Neue OARSI-Leitlinien für die nicht-operative Behandlung der Arthrose des Kniegelenks
Die «Osteoarthritis Research Society International (OARSI)» hat eine neue, evidenzbasierte Leitlinie veröffentlicht, die erstmals auf Patienten mit unterschiedlichen Ausprägungen einer Arthrose sowie eventuellen Begleiterkrankungen abgestimmt ist. Mit diesen Empfehlungen soll eine bessere personalisierte Therapie ermöglicht werden.
„...Die Arthrose ist eine Krankheit und nicht nur eine Alterserscheinung“ sagt Dr. Timothy McAlindon, Vorsitzender der Expertenkommission, die die neuen Leitlinie zur nicht-operativen Behandlung der Kniegelenkarthrose entwickelt hat, und leitender Arzt der Rheumatologie des Tufts Medical Center in Boston. „Das langfristige Ziel muss daher ein deutlich individuelleres und personalisiertes Konzept sein.“
Mehr als 600 Millionen Menschen sind weltweit von einer Arthrose - einer Erkrankung mit fortschreitender struktureller Schädigung der Gelenke und der häufigsten Form einer Arthritis des Knies – betroffen.
Die Experten der OARSI berücksichtigten bei der Aktualisierung der Leitlinien von 2010 vier verschiedene Patiententypen: 1) Patienten mit einer Arthrose des Knies als einzige Manifestation, 2) Patienten mit einer Arthrose des Knies und weiteren gesundheitlichen Problemen, wie Diabetes, Bluthochdruck und kardiovaskuläre Erkrankungen, 3) Patienten mit einer Arthrose des Knies und weiteren Gelenken, wie der Hüften, Wirbelsäule oder der Hände und 4) Patienten mit einer Arthrose mehrerer Gelenke sowie weiteren gesundheitlichen Problemen
„Die Arthrose ist der häufigste Grund für eine Gelenkersatzoperation und einer der Hauptgründe für den Besuch beim Arzt“ sagt Dr. Gillian Hawker, OARSI Boardmitglied und Professor für Rheumatologie an der University of Toronto
„Der größte Teil der Patienten mit einer Kniegelenkarthrose hat mindestens eine andere chronische Erkrankung. Diese Patienten werden aber klassischerweise von Therapiestudien ausgeschlossen. Unser Ziel war, diesen Patienten zumindest einige Anhaltspunkte anbieten zu können.“
Bewegung steht an erster Stelle
In den neuen Leitlinien wird ein Packet an Maßnahmen empfohlen, die für alle Patienten geeignet sind (in absteigender Reihenfolge): Bewegungsübungen an Land (z. B. Spazierengehen), Gewichtsmanagement, Krafttraining, Übungen im Wasser, Selbstmanagement und Patientenschulung.
Das Gewichtsmanagement spielt in der Behandlung der Arthrose des Kniegelenks eine besondere Rolle: Zur Besserung der Beschwerden empfiehlt die OARSI, 5% des Körpergewichts innerhalb von 20 Wochen abzunehmen.
Bei Patienten, die ohne andere gesundheitliche Probleme an einer Kniearthrose leiden, werden zusätzlich (biomechanische) Maßnahmen empfohlen, wie Knieorthesen, Cortisoninjektionen in das Gelenk, NSAR zur äußerlichen Anwendung, Gehstöcke, Capsaicin zum Einreiben, NSAR zur Einnahme sowie der verschreibungspflichtige, selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin und das frei erhältliche Paracetamol.
Elektrostimulation, Reizstrom und das Medikament Risedronat – ein Bisphosphonat zur Behandlung der Osteoporose - erachten die Experten der OARSI als nicht geeignet. Außerdem werden auch Glucosamin und Chondroitin zum Zweck des Aufhaltens oder der Verlangsamung des Fortschreitens der Arthrose nicht empfohlen.
„Nicht-medikamentöse Maßnahmen stellen immer noch die zentralen Therapieansätze dar, die als erste bei allen Patienten zum Einsatz kommen sollten“ sagt McAlindon. Sein Kollege bei OARSI Dr. Jeffrey Katz betont, dass Bewegungsübungen wie Spazierengehen mit dem höchsten Nutzen-Risiko-Verhältnis die Liste anführen.
„Obwohl Patienten mit Gelenkproblemen das zunächst vielleicht nicht nachvollziehen können, führt das einfache Spazierengehen als zentrale Maßnahme nach wie vor zu erheblichen Besserung der Beschwerden. Körperliche Bewegung ist zudem auch für die häufigen chronischen Begleiterkrankungen essenziell.“ betont Dr. Katz, Rheumatologe am Brigham and Women’s Hospital in Boston.
In den aktuellen Leitlinien haben die zunehmenden Sicherheitsbedenken bei Paracetamol und bei den Schmerzmitteln aus der Klasse der Opiode zu einer Abwertung der Eignung für Patienten mit Begleiterkrankungen geführt.
Duloxetin, die Balneotherapie mit Mineralbädern und Bewegungsübungen wie Tai Chi sind hingegen aufgrund neuer Daten in der Behandlung der Arthrose des Kniegelenks aufgewertet worden.
Auf der Website der OARSI können die Empfehlungen und Risiko-Nutzen- Bewertungen für jede einzelne Maßnahme eingesehen werden. Wie man die Leitlinie nutzt kann ebenfalls dort abgerufen werden.
„Das Inkrafttreten der neuen Leitlinie macht deutlich, wie sehr auch für Behandlung der Arthrose krankheitsmodifizierende Medikamente (DMARDs) benötigt werden.“ bemerkt Katz. „Das Ziel der empfohlenen Maßnahmen besteht lediglich in einer Reduktion von Schmerzen und weiteren Symptomen. Was fehlt sind Behandlungskonzepte, die - anders als die Gelenkersatztherapie - das Krankheitsgeschehen als solches beeinflussen können.“
Literatur und Link
OARSI guidelines for the non-surgical management of knee osteoarthritis
T.E. McAlindon, R.R. Bannuru, M.C. Sullivan, N.K. Arden, F. Berenbaum,
S.M. Bierma-Zeinstra, G.A. Hawker, Y. Henrotin, D.J. Hunter, H. Kawaguchi,
K. Kwoh, S. Lohmander, F. Rannou, E.M. Roos, M. Underwood
Division of Rheumatology, Tufts Medical Center, Boston, MA, USA
Osteoarthritis and Cartilage, Volume 22, Issue 3 , Pages 363-388, March 2014
Abstract
Nach einer Pressemitteilung der OARSI
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