EULAR 2008: Symposium "Schwangerschaft und rheumatische Erkrankungen"
Ein eigenes Symposium auf dem EULAR 2008 in Paris beschäftigte sich mit mehreren Aspekten rund um das Thema "Schwangerschaft bei rheumatischen Erkrankungen". r-o-Autorin Dr. med. Gudrun Lind-Albrecht faßt die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Dr. Radbound Dolhain, Rheumatologe und Immunloge an der Universitätsklinik in Rotterdam, Niederlande, berichtete unter dem Titel „Pregnancy and the rheumatic diseases“ nicht nur über Daten zum Verlauf der häufigsten rheumatischen Erkrankungen während und unmittelbar nach Schwangerschaften, sondern auch zum Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft und bei der Geburt sowie zu Einflüssen der Erkrankung und der antirheumatischen Medikation auf das Geburtsgewichts von Neugeborenen.
Verlauf der rheumatischen Erkrankungen in der Schwangerschaft:
Bei der Rheumatoiden Arthritis (RA) verbessert sich laut aktuellster Zahlen die Erkrankung in 50% der Fälle, in den übrigen Fällen bleibt sie eher stabil; interessanterweise erfahren gerade Patientinnen mit vorher hoher Krankheits-Aktivität (gemessen am DAS) die stärkste Verbesserung während und kurz nach der Schwangerschaft (bis zu 6.Woche nach Geburt). - Den Daten zur RA liegt eine große holländische Studie (=PARA-Studie*) mit über 200 beobachteten RA-Patientinnen zugrunde.
Beim SLE (systemischer Lupus erythematodes) dagegen aktiviert sich die Erkrankung bei 50% der Patientinnen. Vor allem dann, wenn vor der Schwangerschaft eine hohe Krankheitsaktivität vorlag oder wiederholt Schübe aufgetreten waren, ist das Risiko der weiteren Verschlechterung des SLE in der Schwangerschaft hoch. Aber auch wenn Chloroquin vor der Schwangerschaft nicht regelmäßig eingenommen wurde, ist das Risiko von SLE-Schüben in der Schwangerschaft erhöht.
Bei den Spondyloarthritiden ist im 3. Trimenon (7.-9.Monat) mit einer Zunahme der Wirbelsäulensymptomatik zu rechnen. Die Gelenksymptome verbessern sich dagegen eher, entsprechend dem Verlauf bei RA.
Fibromyalgie-Patientinnen erleben häufig eine Verschlechterung ihrer Beschwerden während der Schwangerschaft.
Dr. Dolhain betonte, dass in allen Fällen die soziale Unterstützung (Partner, Familie, Freunde, Kollegen) während und nach der Schwangerschaft einen starken Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung hat.
Frage möglicher Komplikationen im Verlauf der Schwangerschaft und unter der Geburt
Zum Verlauf der Schwangerschaft und der Geburt berichtete Dr. Dolhain, dass bei der RA, bei den Spondyloarthritiden und bei der Fibromyalgie keine erhöhte Rate an Komplikationen gefunden wurde. Patientinnen mit fortlaufender Cortisontherapie während der Schwangerschaft hatten allerdings eine verkürzte Schwangerschaftsdauer.
Beim SLE ist das Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt generell erhöht, vor allem bei hoher Krankheitsaktivität schon vor der Schwangerschaft: Hier liegt die Komplikationsrate bei 58% und eine vorzeitige Geburt ergibt sich in 17-18% der Fälle. SLE-Patientinnen mit zuvor niedriger Krankheitsaktivität haben nur zu 8% mit Komplikationen zu rechnen, in 5-8% kommt es bei ihnen zur vorzeitigen Geburt.
Die Präeklampsie (Schwangerschafts-Komplikation mit hohem Blutdruck, Ödemen und Eiweiß im Urin, manchmal schwer zu unterscheiden von einer Aktivierung des Lupus) – kommt laut Literatur bei 13-35% der SLE-Patientinnen vor - bei Gesunden in 5-8%. Ein besonderes Risiko für eine Präeklampsie haben Patientinnen mit Cardiolipin-Antikörpern.
Ein erniedrigtes Geburtsgewicht des Neugeborenen kommt bei der RA eher dann vor, wenn zuvor eine hohe Krankheitsaktivität (hohe DAS-Werte) vorlag.
Wenn die SLE-Betroffene Mutter SSA oder SSB-Antikörper hat, ist in etwas mehr als 1% der Fälle das Neugeborene von einem neonatalen LE betroffen. Wenn die Mutter zuvor schon Kinder mit neonatalem LE zur Welt gebracht hat, dann ist das Wiederholungsrisiko 20%!
Das Risiko des Neugeborenen, die rheumatische Erkrankung der Mutter zu bekommen bezifferte Dr. Dolhain für die RA mit 5%, für die Arthritis psoriatica mit 5%, für den SLE mit 2%. Für die Fibromyalgie gibt es derzeit keine Zahlen, aber eine familiäre Häufig ist sicher.
Die PARA-Studie
Näheres zur holländischen PARA-Studie: Über 200 Patientinnen mit RA wurden beobachtet, alle holländischen Rheumatologen waren involviert, es wurden zu 3 Messzeitpunkten vor und während der Schwangerschaft sowie zu 3 weiteren Zeitpunkten nach der Geburt der rheumatologische Befund festgehalten, die laborchemische Untersuchung durchgeführt und der DAS sowie der HAQ bestimmt.
Ergebnis: 48% der RA-Patientinnen erfuhren während der Schwangerschaft eine Verbesserung, wenn man den DAS zugrunde legt. Hoch interessant für schwerer betroffene Patientinnen ist die Tatsache, dass vor allem die Patientinnen mit höherer entzündlicher Aktivität von der Schwangerschaft besonders profitierten und sich im DAS stärker verbesserten. Diese Besserung bleibt noch bis zur 6.Woche nach der Geburt erhalten und geht dann wieder zurück.
Nimmt man den HAQ als Maßstab, so stellte man in dieser Studie fest, dass die Einschränkungen in der gesamten Schwangerschaft kontinuierlich steigen und den höchsten Wert im 3.Drittel (3.Trimenon) erreichen. Dies erklärt sich aber relativ leicht, denn die körperliche Beeinträchtigung durch die Schwangerschaft selbst nimmt rein mechanisch für alle zu, und es ist auch an einer gesunden Kontrollgruppe aufgezeigt, dass der HAQ in der Schwangerschaft ansteigt.