Neue Studiendaten zum oralen Janus-Kinase-Inhibitor Tofacitinib vorgestellt
Berlin, 12.12.2012 – Auf der diesjährigen Jahrestagung des American College of Rheumatology (ACR) wurden neue Studienergebnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit des oralen Janus-Kinase (JAK)-Inhibitors Tofacitinib bei Rheumatoider Arthritis (RA) präsentiert. Im Rahmen eines von Pfizer initiierten Fachpressegesprächs erläuterten Experten die aktuellen Resultate, die neben der langfristigen Wirksamkeit von Tofacitinib auch dessen Effektivität nach dem unzureichenden Ansprechen auf eine TNF-a-Inhibitortherapie belegen. Weitere Ergebnisse zeigen, dass der JAK-Inhibitor nicht nur in Kombination mit Methotrexat (MTX), sondern auch als Monotherapie die radiologische Progression signifikant hemmt. Hinsichtlich des aus bisherigen Studiendaten bekannten Sicherheitsprofils des Wirkstoffs ergaben sich auch über einen längeren Beobachtungszeitraum von vier Jahren keine neuen Aspekte.
Tofacitinib ist ein „small molecule“, das oral verabreicht wird und dessen Zulassung zur Behandlung der Rheumatoiden Arthritis in der Europäischen Union beantragt ist. Der Wirkstoff inhibiert gezielt die Janus-Kinase-Signalwege, die eine wichtige Rolle bei der intrazellulären Signalverarbeitung von Immunzellen spielen und für die Entwicklung, das Überleben, die Proliferation und Differenzierung von Immunzellen sowie die Vermittlung der entzündlichen Immunantwort von Bedeutung sind. „Im Gegensatz zu den Biologika wirkt Tofacitinib somit nicht im extrazellulären Raum, sondern bekämpft die zur Entzündung führenden Prozesse bereits intrazellulär“, erläuterte Professor Torsten Witte, Hannover.
Extensives Studienprogramm
Die beantragte Zulassung von Tofacitinib basiert u.a. auf dem umfangreichen Studienprogramm ORAL (Oral Rheumatoid Arthritis Phase 3 triaLs). Dieses umfasst sechs Studien, in denen weltweit knapp 5.000 erwachsene Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA mit Tofacitinib behandelt wurden, sowie zwei laufende offene Extensionsstudien.
Wie Witte ausführte, wurden alle sechs Phase-III-Studien randomisiert, doppelblind und placebo- kontrolliert über sechs, zwölf oder 24 Monate durchgeführt, wobei die Patienten zweimal täglich 5 mg bzw. 10 mg Tofacitinib erhielten. Der Wirkstoff wurde als Monotherapie, in Kombination mit DMARDs/MTX, bei MTX-naiven Patienten und bei Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf DMARDs oder TNF-α-Inhibitoren untersucht.
Primäre Studienendpunkte waren das ACR20-Ansprechen, die mittlere Veränderung der körperlichen Funktionsfähigkeit im Health Assessment Questionnaire (HAQ-DI) sowie das Erreichen einer klinischen Remission (<2,6 Punkte im Disease Activity Score 28-4 [ESR] (DAS28-4[ESR]). Primärer Endpunkt der Studie ORAL Start war das ACR70-Ansprechen. Weiterer primärer Endpunkt in dieser wie auch in der Studie ORAL Scan war die Hemmung der radiologischen Progression im modified Total Sharp Score (mTSS).
Langfristige Wirksamkeit über vier Jahre
Dass Tofacitinib bei Patienten, die auf die Therapie ansprachen, über mindestens vier Jahre keinen Wirkverlust zeigt, belegt eine auf dem ACR präsentierte gepoolte Analyse der beiden offenen Extensionsstudien, die Witte vorstellte.1 Berücksichtigt wurden insgesamt 4.102 Patienten, die in den Phase II/III-Studien initial Tofacitinib in einer zweimal täglichen Dosierung von 5 mg (n=1.421) oder 10 mg (n=2.681), entweder in Kombination mit einem konventionellen DMARD (n=2.742) oder als Monotherapie (n=1.360) erhielten.
