Höher dosierte Statine und das Diabetesrisiko
Beim Vergleich der Therapie mit höher dosierten Statinen mit der mit niedriger Dosis als Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse wurde in der jetzt im «BMJ» publizierten Untersuchung während der ersten zwei Therapiejahre ein moderater Anstieg des Risikos für ein Neuauftreten eines Diabetes beobachtet. Ärzte sollten daher dieses Risiko bei Verschreiben höher dosierter Statine als Sekundärprävention bei kardiovaskulären Ereignissen im Auge behalten – so die Autoren des «Canadian Network for Observational Drug Effect Studies (CNODES)».
In den USA enthalten Fachinformationen und Beipackzettel zu Statinen jetzt Hinweise auf unerwünschte Wirkungen, die einen durch diese Cholesterinsenker bedingten hohen Blutzuckerspiegel betreffen. Dazu gehören der Diabetes, Anstieg des Hämoglobin A1c (HbA1c), oder ein erhöhten Nüchternblutzucker.
Die US Food and Drug Administration (FDA) hat diese Änderungen im Februar 2012 beschlossen und sich dabei auf zwei Metaanalysen von randomisierten, kontrollierten Studien bezogen [1].
In der ersten Metaanalyse von Rajpathak und Kollegen wurden die Daten von 57.593 Patienten aus sechs Studien einbezogen. In dem Vergleich von Statinen mit Placebo zeigte sich ein mäßige Erhöhung des Risikos für einen Diabetes 2 (relatives Risiko 1,13, Konfidenzinterval: 1,03 bis 1,23) [2].
In einer im Jahr nach dieser Analyse von Sattar und Kollegen publizierten weiteren Metaanalyse [3] ergab sich ein um 9 Prozent erhöhtes Diabetesrisiko (Odds Ratio (OR) 1,09 bis 1,17).
Preiss und Kollegen gingen noch einen Schritt weiter und verglichen in einer Metaanalyse mit 32.752 Patienten das Diabetesrisiko unter hoch und niedrig dosierten Statinen [4]. Es stellte sich heraus, dass höher dosierten Statine das Risiko für einen Diabetes um 12 Prozent erhöht hatten OR 1,12, 1,04 bis 1,22).
Die Ergebnisse der Metaanalyse von Preiss et al. sind insbesondere für Patienten relevant, die Statine zur Sekundärprävention von kardiovaskulären Ereignissen erhalten.
Die Beweislage für eine Reduktion der Gesamtsterblichkeit unter Statinen ist in der Sekundärprävention überzeugend und klinisch aussagekräftig. D. h. ein Vergleich von Nutzen dieser Therapie mit den Risiken reduziert sich auf die Frage der Dosierung einzelner Statine und nicht auf Behandlung oder Nicht-Behandlung.
Die bereits publizierten Studien mit Statinen wurden allerdings nicht unter realen Bedingungen durchgeführt und ihr Design war auch nicht auf das Auftreten eines Diabetes als primärem Endpunkt ausgerichtet. Außerdem waren sie auch nicht auf die Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Ereignissen beschränkt, bei der der Nutzen-Risiko-Quotient sich von dem bei Primärprävention unterscheidet.
Zusätzlich wurde in vielen Studien nicht sichergestellt, dass ein Diabetes wirklich neu aufgetreten war. Die Zuckerkrankheit verläuft häufig ohne Symptome und ist bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen und anderen Indikationen für Statine häufiger.
Das Canadian Network for Observational Drug Effect Studies (CNODES) hat daher ein Studiendesign entwickelt, über das das Risiko für einen neu aufgetretenen Diabetes unter Statinen in höherer Dosierung gegenüber niedrig dosierten Statinen kurz nach dem Auftreten eines kardiovaskulären Ereignisses ermittelt werden konnte.
In diese Untersuchung wurden acht bevölkerungsbasierte Studien und eine Metaanalyse aus sechs kanadischen Provinzen uns zwei internationalen Datenbanken, die aus Großbritannien und den USA stammen.
136.966 Patienten im Alter von 40 Jahren und mehr wurden zwischen dem ersten Januar 1997 und dem einunddreißigsten März 2011 erstmalig mit Statinen behandelt, nachdem sie wegen eines kardiovaskulären Ereignisses oder wegen eines Eingriffs am Herzen oder Gefäßen ins Krankenhaus aufgenommen worden waren.
Die Einteilung der Statine nach ihrer täglichen Dosis entstammte einer systematischen Übersichtsarbeit der Literatur und Metaanalyse klinischer Studien [5] in der die Wirkung der Statine auf das Low Density (LDL) Cholesterin im Serum bestimmt worden war. Demnach galten Rosuvastatin ≥10 mg, Atorvastatin ≥20 mg und Simvastatin ≥40 mg als höher dosierte Statine.
Nach den ersten beiden Jahren regelmäßiger Einnahme von Statinen beobachteten die Autoren einen signifikanten Anstieg neu aufgetretener Diabetesfälle unter den hoch dosierten Statinen im Vergleich zu den Statinen in niedriger Dosis (Vergleich des Auftretens 1,15, 1,05 bis 1,26). Der Anstieg des Risikos war während der der ersten vier Therapiemonate am höchsten.
Fazit:
Beim Vergleich der Therapie mit höher dosierten Statinen mit der mit niedriger Dosis als Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse wurde während der ersten zwei Therapiejahre ein moderater Anstieg des Risikos für ein Neuauftreten eines Diabetes beobachtet. Ärzte sollten daher dieses Risiko bei Verschreiben höher dosierter Statine als Sekundärprävention bei kardiovaskulären Ereignissen im Auge behalten – so die Autoren.
Literatur und Links
Higher potency statins and the risk of new diabetes: multicentre, observational study of administrative databases
Colin R Dormuth, Kristian B Filion, J Michael Paterson, Matthew T James, Gary F Teare, Colette B Raymond, Elham Rahme, Hala Tamim, Lorraine Lipscombe, for the Canadian Network for Observational Drug Effect Studies (CNODES) Investigators
BMJ 2014;348:g3244
- FDA Drug Safety Communication: Important safety label changes to cholesterol-lowering statin drugs
- Rajpathak SN, Kumbhani DJ, Crandall J, Barzilai N, Alderman M, Ridker PM. Statin therapy and risk of developing type 2 diabetes: a meta-analysis.
Diabetes Care 2009;32:1924-9 - Sattar N, Preiss D, Murray HM, Welsh P, Buckley BM, de Craen AJ, et al. Statins and risk of diabetes: a collaborative meta-analysis of randomised statin trials.
Lancet 2010;375:735-42 - Preiss D, Seshasai SR, Welsh P, Murphy SA, Ho JE, Waters DD, et al. Risk of diabetes with intensive-dose compared with moderate-dose statin therapy.
JAMA 2011;305:2556-64 - Law MR, Wald NJ, Rudnicka AR. Quantifying effect of statins on low density lipoprotein cholesterol, ischaemic heart disease, and stroke: systematic review and meta-analysis.
BMJ 2003;326:1423