Millionen Patienten: Warum ist die Behandlung der Arthrose eigentlich so schwierig?
Die Therapie der Arthrose beschränkt sich aktuell im Wesentlichen auf eine Schmerzlinderung und auf den Erhalt der Gelenkbeweglichkeit. Für viele ist dies unverständlich, da doch bei den entzündlich rheumatischen Erkrankungen in den vergangenen Jahren bahnbrechende Fortschritte in der Therapie erzielt werden konnten. Die Arthrose ist daher einer der Schwerpunkte des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) auf dem mehr als 2000 Rheumatologen, Orthopäden und Kinderrheumatologen bis zum 18. September neue wissenschaftliche Erkenntnisse diskutieren.
Im Zentrum der Arthrose steht die Schädigung des Gelenkknorpels. Diese Schäden werden mit zunehmendem Alter häufiger beobachtet, sodass man den Eindruck haben könnte, es handele sich um eine „Verschleißkrankheit“.
Dieses ist aber nicht richtig, wenn man damit die Vorstellung einer mechanischen Abnutzung oder eines Abriebs verbindet. Die Ursachen der Arthrose sind vielfältig. Die Schädigung des Gelenkknorpels mit allen Sekundärphänomenen ist die gemeinsame Endstrecke ganz unterschiedlicher Auslöser.
Entzündungen der Gelenkinnenhaut, zum Beispiel bei der rheumatoiden Arthritis, Infektionen des Gelenks, Unfallfolgen, Stoffwechselstörungen usw. können verantwortlich sein für die primäre Noxe. Dabei spielt auch die genetisch fixierte Belastbarkeit des Gelenkknorpels (Texturqualität) eine Rolle, die ein Missverhältnis zwischen individueller Belastung und Belastbarkeit begründet. Ist der Knorpel erst einmal geschädigt, erscheint über Jahre die Entwicklung des Vollbilds einer Arthrose unvermeidbar.
Auf diesem Hintergrund sind die Schädigungswege des Knorpels erkennbar, therapeutische Möglichkeiten zur Reparatur oder Wiederherstellung bestehen aber allenfalls in Ansätzen. Die Fähigkeit, sich nach einer Schädigung zu regenerieren, wie man es zum Beispiel beim Knochen oder bei der Haut kennt, besitzt der Knorpel im Erwachsenenalter nicht.
Medikamente, die den Knorpel zur Regeneration und Reparatur anregen, sind nicht bekannt. Allenfalls kann man davon sprechen, dass Medikamente den Progress des Knorpelschadens verzögern, obwohl auch dieses nicht sicher belegt ist.
Es zeigt sich hier eine große Diskrepanz zwischen den medikamentösen Therapiemöglichkeiten bei entzündlichen Gelenkkrankheiten und bei der Arthrose.
Der langjährige Verlauf von der primären Noxe bis zur Ausbildung einer Arthrose verunmöglicht eine Frühdiagnostik, wie sie bei den entzündlichen Gelenk-krankheiten für einen therapeutischen Einsatz genutzt wird.
Die bildgebenden Verfahren sind aktuell noch nicht dazu geeignet, Frühschädigungen des Gelenkknorpels zu entdecken. Die Erfolge der Knorpelgewebetransplantation und der Knorpelzelltransplantation sind vielversprechend. Eine Wiederherstellung von Knorpelgewebe der ursprünglichen Gewebequalität gelingt aber nicht. Diese Therapieansätze sind beschränkt auf umschriebene Knorpelschäden, wie sie zum Beispiel als Unfallfolge auftreten können.
Die Therapie der Arthrose muss sich aktuell deshalb im Wesentlichen auf eine Schmerzlinderung und auf den Erhalt der Gelenkbeweglichkeit beschränken. In fortgeschrittenen Stadien ist dann die Implantation eines Kunstgelenks die einzige verbleibende Therapieoption.
Quelle:
Vortrag Professor Dr. med. Wolfgang Rüther, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) 2009/2010, Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und der Klinik für Orthopädie des Klinikums Bad Bramstedt.
Vorab-Pressekonferenz anlässlich des 38. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Donnerstag, 9. September 2010, Hamburg