Mehr Sicherheit statt Marketing - Pharmafirmen beobachten Anwendung ihrer Medikamente
Ob Studien mit bereits zugelassenen Arzneimitteln sinnvoll sind, die Qualität medikamentöser Therapien erhöhen oder ob sie vor allem dem Pharma-Marketing Vorschub leisten, diskutierten Wissenschaftler und Vertreter aus Gesundheitswesen und Industrie auf dem Frühjahrssymposium der Korporativen Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM).
In nicht interventionellen Studien (NIS) – das sind praxisorientierte Studien mit Medikamenten, die bereits zugelassen sind – prüfen Arzneimittelhersteller, wie alltagstauglich ihre Medikamente sind: Ein Arzt behandelt seine Patienten gemäß Diagnose mit einem bestimmten Präparat. Die anonymisierten Ergebnisse übermittelt er dem Hersteller. Dieser wertet die Daten aus und vergütet dem Arzt seine Mitarbeit.
„Im Sinne eines Praxistests kann dies Informationen über Arzneimittel liefern, die über die Erkenntnisse aus klinischen Studien hinausgehen“, sagt Dr. med. Franz-Josef Wingen, Sprecher der Korporativen Mitglieder der DGIM aus Leverkusen.
Häufig ergeben sich daraus ergänzende Hinweise auf Probleme bei der Anwendung, Nebenwirkungen und zur Akzeptanz der Patienten. Auch die Bundesärztekammer (BÄK) sähe darin eine Chance für sicherere Medikamente. Der deutsche Ethikrat setzt sich zudem für mehr Studien unter reellen Bedingungen ein, um diese für die Versorgungsforschung zu nutzen.
Kritiker halten dem entgegen, dass die NIS in erster Linie zur Verordnung teurerer Medikamente führen. Zudem beeinflusse das Honorar die Ärzte in ihrer Entscheidung, ein Präparat zu verordnen. „Um dies zu vermeiden, ist die Durchführung nicht interventioneller Studien umfassend gesetzlich geregelt“, sagt Dr. Wingen, Leiter Medizin/Pharma der Bayer Vital GmbH.
Beispielsweise unterliegen beteiligte Ärzte einer verschärften Wirtschaftlichkeitsprüfung. Patienten müssen einer Teilnahme zuvor schriftlich zustimmen. Für mehr Transparenz sind Firmen zu abschließenden Berichten verpflichtet. Darüber hinaus gehende Regelungen sind auf europäischer Ebene beschlossen und bis 2012 in nationales Recht umzusetzen.
Um die Qualität von Anwendungsbeobachtungen sicherzustellen, verpflichten sich in Deutschland Firmen im Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa), ihre Studien zu registrieren. Sie benennen Ziel und Dauer der Studie, beteiligte Studienzentren, Patienten und Studienleiter. In vfa-Registern sind seit dem Jahr 2007 insgesamt 435 Anwendungsbeobachtungen für Medikamente registriert.
Das Für und Wider von Anwendungsstudien, deren Qualität und rechtliche Grundlagen waren Thema des Frühjahrssymposiums der Korporativen Mitglieder der DGIM. Das Symposium fand unter dem Titel „Vom Pharma-Marketing zur Anwendungssicherheit“ am Dienstag, dem 3. Mai 2011 in den Rhein-Main-Hallen in Wiesbaden statt. Im Anschluss daran fassten die Experten die Ergebnisse in einer Pressekonferenz zusammen.
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)