MTX: Einmal erfolglos, immer erfolglos?
Leider gibt es nicht beliebig viele Basismedikamente zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis und auch die Erfolgsquote der Therapieversuche ist sehr unterschiedlich von Patient zu Patient. Aber was einmal versagt hat, könnte beim nächsten Versuch durchaus helfen.
Dies gilt zumindest für die Substanz Methotrexat (MTX), die zur Zeit am häufigsten zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) eingesetzt wird.
Nachdem die Diagnose „rheumatoide Arthritis“ feststeht, wird der Rheumatologe in Absprache mit dem Patienten ein aus seiner Sicht geeignetes Basismedikament verordnen, um möglichst bald eine Verringerung der Krankheitsaktivität mit Symptomverbesserung und langfristig die Vermeidung von Gelenkschäden zu erreichen. Durch regelmäßige Kontrollen wird beobachtet, ob die Therapie geeignet ist, diese Bedingungen zu erfüllen, oder ob auf ein alternatives Präparat gewechselt werden muss.
Häufig, aber nicht immer, kann durch Kombinationen mehrerer Basismedikamente eine erfolgreichere Therapie als mit Einzelsubstanzen durchgeführt werden. Aber auch nach Einführung der Biologicals bleibt die Anzahl der möglichen Variationen begrenzt, zumal auch nicht jeder Patient für jedes Präparat überhaupt geeignet ist oder es zumindest verträgt. Wenn dann alle Möglichkeiten erschöpft scheinen, ist ein Wiederholungsversuch oft die einzige Möglichkeit, dem Patienten zu helfen.
Diese Therapieoption fand sich aber nach einer Untersuchung von Ärzten aus Österreich und den USA nur für MTX bestätigt und kann nicht auf alle Basismedikamente übertragen werden. Insgesamt 1.490 RA-Patienten wurden in die Studie einbezogen, so dass über die gesamte Studiendauer gesehen 6.470 Patientenjahre beurteilt werden konnten. Für 1.227 Patienten (=82,3%) wurde erstmalig eine Basistherapie verordnet, wobei hier die Krankheitsdauer bei durchschnittlich 3,7 Jahren lag: viel zu lang nach den Erkenntnissen des „window of opportunity“, das eine frühe Behandlung möglichst innerhalb der ersten 4-6 Monate nach Krankheitsausbruch nahe legt.
Genauer betrachtet wurden folgende Fragen:
- Wie viele Patienten haben nach zwischenzeitlicher Anwendung eines anderen Basismedikamentes wieder MTX bekommen?
- Welche anderen Basismedikamente wurden eingesetzt und wie haben die Patienten darauf reagiert?
- Welche Gründe gab es für das Absetzen von MTX?
- Wie reagierten die Patienten auf die erneute Anwendung von MTX?
Die Daten für diese Untersuchung entstammen Routinekontrollen von RA-Patienten in zwei Wiener Krankenhäusern seit 1989. Als Voraussetzung für eine Aufnahme in die Studie galt hier: Die teilnehmenden Patienten befanden sich zumindest im ersten Behandlungszyklus mit einem Basismedikament, nach der Einstellung auf das jeweilige Medikament musste wenigstens eine Kontrolluntersuchung erfolgt sein und die ACR-Kriterien für die Diagnose „RA“ mussten erfüllt sein. Die Patienten waren im Durchschnitt 63 Jahren alt, 80% davon weiblich; die Krankheitsdauer lag im Mittel bei 5 Jahren zum Zeitpunkt des Studienbeginns. Der Rheumafaktor war insgesamt bei 59% der Patienten positiv, wurde aber vermehrt bei jenen gefunden, bei denen eine Wiederholungstherapie notwendig wurde (die also schwerer therapierbar waren).
3.344 Behandlungszyklen mit Basismedikamenten wurden aufgezeichnet. Die durchschnittlich zwei Therapievarianten pro Patient bekommen ein etwas anderes Bild, wenn man berücksichtigt, dass es auch Patienten mit bis zu zwölf verschiedenen Einzel- und Kombinationstherapieversuchen gab. Als Kriterium für die Zuordnung „wiederholte Anwendung eines Basismedikamentes“ musste gelten, dass die Patienten zwischenzeitlich mit mindestens einem weiteren Präparat behandelt worden waren. Vorübergehende Therapiepausen (z.B. auf Grund schlechter Leberwerte) sollten nicht bewertet werden. Als Wiederholungstherapie galt auch nicht der Einsatz eines Basismedikamentes in einer anschließenden Kombinationstherapie.
