Gicht - mehr und mehr ein internationales Problem!
Früher wurde die Gicht als typische Erkrankung westlicher Industrieländer angesehen. Diese Ansicht muss revidiert werden, da immer mehr Länder eine Zunahme an Gichtfällen verzeichnen.
Patienten mit Gicht werden häufig entweder gar nicht behandelt, da die Erkrankung nicht erkannt wurde, oder sie werden übertherapiert, was auch zu Problemen führen kann.
Für Rheumatologen ist die Gicht, so Dr. Thomas Bardin vom Hôpital Lariboisière in Paris, eine „nette Krankheit“, da sie zu den wenigen heilbaren rheumatischen Erkrankungen zählt. Doch es gibt auch hier Problemfälle, so Bardin weiter, bei denen der behandelnde Arzt versucht sein könnte, sehr starke Medikamente einzusetzen. Zum Teil fällt dann die Risiko-Nutzen-Bilanz für den Patienten nicht allzu gut aus.
Dr. Michael Doherty von der Universität Nottingham in Großbritannien präsentierte beim EULAR-Kongress 2005 die Daten zum Anstieg der Gichtfälle weltweit und nannte als Gründe für die steigenden Zahlen einen ungesunden Lebensstil, häufigeres Vorkommen von Stoffwechselstörungen und natürlich auch die immer weiter ansteigende Lebensdauer, denn Gicht ist vor allem eine Krankheit der höheren Lebensjahre.
Während der Fragerunde nach dem Vortrag stellte ein Arzt die Frage, ob die rheumatoide Arthritis ebenfalls einen Risikofaktor für Gicht darstellt. Doherty berichtete daraufhin von den Studienergebnissen verschiedener Kliniken, die eine gewisse Verbindung nicht ausschließen konnten, auch wenn die Ergebnisse nicht ganz eindeutig waren. Auch die Rolle des Rheumafaktors bei der Bildung der Gichtkristalle ist noch ungeklärt.
Die Behandlung der therapieresistenten Gicht ist durch die Rücknahme oder Einschränkung verschiedener Medikamente wie Benzbromaron (z.B. Desuric) schwierig geworden, insbesondere bei Patienten, die Allopurinol (z.B. Zyloric, dura AL, Foligan) nicht vertragen. Bardin präsentierte aber verschiedene Möglichkeiten der Gicht-Behandlung mit Präparaten, die normalerweise für andere Indikationen vorgesehen sind. So nannte er einige Bluthochdruckmittel (z.B.: Losartan, Handelsname Lorzaar) oder auch Blutfettsenker als Alternativen.
Wenn keine anderen Therapieoptionen mehr bestehen, sei ein solcher „off-label-use“, also der Einsatz eines Medikamentes bei unüblichen Indikationen, oft die einzige Möglichkeit einer erfolgreichen Behandlung. Bei Gicht-Patienten, die außerdem eine Bluthochdrucktherapie oder eine lipidsenkende Therapie benötigen, sei eine solche Verwendung ohne Probleme möglich. Fraglich wäre ja nur der Gebrauch dieser Präparate bei Nur-Gicht-Patienten.
Die Ernährungsgewohnheiten speziell in Amerika und zunehmend auch in den asiatischen Ländern sind Bardin ein besonderer Dorn im Auge. Ungesunde Nahrungsmittel seien nicht nur überall zu haben, sondern auch besonders billig. Eine Gesundheitskampagne zur Gichtprävention sollte aus seiner Sicht so bald wie möglich durchgeführt werden.
Quellen
Allison Gandey. Prevalence of gout climbing internationally. EULAR, Jun 9, 2005. Vienna, Austria
M. Doherty. WHY IS THE EPIDEMIOLOGY OF GOUT CHANGING? EULAR 2005, SP0008. Vienna, Austria