Fit im Job trotz Rheuma
Die Förderung von chronisch kranken Arbeitnehmern unterstützt die Produktivitätsleistung positiv, so das Ergebnis der europäischen Studie „Fit for Work“ der Work Foundation, einer unabhängigen, gemeinnützigen Forschungs- und Beratungsstiftung mit Sitz in London.
Muskuloskeletale Erkrankungen wie etwa Rheuma sind europaweit für die meisten Krankenstandstage verantwortlich. Da unsere Gesellschaft zunehmend altert, besteht steigender Handlungsbedarf, um Arbeitnehmer fit und damit aktiv im Arbeitsprozess zu halten. Diesem Anliegen kommt in unserem Nachbarland Österreich die neue Initiative „Rheuma Job Coach“ nach und bietet ein zukunftsweisendes Service für berufstätige Rheumakranke.
Die von der Work Foundation veröffentliche neue Studie „Fit for Work-Report“ liefert interessante Ergebnisse über die Auswirkungen von Rheumakranken auf den Arbeitsmarkt. Der Einfluss von muskuloskeletalen Erkrankungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt wurde in der Studie mit dem Titel „Fit for Work?“ untersucht und betont die Wichtigkeit der Förderung von chronisch erkrankten Arbeitskräften. Dies würde die Produktivität steigern und zu enormen volkswirtschaftlichen Einsparungen führen. Robin McGee, Wissenschaftlerin der Abteilung „Health and Wellbeing“ der Work Foundation betont: „Arbeit kann beides sein: die Ursache der Erkrankung, aber auch die Heilung.“
Zahlen, Daten, Fakten
Muskuloskeletale Erkrankungen (Musculoskeletal disorders = MSDs) ist ein Überbegriff für über 200 Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparates wie z.B. rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Rückenschmerzen, Gelenk-, Muskel- oder Sehnenschäden. Sie sind für die meisten Krankenstandstage verantwortlich.
Im Jahr 2004 verursachten sie mit 7,7 Millionen verlorenen Arbeitstagen die meisten Ausfälle. Eine Schätzung spricht von 55.000 Rheumapatienten in Österreich. Ein schmerzlicher Alltag für die Betroffenen, der leider oftmals viele Krankenstände bedingt und so zu volkswirtschaftlichen Verlusten führen kann.
Die durchschnittliche Krankenstandsdauer betrug 2004 in Österreich 18 Tage. Gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten könnten diese Krankstandstage zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Denn knapp 40% der arbeitslosen Österreicher geben an, dass ihre Arbeitslosigkeit auf gesundheitliche Probleme zurückzuführen sei.
Je früher Diagnose und Behandlung erfolgen, desto höher die Kosteneinsparungen: „Die wesentlichen Entscheidungsträger wie insbesondere auch die Politik sollten die ökonomischen und psychosozialen Vorteile früher Intervention erkennen und Maßnahmen treffen, diese in Österreich zu ermöglichen“, meint Anna Vavrovsky, die derzeit an der paneuropäischen Ausgabe dieser Studie mitarbeitet.
Dr. Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit der WKÖ, präzisiert: „Bei hypothetischem völligem Abbau der Belastungsfaktoren könnte das Krankenstandsgeschehen um 40 Prozent reduziert werden. Bereits durch eine Verringerung der hohen Belastungen könnten die Ausfallzeiten um 11 Prozent reduziert werden.“
Problematisch weil kostenintensiv ist auch die Zunahme an Frühpensionierungen in Österreich. „Dadurch wird das Pensionssystem übermäßig stark belastet, denn bei steigender Lebenserwartung ist das Pensionsalter weiter gesunken und liegt im Zeitraum 2002 bis 2007 nur noch bei 58,9, bei Frauen gar nur bei 57,9 Jahren“ sagt Dr. Gleitsmann.
Der „Rheuma Job Coach“ hilft aus der Krise
Diese Reduktionen sind auch Ziel der neuen und in Österreich bisher einzigartigen Web-Beratungs-Initiative „Rheuma Job Coach“. Auslöser ihrer Gründung waren die Ergebnisse der Fit-for-Work-Studie. Die Initiative entstand in Kooperation zwischen dem Gesundheitsunternehmen Abbott und der Österreichischen Rheumaliga. Unter dem Link www.rheuma-job-coach.at bietet sie Hilfestellungen für berufstätige Betroffene. Sie fokussiert dabei auf die Themen Arbeitsplatzsicherung, Umgang mit der Krankheit am Arbeitsplatz, Hilfe beim Bewerbungsprozess und gibt Empfehlungen für Rheuma-gerechte Berufe.