Die Daten für die Dosierungen wurden gepoolt, für die zweimal tägliche Dosierung von 10 mg liegen Ergebnisse bis zu 24 Monaten vor. Die gepoolten Ergebnisse der zweimal täglichen Dosierung von 5 mg im Bezug auf das ACR20-Ansprechen zeigten den Erhalt der Wirksamkeit vom Ende des ersten Therapiemonats an bis zum Monat 48 (67% vs. 69%). Ebenfalls konstant blieben die durchschnittlichen Veränderungen hinsichtlich der Verbesserungen im DAS28-4[ESR] (-3,8 vs. - 3,6) und der körperlichen Funktionsfähigkeit (HAQ-DI: -0,85 vs. -0,81). Wie Witte erläuterte, ergaben sich in diesen drei sekundären Endpunkten zudem keine wesentlichen Effektivitätsunterschiede zwischen Tofacitinib als Mono- oder in Kombinationstherapie.
Tofacitinib auch nach unzureichendem Ansprechen auf TNF-α-Inhibitoren wirksam
Eine gepoolte Subgruppenanalyse von neun Studien der Phase II/III (n=614) und zwei offenen Erweiterungsstudien (n=510), in denen die Patienten zweimal täglich 5 mg bzw. 10 mg Tofacitinib als Monotherapie oder in Kombination mit einem konventionellen DMARD erhielten, zeigt, dass Tofacitinib auch nach dem unzureichendem Ansprechen einer oder mehrerer vorheriger Therapien mit TNF-α-Inhibitoren kurz- und langfristig wirksam ist.2
Mit der 5 mg- Dosierung konnten nach drei Monaten 46,2% der Patienten mit ein- und 40,6% der Patienten mit zweimaligem Nichtansprechen auf TNF-α-Inhibitoren ein ACR20-Ansprechen erreichen (Placebo: 27,4% bzw. 15,6%, p<0,01). Unter der 10 mg-Dosierung war dies bei jeweils 50% und 53,1% der Patienten der Fall (p vs. Placebo = bzw. <0,0001). Signifikante Verbesserun- gen gegenüber Placebo ergaben sich unter beiden Dosierungen zudem im HAQ-DI, sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Versagen einer anti-TNF-α-Therapie.
„Die Analyse der offenen Erweiterungsstudien ergab darüber hinaus, dass die Wirksamkeit von Tofacitinib bei TNF-α-Inhibitor-Non-Respondern über 24 Monate bestehen blieb“, erklärte Witte. So zeigten die gepoolten Ergebnisse der 5 mg- und 10 mg-Dosierungen, dass am Ende des ersten Therapiemonats 70,1% der Patienten, bei denen die anti-TNF-Behandlung versagt hatte, ein ACR20-Ansprechen aufwiesen, nach 2 Jahren waren es 74,6%. In diesem Zeitraum blieben auch die durchschnittlichen Verbesserungen im DAS28-4[ERS] (-2,43 vs. - 2,58) und im HAQ-DI erhalten (-0,51 vs. –0,67).2
Hemmung der radiologischen Progression auch als Monotherapie
Die Reduktion der radiologischen Progression ist oberstes Therapieziel bei der RA, wie Dr. Siegfried Wassenberg, Ratingen, betonte. Dass Tofacitinib dabei bereits als Monotherapie sehr effizient sein kann, zeigt die auf dem ACR vorgestellte Zwischenauswertung von ORAL Start.3
Die 24-monatige randomisierte, doppelblinde Phase III-Studie umfasst 958 MTX-naive Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA, die entweder zweimal täglich 5 mg oder 10 mg Tofacitinib oder MTX (initial 10 mg über 8 Wochen auf 20 mg gesteigert) erhal- ten. Ko-primäre Endpunkte waren die Veränderung im mTSS sowie die ACR70- Ansprechrate.
