Gezielter Muskelaufbau stabilisiert Prothese: Mehr Ärzte sollten Rheuma-Patienten mit Gelenkersatz Sport empfehlen
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 209 000 künstliche Hüftgelenke und 147 000 Knieendoprothesen implantiert, die meisten aufgrund von Arthrose, entzündlich-rheumatischen Erkrankungen oder nach einem Unfall. Nach Einsatz eines künstlichen Gelenks meiden immer noch zu viele Patienten sportliche Aktivitäten, weil sie einen vorzeitigen Verschleiß oder eine Lockerung des Kunstgelenks befürchten. Darauf weisen Experten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) im Vorfeld des Kongresses hin.
Von 15,7 Millionen Operationen im Jahr 2012 wurden alleine mehr als ein Viertel (4,4 Millionen) Operationen an den Bewegungsorganen durchgeführt (DRG-Statistik 2012, Statistisches Bundesamt). Hierin sind die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis (RA) eingeschlossen.
Viele Rheuma-Patienten benötigen innerhalb von 20 Jahren ein künstliches Gelenk. „Vielen ermöglicht das künstliche Gelenk wieder, Sport zu treiben. Dies verbessert sogar den Erfolg der Operation”, sagt Dr. med. Christine Seyfert, Kongresspräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh) von den Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz. Denn ein gezielter Muskelaufbau stützt die schmerzenden Gelenke und entlastet die Endoprothese. „Leider nutzen viel zu wenige Patienten diese Chance”, so die Fachärztin für Rheumatologie, Orthopädie und Unfallchirurgie.
„Sportliche Ambitionen sollten wir als Ärzte fördern, von Hochleistungsansprüchen rate ich jedoch den meisten Patienten ab”, sagt Seyfert. Eine amerikanische Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass Leistungssport und häufige Trainingseinheiten die Lebensdauer von Implantaten verkürzen können. Zudem gehen geschädigte Gelenke meist mit schwachen Muskeln einher. Diese müssen die Patienten zunächst wieder aufbauen. Die DGORh empfiehlt drei- bis viermal pro Woche spezielle Übungen von insgesamt 2,5 Stunden mit speziellem Training für die kurze Muskulatur. Dazu zählen zum Beispiel die kleinen Muskeln im Rücken, welche die Wirbelkörper miteinander verbinden. Gut trainiert stabilisieren diese Muskeln die Gelenke und bieten den optimalen Schutz, indem sie Scherkräfte reduzieren, die den Gelenkverschleiß begünstigen.
Für alle Patienten gelten folgende Sportarten als geeignet: „Schwimmen, Radfahren und Nordic Walking können bedenkenlos empfohlen werden”, sagt Seyfert. Reiten, Tennis und Skifahren bei entsprechender technischer Expertise, von Fußball, Basketball und Joggen raten Experten der DGRh und DGORh in der Regel ab. „Die Gelenkbelastung kann bei Sprüngen, schnellen Stopps oder bei Kontaktsportarten zu hoch sein”, erläutert die DGORh-Kongresspräsidentin. Prinzipiell seien bei gutem Trainingszustand, professioneller Technik und vermindertem Leistungsanspruch viele Sportarten möglich. Zu guter Letzt weist Professor Dr. med. Matthias Schneider auf den sozialen Aspekt von Bewegung hin: „Wer nicht mehr aktiv am Alltag teilnimmt, läuft Gefahr, sich dadurch zu isolieren und erhöht sein Risiko für depressive Verstimmungen”, so der DGRh-Kongresspräsident und Rheumatologe von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Quelle: Pressemitteilung DGRh
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