Ein Experten-Board aus Vertretern der Bereiche Medizin, Recht, Ergo- und Physiotherapie und Coaching beantwortet die per Email gestellten Fragen Betroffener. Den Nutzen dieser Initiative fasst Dr. Ludwig Erlacher, Primarius am Kaiser-Franz-Josef-Spital so zusammen: „Der Rheuma Job Coach stärkt das Selbstvertrauen und kann damit einen notwendigen und bedeutenden Beitrag zum Wohlbefinden der durch ihre Krankheit stark belasteten Rheumapatienten leisten.“
Nicky Böhm-Lilge ist mit der Thematik bestens vertraut, denn ihre Tochter kämpft seit Geburt an mit rheumatoider Arthritis und mit den umfassenden Auswirkungen auf die gesamte Lebensplanung, speziell im Hinblick auf die Berufswahl: „Die Arbeitsfähigkeit richtet sich bei der rheumatoiden Arthritis immer danach, wie die Krankheit in den Griff zu bekommen ist, was nicht nur von der medikamentösen Einstellung abhängt. Hier sind medizinische, therapeutische, soziale und arbeitsrechtliche Aspekte bestmöglich in Einklang zu bringen.“ Damit nimmt sie Bezug auf das dringend notwendige Service, das der „Rheuma Job Coach“ bietet, nämlich die umfassende Beratung Betroffener im Hinblick auf ihrem Sprung in bzw. Weg durch die Arbeitswelt.
Der heimliche Leidensweg
„Die Rheumatoide Arthritis tritt zwar verstärkt bei Menschen zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr auf, sie trifft aber Menschen jeden Alters “, so Dr. Erlacher. Die Betroffenen leiden an starken Schmerzen, die die Berufswahl und vor allem den Arbeitsalltag oftmals nur eingeschränkt möglich machen. Neben der körperlichen Beeinträchtigung belasten viele Betroffene auch noch psychische Schwierigkeiten. 30% der Beschäftigten mit Erkrankungen wie z.B. der rheumatoiden Arthritis versuchen diese vor Kollegen und Vorgesetzten geheim zu halten, aus Angst vor einem drohenden Arbeitsplatzverlust.
Rheumatoide Arthritis
Die rheumatoide Arthritis (auch chronische Polyarthritis genannt) ist die häufigste entzündliche Erkrankung der Gelenke. Der Krankheitsbeginn ist oft plötzlich, mit Schmerzen in den kleinen Finger- oder Zehengelenken. Morgens sind die Symptome zumeist am stärksten ausgeprägt. Im Krankheitsverlauf werden immer mehr Gelenke befallen. Meist verläuft die Krankheit schubweise, ein Schub dauert typischerweise zwischen einigen Wochen bis Monaten an. Zwischen den einzelnen Schüben lassen die Beschwerden nach.
Der Fit for Work Report
Der Fit for Work Report wurde von der Work Foundation initiiert und in 25 europäischen Ländern durchgeführt. Dieser Tage werden die einzelnen Reports in den jeweiligen Ländern publiziert und für regen Diskussionsstoff sorgen. Er zeigt aktuelle Zahlen aus dem heimischen Arbeitsmarkt und bietet damit eine breite Informationsgrundlage für nationale und europäische Politik, Gesundheitsexperten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein internationaler Vergleich der Ergebnisse findet im Herbst im Rahmen einer weiteren Publikation statt.
Die Work Foundation
Die Work Foundation ist eine unabhängige, gemeinnützige Forschungs- und Beratungsstiftung mit Sitz in London mit dem Ziel der Verbesserung der wirtschaftlichen Leistung, der Qualität des Arbeitslebens und der Optimierung der Lebensqualität. Sie steht unter der Schirmherrschaft von Prinz Philip und berät vor allem die britische Wirtschaft sowie staatliche und Nichtregierungsorganisationen. Mehr als 400 Organisationen gehören der Stiftung an.
Quelle: Pressmitteilung Peter Richter, Public Health PR, Wien