Mehr vom ACR 2006 – TNF-alpha-Blocker, Langzeitdaten zu Sicherheit und Verträglichkeit
Viele Patienten haben die Sorge, daß eine medikamentöse Dauertherapie zu langfristigen Nebenwirkungen führen könnte. Für die TNF-alpha-Blocker liegen nun weitere Daten zur Therapiesicherheit vor. Die wichtigste Erkenntnis: TNF-alpha-Blocker führen zu einer Verringerung der krankheitsbedingten Sterblichkeit.
Dass TNF-alpha-Blocker wirken, steht außer Frage, aber wie sehen die Langzeiterfolge nicht nur hinsichtlich der Wirksamkeit, sondern auch hinsichtlich der Sicherheit und Verträglichkeit aus? Auch hier wurden auf dem ACR spannende neue Ergebnisse aufgezeigt.
Die wichtigste Erkenntnis: TNF-alpha-Blocker führen nach den Ergebnissen dieser Studien zu einer Verringerung der krankheitsbedingten Sterblichkeit. Dies hängt insbesondere mit einer Reduktion der Todesfälle in der Folge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und speziell von Herzinfarkten zusammen.
Immer mehr lernen wir, daß rheumatische Erkrankungen nicht nur das Bewegungssystem betreffen. Die chronische Entzündung führt auch zu einer verstärkten Arteriosklerose und den damit verbundenen Komplikationen.
Eine wirksame Hemmung der Entzündungsaktivität durch TNF-alpha-Blocker reduziert dieses Risiko und führt nach den Ergebnissen von zwei Untersuchungen aus Schweden und aus Großbritannien zu einer Senkung der kardiovaskulären Mortalität.
Die schwedischen Forscher aus Malmö und Lund entnahmen die Daten aus einem südschwedischen Register, in dem 90% aller Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), bei denen seit 1999 eine Behandlung mit TNF-Blockern begonnen worden war, und einer lokalen, 1997 begonnenen Kohorte von RA-Patienten.
Von den insgesamt 1534 Patienten (1144 Frauen, 390 Männer) wurden 949 (731 Frauen und 218 Männer) während der Untersuchungsperiode mit Etanercept, Infliximab oder Adalimumab behandelt. Als Vergleichskollektiv diente das nationale Register für Todesursachen und stationär behandelte Patienten bis einschließlich 31. Dezember 2004. Bestehende Komorbiditäten wurden definiert als Krankenhauseinweisung vor Untersuchungsbeginn wegen kardiovaskulärer Erkrankungen, chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen und Diabetes. Die Mortalität bei den TNF- vs. TNF-unbehandelten Patienten wurde statistisch nach Adjustierung hinsichtlich des Alters, Geschlechts, Markern für den Schweregrad der Erkrankung und den bestehenden Begleiterkrankungen berechnet.
Von den TNF-behandelten Patienten verstarben 66 Patienten bezogen auf 3258 Risiko-Patientenjahren. Bei den TNF-unbehandelten Patienten verstarben 190 Patienten bezogen auf 4312 Risiko-Patientenjahren. Bei den Patienten unter 80 betrug das adjustierte Risiko 0,65 für die TNF-behandelten vs. –unbehandelte Patienten. In dieser Altersgruppe war die Mortalität besonders bei den Frauen signifikant reduziert, nicht jedoch bei den Männern.
Die verbesserte Überlebenszeit der TNF-behandelten Patienten konnte teilweise durch tendenziell weniger kardiovaskuläre Todesfälle erklärt werden. Im Gegensatz hierzu wurde eine tendenziell erhöhte, geschlechtsunabhängige Mortalität bei den über 80 Jahre alten mit TNF-Blockern behandelten Patienten gesehen.
Die Autoren beobachteten in ihrer Untersuchung, dass die Behandlung mit TNF-Blockern mit einer reduzierten Mortalität bei den unter 80 Jahre alten Patienten assoziiert war, die hauptsächlich auf eine reduzierte Sterblichkeit durch kardiovaskuläre Erkrankungen zurückzuführen war. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der maßgeblichen Rolle, die die Entzündung für die gesteigerte Mortalität bei RA-Patienten wohl spielt. Eine aggressive, anti-entzündliche Therapie schien in dieser Untersuchung einen positiven Effekt zu haben. Bei den über 80 Jahre alten Patienten in dieser Untersuchung schien die Behandlung mit TNF-Blockern aber auch die Mortalität zu erhöhen.
Für die Studie aus Großbritannien wurden Daten aus dem BSRBR (British Society for Rheumatology Biologics Register) herangezogen. Die Forscher aus Manchester untersuchten, inwieweit die Therapie mit TNF-Blockern das mit der RA assoziiert Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen modifizieren kann. 3782 Etanercept, 2812 Infliximab and 1479 Adalimumab Patienten wurden mit einer Kohorte von 1807 RA-Patienten verglichen, die mit traditionellen DMARDs behandelt wurden. Kardiovaskuläre Ereignisse, die vor März 2006 aufgetreten waren, wurden über Fragebögen und Tagebücher abgefragt. In die Statistik, die auf 1000 Patientenjahre kalkuliert war, wurden nur Myokardinfarkte (MI) und Schlaganfälle (CVA) einbezogen, die zu einer stationären Aufnahme geführt hatten. Der Einfluss des Ansprechens nach den EULAR Kriterien wurde untersucht.
Bei den mit TNF-Blockern behandelten Patienten traten 5,4 MI bzw. 3,9 CVA, bei den mit DMARDs behandelten Patienten 7,2 MI bzw. 5,7 CVA auf. Die mit DMARDs behandelten Patienten waren jedoch älter, weniger schwer und kürzer an der RA erkrankt und hatten mehr Begleiterkrankungen. Nach Adjustierung der Daten betrugen die Quotienten für das Auftreten der einzelnen Ereignisse (IRR) zwischen den Gruppen 1,2 für den Myokardinfarkt und 0,51 für cerebrovaskuläre Ereignisse. Nach Reduktion der Beobachtungszeit auf 6 Monate, lag der IRR für den MI bei 0,61 und für den CVA bei 0,67(siehe Tabelle Originalabstract). Bei weiterer Restriktion auf Patienten mit guter oder moderater EULAR Response betrug der Quotient für das Auftreten des Myokardinfarktes zwischen den Gruppen 0,28.
Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass die kurzfristige Therapie mit TNF-Blockern das Risiko für einen Myokardinfarkt nicht erhöht, und dass das Risiko für cerebrovaskuläre Ereignisse gesenkt werden kann. Der ungleiche Einfluss der anti-TNF-Therapie auf das Auftreten von Myokardinfarkten und Schlaganfällen reflektiert möglicherweise die unterschiedliche Rolle von TNF-alpha in der Pathophysiologie dieser Erkrankungen.