Internisten fordern bessere Medizin für chronisch kranke junge Erwachsene
Jährlich werden rund 100 000 chronisch kranke Jugendliche in Deutschland volljährig. Während nur eine Generation früher die meisten Kinder vorher starben, erreichen heute 85 Prozent der chronisch kranken jungen Menschen das Erwachsenenalter. Für deren weitere medizinische Versorgung müssen in Deutschland noch wesentlich effektivere Strukturen geschaffen werden,
sagt der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) Professor Dr. med. Hendrik Lehnert, Lübeck. Medizin für Menschen in Übergangsphasen ist deshalb eines der Themen des 117. Internistenkongresses vom 30. April bis 3. Mai 2011 in Wiesbaden.
Chronische Erkrankungen sind keine Frage des Alters: Kinderärzte behandeln in ihrer Praxis nicht selten Kinder und Jugendliche mit Diabetes, einem Herzfehler oder Rheuma.
Reifen die Patienten heran, verändert dies die Schwerpunkte der Behandlung. „Plötzlich gewinnen Themen wie ein Kinderwunsch, Schwangerschaft oder die Vereinbarkeit der Erkrankung mit Ausbildung und Beruf an Bedeutung“, sagt Professor Lehnert.
Für diese sogenannte Transitionsphase bestünden derzeit erhebliche Mängel in der medizinischen Versorgung. „Die jungen Erwachsenen haben häufig Schwierigkeiten, einen geeigneten Arzt zu finden“, so Lehnert, der Präsident des 117. Internistenkongress ist.
Dies bedeute mitunter auch einen Bruch in einer seit dem Kindesalter konsequent angewendeten Therapie. Dadurch verschlechtert sich nicht nur die gesundheitliche Situation der Patienten, diese fühlen sich oft auch alleingelassen und hilflos.
Einen weiteren wichtigen Aspekt sieht die DGIM außerdem darin, dass die Erwachsenenmedizin in der Behandlung einiger Erkrankungen über einen Wissensvorsprung verfügt. Dies gilt etwa für Diabetes mellitus Typ 2, woran zunehmend auch Jugendliche erkranken. Mit Erreichen des 18. Lebensjahrs empfehlen Ärzte daher den Übergang zu einem Erwachsenenmediziner.
Eine Lösung stellen laut DGIM strukturierte Betreuungsprogramme für chronisch kranke Heranwachsende dar. „Diese könnten die Kooperation und den Informationsaustausch zwischen Pädiater und Erwachsenenmediziner verbessern und dem Patienten lückenlose Unterstützung ermöglichen“, beschreibt Professor Lehnert.
Auch müssten mehr Krankenhäuser gemeinsame Übergangssprechstunden einführen, so wie sie an wenigen Universitätskliniken bereits stattfinden. „Ideal wäre die Schaffung eines interdisziplinären Transitionszentrums für bestimmte Krankheitsbilder, gemeinsam geleitet von Pädiatrie und Erwachsenenmedizin“, sagt Internist Lehnert. Eine dringliche Aufgabe auch der DGIM sei es jetzt, sinnvolle Strukturen für einen geordneten Übergang zu schaffen.
Im Rahmen des Leitthemas "Lebensphasen" thematisiert Kongresspräsident Professor Hendrik Lehnert "Transition" auch in Form einer Übergangsproblematik bei erwachsenen Patienten hin zur Altersmedizin.
Der 117. Internistenkongress findet vom 30. April bis 3. Mai 2011 in Wiesbaden in den Rhein-Main-Hallen statt.
Quelle:
Pressemitteilung DGIM Pressestelle, Anna Julia Voormann