Klinische Forscher empfehlen Therapiepause von TNF-alpha-Blockern vor einem operativen Eingriff, um das Infektionsrisiko zu reduzieren
Die Therapie mit TNF-alpha-Blockern scheint das Risiko für postoperative Infektionen den Wochen unmittelbar nach einem orthopädischen Eingriff zu erhöhen.
Die Therapie mit TNF-alpha-Blockern scheint das Risiko für postoperative Infektionen den Wochen unmittelbar nach einem orthopädischen Eingriff zu erhöhen. Deshalb sollten sie rechtzeitig vor einem geplanten orthopädischen operativen Eingriff abgesetzt werden, damit sie vor der Operation aus dem Körper ausgeschieden werden, und die Therapie sollte erst frühestens 2 Wochen nach Operation wieder aufgenommen werden. Zu dieser Empfehlung kommen Dr. Jon T. Giles von der Johns Hopkins University in Baltimore, MD auf der Basis einer retrospektiven Studie, in der die Krankengeschichten von 546 aufeinanderfolgenden Patienten ausgewertet wurden. Die Patienten erfüllten alle die diagnostischen Kriterien für eine rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis) und wurden im Zeitraum vom 1. Januar 1999 und 15. März 2004 im Johns Hopkins Hospital behandelt. Bei 91 dieser Patienten erfolgte im Studienzeitraum ein chirurgischer Eingriff im Bereich des Bewegungssystems (Knochen oder Gelenke).
Ausgewertet wurden die Daten zu der medikamentösen Therapie mit einer speziellen Berücksichtigung einer Therapie mit TNF-alpha-blockierenden Medikamenten, Begleiterkrankungen, die Rate an dokumentierten, unmittelbar postoperativ aufgetretenen tiefen Infektionen. Daneben wurde festhalten, ob in den Krankenunterlagen dokumentiert war, wie und wie lange die Therapie mit TNF-alpha-Blockern um die Operation herum unterbrochen werden sollte.
Dabei zeigte sich, daß nicht in jedem Fall nachzuvollziehen war, ob diese Anweisung auch exakt befolgt worden war. Ebenso konnte in dieser retrospektiven Analyse nicht sicher festgestellt werden, ob der vorgeschlagene Zeitpunkt für die Pause mit der TNF-alpha-Blocker-Medikation eingehalten worden war. Insofern sind die Ergebnisse mit dem grundsätzlichen Problem jeder retrospektiven Studie behaftet, nämlich der Frage der Qualität der erhobenen Daten.
Berücksichtigt man diese Einschränkung, kommt man zu folgendem Ergebnis:
Von den 91 operierten Patienten wurden 35 (39%) mit einem TNF-alpha-Blocker behandelt. Die meisten (28 Patienten) erhielten Etanercept (Enbrel), 6 bekamen Infliximab (Remicade), ein Patient wurde mit Adalimumab (Humira) behandelt. 39 Patienten (43%) erhielten Cortion (Prednison).
Als frühe tiefe postoperative Infektion wurde eine septische Arthritis (d.h. eine bakterielle Gelenkinfektion), eine Osteomyelitis (d.h. eine Infektion des Knochens und des Knochenmarkraums) oder eine andere tiefe Wundinfektion definiert, die innerhalb der ersten 30 Tage nach der Operation in einem Bereich auftrat, der von der Operation erfasst wurde.
10 dieser 91 Patienten (11%) entwickelten in der frühen postoperativen Phase eine tiefe Infektion (4 Patienten eine Osteomyelitis, 4 eine septische Arthritis, 2 einen Abszeß neben der Wirbelsäule (paraspinaler Abszeß)).
Dabei zeigten sich eindeutige Unterschiede zwischen Patienten mit oder ohne TNF-alpha-Therapie. 7 von 35 Patienten unter einer TNF-alpha-Therapie entwickelten ein wie oben definierte Infektionskomplikation (20%) gegenüber nur 3 von 56 Patienten (5%) ohne eine TNF-alpha-Behandlung (OR 4,5, p=0.029, die Unterschiede sind damit statistisch signifikant).
Dr. Joan M Bathon von der Johns Hopkins University, Senior-Investigator der Studie, berichtete, daß es am Johns Hopkins Hospital die derzeitige Empfehlung gibt, die Therapie mit einem TNF-alpha-Blocker vor einem geplanten orthopädischen Eingriff für einen Zeitraum zu unterbrechen, der der einfachen bis zweifachen Halbwertszeit der verwendeten Substanzen entspricht. Danach wird die Therapie mit Etanercept (Enbrel) 2 Wochen vor der Operation pausiert, mit Adalimumab (Humira) einen Monat vor der Operation, und die Therapie mit Infliximab (Remicade) 8 Wochen vor der Operation.
Literatur:
Giles JT, Gelber AC, Nanda S, et al. TNF inhibitor therapy increases the risk of post-operative orthopedic infection in patients with rheumatoid arthritis [RA]. American College of Rheumatology 2004 meeting, San Antonio Oct 16-21, 2004; Abstract 1764.