Herzinfarkt durch Naproxen?
Das altbewährte Naproxen (z.B. Proxen, Aleve) ist wohl der neue Kandidat auf der `Abschußliste´. Im Rahmen der großen Alzheimer-Studie - ADAPT- sprechen die vorläufigen Daten dafür, dass es unter Naproxen vermehrt zu kardiovaskulären Erkrankungen und Schlaganfällen gekommen sei.
Schmerzpatienten haben es genau wie die betreuenden Ärzte zur Zeit nicht leicht, sich im Wald der Pressemitteilung über mögliche Begleitrisiken ihrer bewährten Schmerzmedikamente zurecht zu finden. Die Verunsicherungen gehen weiter. So stoppte die NIH (National Institutes of Health) kürzlich den Einsatz von Naproxen im Rahmen der groß angelegten Alzheimer Prevention-Studie. In dieser Studie, die seit drei Jahren unter dem Namen ADAPT (Alzheimer's Disease Anti-Inflammatory Prevention Trial) läuft, wurde untersucht, ob die Einnahme von Naproxen oder Celecoxib einen vorbeugenden Schutz gegen Alzheimer bieten könnte. 2400 Studienteilnehmer über 70 Jahre wurden täglich entweder mit 400mg Celecoxib, 440mg Naproxen oder einem Placebo behandelt.
Wie Studienleiter Dr. John Breitner (Veterans Affairs Medical Center Puget Sound/University of Washington, Seattle) berichtet seien die Daten noch nicht vollständig ausgewertet, vorläufige Analysen würden allerdings darauf hindeuten, dass das Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, unter Naproxen 50% über dem Placeborisiko liege. Insgesamt hatten 70 der Studienteilnehmer einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erlitten. 23 Personen starben während der dreijährigen Studiendauer, wobei die Todesursachen meist andere Ursachen hatten.
Diese neuen Befürchtungen stehen im Widerspruch zu den Ergebnissen früherer Naproxen-Studien, aus denen hervorgeht, dass Naproxen eher einen schützenden Effekt bezüglich Gefäßerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall ausübt. So veröffentlichte Dr. Peter Jueni kürzlich in der wissenschaftlichen Medizinzeitung `Lancet´ eine Analyse über die vorhandenen 11 Studien, die sich mit dem cardiovaskulären Risiko unter Naproxen beschäftigten. Davon beschrieb lediglich eine Studie ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte unter Naproxen, in den anderen Studien war das Gesamtrisiko erniedrigt.
Dennoch beharrt die NIH auf ihrer Entscheidung, weil die ADAPT-Studi erstmalig eine Aussage über einen langen Behandlungszeitraum zuließe.
Auch Dr. Daniel Solomon (Brigham and Women's Hospital, Boston, MA) äußert sich überrascht zu diesen neuen Aspekten zu Naproxen. Er sieht allerdings zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlaß, Patienten, die ihre Schmerzen erfolgreich mit Naproxen behandeln, um zu stellen. Die endgültige Auswertung der Daten, sowie weitere Studien, die einen negativen Einfluß auf das cardiovaskuläre Risiko belegen, seien ab zu warten.
Übrigens wurde auch der Celecoxib-Therapiearm in der ADAPT-Studie von der NIH gestoppt. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Herstellerfirma Pfizer kürzlich bekannt gab, dass es im Rahmen einer Krebs-Studie zu einem vermehrten Auftreten von cardiovaskulären Erkrankungen unter einer hochdosierten Celebrex-Therapie gekommen sei. In der ADAPT-Studie selbst war das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall unter Celebrex wiederum nicht erhöht.
Was kann also der Schmerzpatient heutzutage noch gelassen gegen seine Schmerzen einnehmen ? Es ist ein Wählen zwischen Skylla und Charybdis. Wie Dr. Robert Califf (Duke University, Durham, NC) beklagt, wäre eine objektive Einschätzung für Patient und Arzt notwendig, in der das Risiko von Magen-Darmblutungen und cardiovaskulärer Erkrankungen sowie die schmerzlindernde Kraft der einzelnen Medikamente gegeneinander verglichen wird.
Literatur:
1. Jueni P, Nartey L, Reichenbach S, et al. Risk of cardiovascular events and rofecoxib: cumulative meta-analysis. Lancet 2004; 364:2021-2029.