M. Bechterew – Kontinuierliche Therapie mit NSAR bessert nicht nur Symptome
Das Ergebnis einer multinationalen Studie scheint eindeutig: Wenn Patienten mit Morbus Bechterew nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) benötigen, sollte die Einnahme durchgängig erfolgen und nicht nur dann, wenn die Symptome (Schmerz, Steifheit) ohne Therapie zu stark werden.
Die Auswertung der Studie ergab ein verlangsamtes Fortschreiten der Ankylosierenden Spondylitis (AS; = M.Bechterew) bei Patienten, die den Wirkstoff Celecoxib (z.B. Celebrex) ständig einnahmen. Patienten, die nur bei starken Symptomen zu dem Mittel griffen, zeigten diese Verlangsamung nicht.
Auch wenn diese Ergebnisse noch überprüft werden müssen, sind die Forscher unter der Leitung von Dr. Astrid Wanders (Universitätsklinik Maastricht, Niederlande) zuversichtlich über neue Therapiechancen für AS-Patienten. Bei Patienten ohne Erkrankungssymptome (asymptomatische AS) konnte diese Therapieoption allerdings (noch) nicht bestätigt werden.
215 Patienten mit AS nahmen an der offenen Studie teil, nachdem sie bereits in einer vorhergehenden 6-wöchigen klinischen Studie mit Celecoxib (z.B. Celebrex), Ketoprofen z.B. Orudis) oder Placebo behandelt worden waren. Jetzt wurde nur noch Celecoxib eingesetzt und zwar entweder durchgängig (111 Patienten) oder nach Bedarf (104 Patienten); die Beobachtungsdauer betrug 2 Jahre.
Die Startdosis für beide Gruppen betrug 2x täglich 100 mg, eine Steigerung bis auf 2x täglich 200 mg war erlaubt. Wenn sich Celecoxib als nicht wirksam genug herausstellte, durften die Patienten das NSAR auch wechseln, sollten sich aber weiterhin an die Einnahmestrategie halten: entweder ständige Einnahme oder nur bei Bedarf.
Die durchschnittliche Celecoxib-Tagesdosis betrug bei den dauerhaften Verwendern 243 mg/Tag und bei den Bedarfs-Anwendern 201 mg/Tag.
Kontrollen wurden zunächst nach dem ersten Behandlungsmonat und dann alle 3 Monate bis zum Studienende nach 24 Monaten durchgeführt. Röntgenkontrollen der Wirbelsäule gab es zu Beginn und zum Ende der Beobachtung.
Den kompletten Röntgenstatus (Vorher-Nachher-Zustand) gab es von 76 der 111 Patienten mit kontinuierlicher Einnahme und von 74 der 104 Patienten mit Dosierung bei Bedarf.
Zur Bewertung der Bilder (durch einen "blinden" Arzt, der die Medikation nicht kannte) wurde der modifizierte "Stoke Ankylosing Spondylitis Spine Score" (= SASSS; jeder Wirbel wird einzeln bewertet, Werte zwischen 0 und 72 sind hier möglich) eingesetzt, wobei nur 22% der Dauergruppe, dagegen aber 45 % der Bedarfsgruppe überhaupt ein Fortschreiten im SASSS zeigten. Der Mittelwert der Erhöhung des SASSS lag bei 0,4 Punkten in der Dauergruppe gegenüber 1,5 Punkten in der Bedarfsgruppe.
Abgesehen von diesem Unterschied zeigten beide Gruppen vergleichbare Symptome und die Krankheitsaktivität wurde von den Ärzten als „stabil während der gesamten Beobachtungsdauer“ bezeichnet, wobei es zwischen dem Beginn der Behandlung und der ersten Kontrolluntersuchung zu einer Verminderung des Schmerzempfindens kam.
Trotz der insgesamt höheren durchschnittlichen Tagesdosis an Celecoxib bei der Dauergruppe wurde keine signifikant höhere Rate an Nebenwirkungen durch die Substanz festgestellt.
Wenn die NSAR tatsächlich krankheitskontrollierende Effekte auf die AS entwickeln können, stellt sich, so Wanders, die Frage, warum dieser Effekt nicht eher festgestellt wurde. Dies sei ein Beweis dafür, „dass man nicht sieht, was man nicht sucht“. Die Suche nach Literatur zum Thema habe jedenfalls nur eine einzige Studie zu Tage gebracht.
Wenn in Zukunft weitere Studien zu Behandlungsmöglichkeiten der AS konzipiert werden, muss dabei nach Mitautor Dr. Michael M Ward (National Institute of Arthritis and Musculoskeletal and Skin Diseases, NIH, Bethesda, MD) die Rolle der NSAR genauer berücksichtigt werden. Die dauerhafte Einnahme dieser Medikamente könnte auch das Wirkungspotential anderer Präparate beeinflussen und damit insgesamt neue Möglichkeiten eröffnen.
Da die Studienergebnisse nicht den bisherigen Annahmen über die Rolle der NSAR bei der Behandlung der AS entsprochen haben, ist es nach Ward umso wichtiger, weitere Studien zu diesem Thema auf den Weg zu bringen. So wäre es aus seiner Sicht unverzichtbar, genauere Daten auch über andere NSAR als Celecoxib zu erhalten oder auch eine Kombinationsbehandlung mit mehreren NSAR zu testen. Bis dahin sei es aber trotz der viel versprechenden Ergebnisse verfrüht, von einer krankheitsmodifizierenden Wirkung bei Dauerbehandlung mit NSAR auszugehen.
Literatur
Wanders A, van der Heijde D, Landewe R, et al. Nonsteroidal anti-inflammatory drugs reduce radiographic progression in patients with ankylosing spondylitis. A randomized clinical trial. Arthritis Rheum 2005; 52:1756-1765.
Ward MM. Prospects for disease modification in ankylosing spondylitis: Do nonsteroidal anti-inflammatory drugs do more than treat symptoms? Arthritis Rheum 2005; 52:1634-1636.