Müssen die Grenzwerte beim Body Mass Index (BMI) für Patienten mit rheumatoider Arthritis neu definiert werden?
Diese Frage haben sich Wissenschaftler aus Großbritannien und Griechenland gestellt und eine Untersuchung an Patienten mit RA, Arthrose (OA) oder gesunden Personen durchgeführt. Es sollte erfasst werden, ob Unterschiede zwischen Patienten mit entzündlichen oder nicht entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und Gesunden hinsichtlich des BMI und der Körperfettmasse bestehen.
Übermäßiges Körperfett ist ein bekannter Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Ca. zwei Drittel aller Patienten mit Myokardinfarkt leiden an Übergewicht. Die Adipositas erhöht das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen (KHK) über unterschiedliche pathophysiologische Vorgänge. Hierzu werden gerechnet die Insulinresistenz, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und Dislipidämie.
Übergewicht oder Fettleibigkeit werden heute mit dem BMI ermittelt. Genauer ist allerdings die Messung des prozentualen Körperfettes. Zu den Methoden, die hier zur Verfügung stehen, gehören die Messung der Dicke einer definierten Hautfalte, hydrostatisches Wiegen und die Bioimpedanzanalyse (BIA).
In der Allgemeinbevölkerung steht ein BMI von <25 kg/m2, 25-30 kg/m2 und >30 kg/m2 für gesunde, übergewichtige und adipöse Personen. Die damit verknüpften KHK-Risiken werden als niedrig, mäßig erhöht und hoch eingeschätzt.
Der BMI ist jedoch nur eine grobe Schätzung des Körperfettes, und seine Validität ist in den letzten Jahren in Frage gestellt worden. Die Schwäche des BMI ist, dass nicht zwischen Körperfett und magerer Körpermasse unterscheidet. Folglich können Personen mit der gleichen Statur und gleicher Größe, aber unterschiedlicher Muskelmasse den gleichen BMI, jedoch einen unterschiedlichen prozentualen Gehalt an Körperfettmasse haben. Das scheint insbesondere auf Personen mit niedrigem BMI zuzutreffen.
Diese Einschränkungen beim BMI erklären möglicherweise die besseren kardiovaskulären Verhältnisse bei übergewichtigen Patienten mit bestehender KHK im Vergleich zu den normalgewichtigen Personen, die mehr Körperfett aufweisen. Obwohl anerkanntermaßen das KHK-Risiko mit steigendem BMI größer wird, können daher die allgemeingültigen Limits für den BMI für einige Populationen irreführend sein.
Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) haben ein größeres KHK-Risiko. Dies beruht höchstwahrscheinlich auf der beschleunigten Entstehung einer Atherosklerose aufgrund der durch die Entzündung bedingten metabolischen Effekte und Gefäßreaktionen.
Nahezu zwei Drittel der RA-Patienten verlieren bedingt durch die Entzündung und eingeschränkte körperliche Bewegung bei gleich bleibendem Gewicht unfreiwillig Muskelmasse und bauen Fettmasse auf.
Auf dieser Basis haben die Autoren die Hypothese aufgestellt, dass RA-Patienten bei einem definierten BMI einen höheren Körperfettgehalt aufweisen als gesunde Personen oder auch Personen, die ebenfalls unter Bewegungseinschränkungen auf Grund einer nicht-entzündlichen Erkrankung, wie der Arthrose leiden. Die Konsequenzen hinsichtlich des KHK-Risikos liegen auf der Hand.
In dieser Untersuchung wurden bei 641 Personen der BMI und der prozentuale Körperfettgehalt mittels BIA bestimmt. 299 Personen (174 RA, 43 OA, 82 gesunde Kontrollen) bildeten das Untersuchungskollektiv und 342 (alle RA) das Validierungskollektiv.
Die Varianzanalyse (ANOVA) lieferte signifikante Unterschiede beim BMI (p<0,05) und der Körperfettmasse (p<0,001) für die Kollektive mit RA oder OA. Die Kovarianzanalyse (ANCOVA) ergab, dass die Unterschiede beim BMI auf das Alter zurück zu führen waren. Alter Geschlecht und Art der Erkrankung standen für die Unterschiede bei der Körperfettmasse. Bei einem definierten BMI wiesen RA-Patienten im Vergleich zu den gesunden Kontrollpersonen eine Reduktion von 1,83 kg/m2 auf. Keine Unterschiede beim BMI gab es hingegen zwischen OA-Patienten und Gesunden.
Die Autoren schließen daher aus ihrer Untersuchung, dass bei RA-Patienten die cut-off Grenzen um 2 kg/m² reduzierte werden sollten: 23 kg/m2 als Grenzwert für Übergewicht und 28 kg/m2 für die Adipositas. Diese Ergebnisse könnten im Zusammenhang mit den kardiovaskulären Begleiterkrankungen von Bedeutung sein.
Kommentar rheuma-online:
Diese Ergebnisse stimmen mit der Untersuchung zur Komorbidität bei RA-Patienten überein, die der Arbeitskreis: Ernährungsmedizin in der Rheumatologie“ der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in fünf rheumatologischen Schwerpunktpraxen durchgeführt hat. Während RA-Patienten mit einem BMI von 24,8±6,7 Kg/m2 keine Begleiterkrankungen hatten, lag der BMI bei Patienten mit Komorbiditäten bei 27,2±6,6 Kg/m2.
Dr. Barbara Missler-Karger
Link zum rheuma-online TV-Beitrag
http://www.rheuma-online.de/tv/play?65c16e82
Link zum Abstract
Redefining overweight and obesity in rheumatoid arthritis patients
Antonios Stavropoulos-Kalinoglou , Giorgos S Metsios, Yiannis Koutedakis, Alan M Nevill, Karen M Douglas, Athanasios Jamurtas, Jet J C S Veldhuijzen van Zanten, Mourad Labib, George D Kitas
Annals of the Rheumatic Diseases 2007;66:1316-1321
http://ard.bmj.com/cgi/content/abstract/66/10/1316