Neue Daten der Kinderkerndokumentation: Wie bewähren sich Medikamente bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen entzündlichen Gelenkerkrankungen?
Frau Dr. med. Kirsten Minden, Kinderrheumatologin an der Universitäts-Kinderklinik, Charité, Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ), Leiterin der AG Kinder- und Jugendrheumatologie am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin, berichtete während der Vorab-Pressekonferenz anlässlich des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) am Mittwoch, 12. September 2012, über die neuen Daten aus verschiedenen Registern zur Kinderrheumatologie.
In Deutschland wurde in den letzten Jahren ein engmaschiges kinderrheumatologisches Versorgungsnetz geknüpft, das heute etwa 130 zertifizierte Kinder- und Jugend rheumatologen an zirka 100 Einrichtungen einschließt. Diese spezialisierten Pädiater stehen für die Betreuung rheumakranker Kinder und Jugendlicher, unter anderem der etwa 15 000 mit Gelenkrheuma, zur Verfügung.
Die verbesserte Versorgungsstruktur hat dazu beigetragen, dass rheumakranke Kinder heute früher die Spezialbetreuung erreichen. Es dauert nicht mehr acht Monate vom Symptombeginn bis zur kinderrheumatologischen Erstvorstellung wie noch im Jahr 2000, sondern im Median nur noch zwei Monate. Nicht nur das Versorgungsnetz ist dichter geworden, auch die therapeutischen Möglichkeiten haben sich für die kleinen Rheumapatienten erheblich verbessert.
In keinem Jahr zuvor wurden so viele Daten aus kontrollierten klinischen Studien zu Rheumamedikamenten bei Kindern veröffentlicht wie im Jahr 2011. Inzwischen basiert unser Wissen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von krankheitsmodifizierenden Medikamenten bei Gelenkrheuma im Kindesalter beziehungsweise der juvenilen idiopathischen Arthritis auf über 20 derartigen Studien. Das macht deutlich, dass auch die Kinderrheumatologie das Zeitalter der evidenzbasierten Therapie erreicht hat.
Außerdem ist die Kinderrheumatologie im Biologikazeitalter angekommen. Die klinischen Studien trugen zur Zulassung von vier biologischen Medikamenten für die Behandlung von Kindern mit schweren Formen der JIA seit dem Jahr 2000 bei. Das hat die Versorgung der Patienten dramatisch verändert. Mittlerweile erhält jedes dritte, schwer an Rheuma erkrankte Kind, das zuvor ungenügend auf eine Standardtherapie ansprach, ein Biologikum, also ein biotechnologisch hergestelltes Medikament. Das wissen wir aus der bundesweiten Kerndokumentation, in der letztes Jahr etwa 6 000 kinderrheumatologisch betreute Kinder mit Gelenkrheuma erfasst wurden.
Die Biologika haben mit ihrem gezielten Eingriff in den rheumatischen Entzündungsprozess das Gelenkrheuma im Kindesalter behandelbarer gemacht. Seit ihrer Einführung können wir anhand der Kerndokumentation einen kontinuierlichen Rückgang der durchschnittlichen Krankheitsaktivität und Funktionseinschränkungen bei den Patienten beobachten.
Zwar tragen auch die neuen Medikamente nicht zu einer häufigeren Ausheilung der Erkrankung bei, aber dazu, dass die Patienten mit weniger Folgeschäden und mit einer höheren Lebensqualität das Erwachsenenalter erreichen. Es gelingt also zunehmend besser, den jungen Rheumatikern ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen.
Offenbar muss diese hohe Effektivität der neuen Medikamente nicht mit inakzeptablen Risiken eingekauft werden. Die Daten aus den Kinderrheuma-Biologikaregistern BiKeR und JuMBO, die weltweit die meisten rheumakranken Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen beobachten, belegen eine gute Langzeitsicherheit zumindest von Etanercept als am längsten und bislang häufigsten eingesetztem Biologikum in der Kinderrheumatologie.
Diese Register werden mit Sicherheitsdaten aus über 300 Rheuma- einrichtungen bundesweit gefüttert, was die gewachsene enge Kooperation der Rheumatologen widerspiegelt. Die Zukunft wird zeigen, ob die heutige optimistische Sicht hinsichtlich der Therapierisiken langfristig bestätigt beziehungsweise auch auf andere Biologika übertragen werden kann. Hierauf werden das nationale, aber auch das im letzten Jahr etablierte europaweite Kinderrheuma-Biologikaregister Antwort geben.
Quelle:
Vortrag: Dr. med. Kirsten Minden, Kinderrheumatologin an der Universitäts-Kinderklinik, Charité, Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ), Leiterin der AG Kinder- und Jugendrheumatologie am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin,
Vorab-Pressekonferenz anlässlich des 40. Kongresses der Deutschen
Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), 12. September 2012, Berlin
Pressemitteilung
Kathrin Gießelmann / Christina Seddig
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Kongress-Pressestelle
40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
mit der 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie und der 22. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie, 19. bis 22. September 2012, RuhrCongress Bochum
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Das Hauptprogramm steht zum Download bereit