eine ständige Einnahme wie bei Medikamenten gegen Bluthochdruck oder erhöhte Blutfettwerte ist nicht nur nicht notwendig, sondern auch mit unnötigen Nebenwirkungsrisiken behaftet.
Durch eine recht kurze Halbwertszeit von 4-5 Stunden (nach dieser Zeitspanne ist die Hälfte des Wirkstoffes abgebaut) und die positiven Daten aus der umfangreichen TARGET-Studie stellt Lumiracoxib trotzdem eine neue Therapieoption dar, deren Einsatzmöglichkeiten im medizinischen Alltag sich im weiteren Verlauf herausstellen werden.
Literatur
Grosser T, Fries S, FitzGerald GA. Biological basis for the cardiovascular consequences of COX-2 inhibition: therapeutic challenges and opportunities. J Clin Invest 2006; 116:4-15.