Koalitionsstreit über Praxisgebühr
Bereits seit einiger Zeit fordert Gesundheitsminister Daniel Bahr die Abschaffung der Praxisgebühr. Seine Begründung: Mit den erwirtschafteten Überschüssen seinen die Krankenkassen finanziell gut aufgestellt. Zudem würde die Abschaffung der Gebühr auch zu einem Bürokratie-Abbau in den Praxen führen. Bisher traf dieser Vorschlag bei Bundeskanzlerin Angela Merkel auf wenig Gegenliebe. Nach den jüngsten Berechnungen des Schätzerkreises für das Gesundheitswesen könnte sie ihre Meinung jedoch ändern.
Bei seiner Sitzung stellte der GKV-Schätzerkreis – bestehend aus Experten des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesversicherungsamtes und des GKV-Spitzenverbandes – eine Prognose der Einnahmen und Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung für die Jahre 2012 und 2013 auf.
Die Einnahmen des Gesundheitsfonds haben sich im laufenden Jahr – insbesondere aufgrund der im Jahresverlauf positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt und bei den pro-Kopf-Löhnen –bislang dynamisch entwickelt. Sie werden auf 188,7 Milliarden Euro geschätzt. Die geschätzten Ausgaben der Krankenkassen betragen 181,6 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Zunahme um 3,5 Prozent je Versicherten.
Nach Bekanntgabe dieser Schätzung erklärte Merkel die Abschaffung der Praxisgebühr zu prüfen und löste somit einen koalitionsinternen Streit aus. Johannes Singhammer (CSU) forderte eine Senkung des Beitragssatzes.
Er reagierte damit auf eine Äußerung von Bayerns Finanzminister Markus Söder, der sich in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau für die Abschaffung der Praxisgebühr ausgesprochen hatte.
Die stellvertretende Pressesprecherin des GKV-Spitzenverbandes, Ann Marini, warnte vor einer übereilten Abschaffung der Gebühr: "Die Praxisgebühr ist als Steuerungs- und Finanzierungsinstrument von der Politik eingeführt worden. Wenn man sie abschafft, muss auch geklärt werden, woher die dann fehlenden rund zwei Milliarden Euro kommen sollen. Denn die momentan konjunkturbedingte gute Finanzsituation der Krankenversicherung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor strukturelle Probleme gibt: Die Ausgaben steigen schneller als die Einnahmen. Ein Blick auf die Halbjahreszahlen und die wachsenden Ausgaben für Arzneimittel, Krankenhäuser und Ärzte bestätigt das".
Je Versicherten gab es im 1. Halbjahr 2012 einen Ausgabenzuwachs von 3,1 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen um 3,2 Prozent je Versicherten. Der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds wird im kommenden Jahr gekürzt und die wirtschaftliche Situation im Euro-Raum ist nicht ohne Risiken.
Mit Pressematerial vom Bundesversicherungsamt und GKV-Spitzenverband
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