Nach 6 Monaten zeigten sich signifikante Vorteile für beide Tofacitinib- Dosierungen gegenüber MTX im Hinblick auf die radiologische Progression. Während sich im mTSS unter MTX eine mittlere Veränderung von 0,84 ergab, betrug sie unter 5 mg bzw. 10 mg Tofacitinib 0,18 (p<0,001) und 0,04 (p<0,0001).
Auch bezüglich der ACR70- Ansprechrate waren beide Tofacitinib-Arme mit 25,5% bzw. 37,7% der Behandlung mit MTX (12,0%) signifikant überlegen (beide p<0,0001). „Tofacitinib ist bisher der einzige Wirkstoff, der im Vergleich zu MTX auch als Monotherapie eine signifikant deutlichere Verbesserung der klinischen Symptome und gleichzeitig eine stärkere Hemmung der radiologischen Progression zeigte“, erläuterte Wassenberg.
Langfristige Inhibition der Gelenkprogression unter Tofacitinib plus MTX
Aktuelle Daten der Studie ORAL Scan belegen, dass die radiologische Progression unter der Kombination von Tofacitinib mit MTX auch nach zwei Jahren deutlich inhibiert werden kann.4
Die 24-monatige randomisierte, doppelblinde Studie umfasste 800 Patienten mit mittel- schwerer bis schwerer aktiver RA und unzureichendem Ansprechen auf konventionelle DMARDs. Während die Patienten in den Armen 1 und 2 entweder zweimal täglich 5 mg oder 10 mg Tofacitinib plus MTX erhielten, wurden Patienten der Arme 3 und 4 zunächst mit Placebo und MTX behandelt und nach 6 Monaten (bei unzureichendem Ansprechen bereits nach 3 Monaten) auf die in den Armen 1 und 2 verwendeten Regime umgestellt.
„Im Vergleich zur Interimsanalyse nach einem Jahr zeigen die neuen Daten, dass die radiologische Progression im mTSS über alle vier Gruppen hinweg auch im zweiten Jahr nur langsam und in vergleichbarem Maße wie im Vorjahr voranschritt“, erläuterte Wassenberg. Insbesondere bei Patienten mit Hochrisiko-Faktoren (Anti-CCP-positiv, DAS28 >5,1, Erosions-Score ≥3 zu Baseline, Baseline mTSS >Median) konnte unter Tofacitinib ein Aufhalten der radiologische Progression im Vergleich zu Placebo nachgewiesen werden.5 „Damit werden die bisherigen guten Ergebnisse zum Strukturerhalt unter Tofacitinib und MTX weiter untermauert,“ fasste Wassenberg zusammen.
Konsistentes Sicherheitsprofil
Professor Hendrik Schulze-Koops, München, betonte, dass sich aus den beim ACR 2012 vorgestellten aktuellen Daten keine neuen Hinweise hinsichtlich des bereits bekannten Sicherheitsprofils von Tofacitinib ergeben hätten, wobei hierzu aus den offen weitergeführten Verlängerungsstudien mittlerweile mehr als vierjährige Erfahrungen vorlägen.
„Tofacitinib zeigte in den klinischen Studien unter beiden Dosierungen ein konsistentes Sicherheitsprofil“, so Schulze-Koops. Häufigste unerwünschte Ereignisse waren Infektionen, die meist mild oder moderat ausgeprägt waren.6 Schwere unerwünschte Ereignisse traten unter Tofacitinib (10,3-10,7 Fälle pro 100 Patientenjahren) vergleichbar häufig wie unter etablierten Biologika (10,6-22 Fälle pro 100 Patientenjahren) auf, genauso wie schwere Infektionen (2,9-3 vs. 3,1-6,3).6
Dosisabhängige Veränderungen der Laborwerte betrafen u.a. erhöhte Spiegel des LDL-, HDL- und Gesamtcholesterins. Falls notwendig ließen sich die Spiegelerhöhungen mit Statinen erfolgreich regulieren, wie Schulze-Koops ausführte. Allerdings wies Schulze-Koops darauf hin, dass bei Patienten mit RA vor einer wirksamen therapeutischen Intervention üblicherweise geringere Cholesterin-Ausgangswerte als bei die Normalbevölkerung gemessen werden.7 Daher könne der Anstieg unter der Therapie mit Tofacitinib möglicherweise auch als indirekter Hinweis auf eine effektive Entzündungsreduktion interpretiert werden. Diese Hypothese sollte Gegenstand weiter Untersuchungen sein.
