Lokaltherapie mit Anakinra – ein neuer Therapieansatz bei Sjögren-Syndrom mit starker Augentrockenheit?
Stündliches Tropfen mit Tränenersatzflüssigkeit und trotzdem unerträglich trockene Augen: Es gibt Sjögren-Patienten, denen die Sicca-Symptomatik das Leben zu einer einzigen Qual macht. Ein neuer Therapieansatz kann ihnen vielleicht helfen. Amerikanische Augenärzte sind auf die Idee gekommen, den Interleukin-1-Blocker Anakinra in Form von Augentropfen örtlich anzuwenden, und haben damit erstaunliche Erfolge erzielt.
Ausgangspunkt war die Beobachtung, daß sich bei Patienten mit Sicca-Symptomatik, d.h. einem gestörten Tränenfilm und infolgedessen zu trockenen Augen, in der Tränenflüssigkeit erhöhte Konzentrationen von Interleukin-1 fanden. Interleukin-1 ist ein körpereigener Botenstoff (ein sogenanntes Zytokin), das in die Gruppe der pro-inflammatorischen, entzündungsauslösenden und entzündungsverstärkenden Zytokine gehört und das u.a. bei der Entstehung und dem Fortschreiten der rheumatoiden Arthritis eine Rolle spielt.
Francesco Amparo und seine augenärztlichen Kollegen von der Harvard Medical School in Boston behandelten 75 Patienten, bei denen die Tränendrüsen nicht ausreichend arbeiteten und die in der Folge unter einer schweren, nicht zu therapierenden Augentrockenheit (Xerophthalmie) litten. Dazu wurde der Interleukin-1-Blocker Anakinra in Form von Augentropfen eingesetzt, wobei sie zwei unterschiedliche Wirkstärken (2,5% und 5%) verwendeten und gegen Placebo (d.h. ein unwirksames Scheinmedikament) testeten. Die Augen wurden über einen Zeitraum von 12 Wochen dreimal täglich mit diesen Augentropfen behandelt. Nach diesem Zeitraum hatte sich unter den 2,5%-Anakinra-Augentropfen der Tränenfilm bei 29% der Patienten normalisiert, unter Placebo dagegen nur bei 7%. Parallel ging damit eine Linderung der Sicca-Symptomatik von 30 bzw. 35% einher (für die 2.5- und 5%-Wirkstärke), während dieser Effekt bei Placebo nur 5% betrug.
Kommentar von rheuma-online:
Ein Problem der Studie ist das Ergebnis, daß die Besserung des sogenannten CSF-Scores (corneal fluorescein staining score, einem Maß für die Verbesserung des Tränenfilms) nur unter den 2,5%-Anakinra-Augentropfen zu sehen war, nicht jedoch bzw. nur auf Placebo-Niveau unter den 5%-Tropfen. Diese Beobachtung irritiert insofern, als üblicherweise bei höheren Dosierungen auch höhere Effekte auftreten sollten. Die Ergebnisse der Boston-Forscher müssen damit in weiteren Studien geprüft werden, bevor zu große Hoffnungen geschürt werden. Die Idee als solche und dieser therapeutische Ansatz verdienen aber unseres Erachtens weiter verfolgt zu werden.
Referenzen:
Francisco Amparo, MD, MSc; Mohammad H. Dastjerdi, MD; Andre Okanobo, MD; et al.: Topical Interleukin 1 Receptor Antagonist for Treatment of Dry Eye Disease: A Randomized Clinical Trial. JAMA Ophthalmol. 2013;131(6):715-723 Abstract