MTX oral oder i.m.? Das ist hier die Frage! Ausführliche Ergebnisse
143 Patienten mit rheumatoider Arthritis mussten von intramuskulärer Darreichungsform auf Tablettengabe umgestellt werden. Dies war eine gute Gelegenheit, die Wirksamkeit der oralen Anwendung von Methotrexat im Vergleich zu den vorherigen Werten zu kontrollieren.
Methotrexat (MTX) ist momentan das am häufigsten verwendete Basismedikament zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Im Vergleich zur Tumor-Therapie werden aber nur sehr niedrige Dosierungen eingesetzt (7,5–25mg/Woche), die als intramuskuläre (i.m.) bzw. subkutane (s.c.) Spritze oder als Tablette verabreicht werden können.
Für die Verwendung der i.m.-Injektion spricht die bessere Verfügbarkeit des Wirkstoffes im Vergleich zur Tablette. Im Vergleich zu einer Infusion sorgt die i.m.-Spritze für langsamere Anflutung des Wirkstoffes und damit verlängerte Wirkdauer.
In den verschiedenen Ländern herrschen unterschiedliche Vorgehensweisen zum Einsatz von MTX, so ist in den USA die orale Darreichungsform die Regel, während in Frankreich der Wirkstoff häufiger i.m. verabreicht wird.
Zwischen Juni und September 2001 war vorübergehend in mehreren europäischen Ländern kein MTX vorrätig, so dass die Patienten, die bisher mit Spritzen behandelt worden waren, auf Tabletten umgestellt werden mussten. Diese Gelegenheit wurde genutzt, um die Wirkung der Umstellung an 143 Patienten rückblickend zu untersuchen. Nachdem nach einiger Zeit die Spritzen wieder erhältlich waren, wurde auch der Wechsel zurück zu dieser Darreichungsform in die Beobachtung einbezogen.
Zunächst wurden 213 Patienten ausgewählt, die an der Studie teilnehmen sollten. Voraussetzungen waren:
Rheumatoide Arthritis
Stabile Dosis des Wirkstoffes MTX
Umstellung auf Tabletten alleine auf Grund des Lieferengpasses für MTX-Spritzen
Die Dosierung des MTX war bei allen Patienten identisch, bisherige Folsäuregaben wurden in gleicher Höhe beibehalten.
Die Ärzte entwickelten einen Multiple-Choice-Fragebogen mit den Antwortmöglichkeiten:
- Verschlimmerung
- Verbesserung
- Keine Änderung
der den Patienten im Januar 2002 zugesandt wurde. Hierin wurden ermittelt:
- Dauer der Morgensteifigkeit
- Gelenkschmerzen
- Gelenkschwellungen
- Verbrauchsmenge von schmerzstillenden Medikamenten
- Einnahmedauer von schmerzstillenden Medikamenten
- Trockenheit der Augen
- Mundtrockenheit
- Übelkeit nach Einnahme von MTX
- Höhe der Transaminasenspiegel
3 Monate nach der Rückumstellung auf die i.m.-Spritze bekamen die betroffenen 47 Patienten denselben Fragebogen, um eine erneute Veränderung der Krankheitssituation registrieren zu können.
76% der angeschriebenen Patienten (162 von 213) schickten den Fragebogen zurück. 19 Patienten hatten wegen regionaler Verfügbarkeit weiter die MTX-Spritze bekommen und fielen daher aus der Beobachtung heraus, so dass letztendlich die Daten von 143 Patienten ausgewertet werden konnten.
Entsprechend des häufigeren Vorkommens der RA bei Frauen waren auch hier 129 der 143 Teilnehmer weiblichen Geschlechts. Das Alter bewegte sich zwischen 21 und 86 Jahren (im Durchschnitt 65 Jahre), ein weiterer Beleg dafür, dass RA nicht generell eine „Alte-Leute-Krankheit“ ist.