Im Labor wurden außerdem Erhöhungen der Transaminasen sowie ein Abfall der Neutrophilen beobachtet, wobei die auftretenden Neutropenien meist leicht bis moderat waren und keine lebensbedrohlichen Reduktionen der Neutrophilen beobachtet wurden. Die im Studienprogramm von Tofacitinib beobachteten Malignome entsprachen der bei Patienten mit moderater bis schwerer RA bekannten Art und Häufigkeit.6
Zwölf Fälle von Tuberkulose wurden bei 6.921 untersuchten Patientenjahren gemeldet, zehn davon in Ländern mit hoher TB-Inzidenzrate.8 Die Rate war vergleichbar mit der Rate aus Beobachtungsstudien mit TNF-α-Inhibitoren. Dagegen wurde Herpes Zoster unter der Therapie mit Tofacitinib im Vergleich mit publizierten Daten anderer DMARDs häufiger beobachtet.9 Die gemeldeten Fälle waren meist mild bis mittelschwer ausgeprägt und ließen sich mit entsprechender Medikation erfolgreich behandeln. Neben dem Alter stellte die Zugehörigkeit zur asiatischen Bevölkerung den größten Risikofaktor dar.
„Insgesamt weisen die bisher vorliegenden Daten darauf hin, dass Tofacitinib ein ausgewogenes Nutzen-Risiko-Verhältnis besitzt“, schloss Schulze-Koops.
Literatur:
1. Wollenhaupt J et al. Tofacitinib, an Oral Janus Kinase Inhibitor, in the Treatment of
Rheumatoid Arthritis: Open Label, Long-Term Extension Safety and Efficacy Up To
48 Months. ACR 2012: Abstract #1282]
2. Burmester G et al. Short- and Long-Term Efficacy of Tofacitinib, an Oral Janus Kinase Inhibitor, in the Treatment of Patients with Rheumatoid Arthritis and an Inade- quate Response to TNF Inhibitors: Analyses of Pooled Phase 2, Phase 3, and Long- Term Extension Studies ACR 2012: Abstract L#12
3. Fleischmann RM et al. Radiographic, Clinical and Functional Comparison of Tofacit- inib Monotherapy Versus Methotrexate in Methotrexate-Naïve Patients with Rheuma- toid Arthritis. ACR 2012: Abstract #2486
4. van der Heijde D et al. Tofacitinib, an Oral Janus Kinase Inhibitor, in Combination with Methotrexate Reduced the Progression of Structural Damage in Patients with Rheumatoid Arthritis: Year 2 Efficacy and Safety Results From a 24-Month Phase 3
Study ACR 2012: Abstract #1277
5. van der Heijde D et al. Tofacitinib Inhibits Radiographic Progression in Patients with Rheumatoid Arthritis Prone to Develop Structural Damage: a Post-Hoc Analysis of a Phase 3 Trial. ACR 2012: Abstract #
6. Geier J et al. Meta-Analysis of Malignancies, Serious Infections, and Serious Adverse Events with Tofacitinib or Biologic Treatment in Rheumatoid Arthritis Clinical Trials ACR 2012: Abstract #1697
7. Charles-Schoeman C et al. Effects of Tofacitinib on Lipid Profiles and Cholesterol and
Lipoprotein Kinetics in Patients with Rheumatoid Arthritis. ACR 2012: Abstract #1290
8. Winthrop KL, et al. Tuberculosis and Tofacitinib Therapy in Patients with Rheumatoid
Arthritis. ACR 2012: Abstract #1278
9. Herpes Zoster and Tofacitinib Therapy in Patients with Rheumatoid Arthritis. ACR
2012: Abstract #2490
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Quelle: Pressemitteilung
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Holger Pohlen