Erfasst wurden für die jeweiligen Therapiezyklen sowohl für MTX, als auch für die anderen Basismedikamente:
- Dosierung
- Therapiedauer
- Grund für die Beendigung der Therapie
- BSG- und CRP-Werte zu Beginn der Behandlung, nach 3, 6, 9 und 12 Monaten und bei Therapieabbruch als Maß für die Krankheitsaktivität
Die beiden Hauptgründe für einen Therapieabbruch waren keine bzw. zu geringe Wirksamkeit oder Nebenwirkungen. Bei 163 Fällen von Wiederholungstherapien waren zwischen 1 und 7 verschiedenen Basismedikamenten zwischendurch eingesetzt worden. 86 Patienten wurden mit MTX, 77 mit anderen Präparaten behandelt, wobei hauptsächlich Sulfasalazin (z.B. Azulfidine) und Chloroquin (z.B. Resochin) zum Einsatz kamen.
Naturgemäß kam es erst bei fortgeschrittener RA zum erneuten Einsatz eines bereits vorher verwendeten Basismedikamentes, da zwischen beiden Anwendungen ja noch weitere Therapieversuche lagen und auch die Erstbehandlungen nicht allzu frühzeitig statt fanden (s.o.). Bei MTX war der Ersteinsatz meist nicht die erste Basistherapie, sondern vorher waren auch schon andere Medikamente verwendet worden. Der Mittelwert zwischen dem Ende des ersten und Beginn des zweiten Behandlungszyklus lag bei gut 2 Jahren für MTX und knapp drei Jahren für die anderen Präparate. Eine Cortison-Begleittherapie erhielten 42% (MTX) bzw. 49% (andere Basismedikamente) der Patienten.
Immerhin etwa 45% der Patienten, bei denen der MTX-Ersteinsatz unwirksam blieb, zeigten im zweiten Versuch eine positive Reaktion. Dies macht deutlich, dass der zweite Versuch, MTX einzusetzen, durchaus lohnend sein kann. Allerdings wurde beim zweiten Mal die durchschnittliche Maximaldosierung mit 15 mg/Woche deutlich höher gewählt, als die 10 mg/Woche beim Ersteinsatz. Wäre dies direkt beim ersten Mal geschehen, hätte möglicherweise der ein oder andere Patient bereits früher auf die Therapie angesprochen. Für diese Annahme spricht auch die Tatsache, dass besonders bei Patienten mit geringerer Dosierung (<12,5 mg/Woche) im Ersteinsatz die Wiederholungen häufiger erfolgreich waren. MTX war also wahrscheinlich schon das richtige Medikament, nur die Dosierung war nicht hoch genug. Ein zweiter Therapieversuch mit MTX sollte daher möglichst mit einer Dosiserhöhung einhergehen.
Bei Dosierungen von über 17,5 mg/Woche beim Ersteinsatz war dagegen beim zweiten Versuch bei 75% der Patienten ebenfalls kein Erfolg zu erzielen.
Bei den Nebenwirkungen war kein signifikanter (also statistisch bedeutsamer) Unterschied zwischen den Behandlungszyklen zu erkennen, obwohl beim zweiten Durchlauf meist höhere Dosen von MTX gegeben wurden. Allerdings wurden ab 1997 immer häufiger beim Einsatz von MTX zusätzlich Folsäurepräparate verabreicht, womit die Verträglichkeit des Wirkstoffes deutlich verbessert werden konnte. Gerade Patienten, die in beiden Behandlungszyklen Nebenwirkungen zeigten, nahmen erstaunlicherweise die geringsten MTX-Mengen ein. Offensichtlich gibt es eine Untergruppe von Patienten (ca. 25%), die MTX generell nicht vertragen, auch wenn die Dosis sehr niedrig ist.
Literatur
Theresa Kapral, Tanja Stamm, Klaus P Machold, Karin Montag, Josef S Smolen, Daniel Aletaha. Methotrexate in rheumatoid arthritis is frequently effective, even if re-employed after a previous failure. Arthritis Research & Therapy 2006, 8:R46 (24 February 2006)