Wechsel von Spritze zu Tablette
Beim Wechsel von der Spritze zur Tablette trat bei den meisten Patienten eine Verschlimmerung der Krankheitssymptome auf. Die Trockenheit von Mund und Augen war bei der Tabletteneinnahme kaum verändert, während die Übelkeit, unabhängig von einer Folsäureeinnahme, unter der oralen Therapie zunahm. Ein Anstieg der Transaminasen wurde nur bei wenigen Patienten gemessen. Insgesamt war bei ähnlicher Verträglichkeit die Wirksamkeit der oralen MTX-Therapie deutlich schlechter. Die genaue Werte sind der Tabelle zu entnehmen, da dies übersichtlicher ist, als die Werte im Text aufzuzählen.
Ergebnisse des Wechsels von i.m. zu oraler MTX-Verabreichung (Angabe in Patientenzahl/Prozent)
Erhöhung | Keine Änderung | Erniedrigung | |
Dauer der Morgensteifigkeit | 89/63 | 49/34 | 0 |
Gelenkschmerzen | 102/71 | 41/29 | 0 |
Gelenkschwellungen | 85/59 | 49/34 | 0 |
Schmerzmittelverbrauch (Menge) | 94/66 | 45/31 | 0 |
Schmerzmittelgebrauch (Dauer) | 94/66 | 45/31 | 0 |
Augentrockenheit | 19/14 | 82/57 | 0 |
Mundtrockenheit | 27/19 | 71/50 | 0 |
Übelkeit | 69/48 | 32/22 | 0 |
Transaminasenspiegel | 23/16 | 89/62 | 1 |
Wechsel zurück von Tablette zu Spritze
47 Patienten wurden zurück auf die MTX-Spritze umgestellt, nachdem das Mittel wieder verfügbar war und wurden über eine Dauer von mindestens 3 Monaten beobachtet. Bei den meisten Patienten kam es schnell zu einer Verbesserung der Erkrankungsaktivität, nachdem die Tabletteneinnahme zuvor die Krankheit verschlechtert hatte.
Auch bei diesem Wechsel zurück zur Spritze kam es selten zu Veränderungen bei der Trockenheit von Mund und Augen, während die Übelkeitsgefühle in der Häufigkeit wieder zurück gingen. Die Transaminasen sanken bei 10 Patienten, die unter Tabletteneinnahme höhere Werte hatten, wieder ab, die Mehrzahl zeigte aber keine Veränderung. 23% der Teilnehmer zeigten keine Symptomveränderung beim Wechsel zurück zur Spritze, insgesamt zeigte sich aber eine bessere Kontrolle der Krankheitsaktivität bei i.m. verabreichtem MTX. Zusätzlich war auch noch die Verträglichkeit besser.
Dass sie nicht wieder auf die Spritze umgestellt werden wollten, begründeten 89 der 96 Patienten mit einer höheren Belastung durch diese Behandlungsform. Eine Tablette zu schlucken geht natürlich schneller und einfacher, als eine Spritze zu bekommen oder sich selbst zu setzen.
Bereits in mehreren Studien wurden die verschiedenen Verabreichungsformen von MTX verglichen. Orales MTX wird zwar schnell, aber nur teilweise aufgenommen (etwa 15% weniger als i.m.), wobei es da auch noch zu starken individuellen Schwankungen kommt. Wie viel des Wirkstoffes wirklich “ankommt”, kann bei der Tabletteneinnahme nicht beurteilt werden. Therapieversagen von Methotrexat kann also an zu geringer Aufnahme im Körper liegen und nicht an fehlender Wirksamkeit der Substanz selbst.
Eine im Jahr 2001 veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass es sich bei Therapieversagen von oralem MTX durchaus lohnt, die i.m.-Variante zu probieren. Auf Grund der besseren Verträglichkeit können außerdem höhere Dosierungen eingesetzt werden, die ihrerseits ebenfalls zu einem besseren Therapieerfolg beitragen können.
Als Nachteil dieser Darreichungsform bleiben allerdings die stärkere Belastung für die Patienten durch die regelmäßigen Injektionen sowie die höheren Kosten im Vergleich zur oralen Verabreichung zu beachten.
Literatur
J. Wegrzyn, P. Adeleine und P. Miossec. Better efficacy of methotrexate given by intramuscular injection than orally in patients with rheumatoid arthritis. Annals of the Rheumatic Diseases 2004;63:1232-1234