Ernährungstherapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen
Patienten mit rheumatischen Erkrankungen können durch die Ernährung die Aktivität der Krankheit beeinflussen und Schmerzen mildern. Die Ernährungstherapie darf Rheumatikern auch wegen des hohen kardiovaskulären Risikos nicht vorenthalten werden.
Eskimos, Bewohner der Meeresküsten, aber auch Vegetarier leiden seltener als andere Menschen an rheumatischen oder verwandten Erkrankungen. Die Gründe vermuten Fachleute seit langem in der Ernährung. Doch Zusammenhänge ließen sich erst in den letzten Jahren herstellen: Einige Nahrungsfette fördern im Körper die Bildung bestimmter hormonähnlicher Stoffe, so genannter Eikosanoide. Diese sind an der rheumatischen Entzündungsreaktion beteiligt, erläutert Professor Dr. med. Olaf Adam von der Ludwig Maximilian Universität München in der Fachzeitschrift DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009).
Entzündungsfördernde Eikosanoide entstehen aus Arachidonsäure. Diese Fettsäure kommt ausschließlich in tierischer Nahrung vor. Insbesondere in fettem Fleisch, Eigelb, Schmalz und Leber. Fetter Meeresfisch dagegen ist reich an Fettsäuren, die einer Entzündung entgegenwirken. Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sollten deshalb nicht mehr als zwei Fleischmahlzeiten und zwei Eigelb pro Woche verzehren, so der Leiter der Ernährungsmedizinischen Abteilung an der LMU. Stattdessen gehöre zwei Mal pro Woche Fisch auf den Tisch - möglichst Meeresfisch wie Hering oder Makrele. "Wem das auf Dauer nicht schmeckt, der hat die Möglichkeit auf Fischölkapseln auszuweichen", sagt Adam, der auch dem Arbeitskreis Ernährungsmedizin der DGRh angehört. Diese enthielten unterschiedliche Mengen an Fischölfettsäuren und müssten deshalb genau dosiert werden.
Grundsätzlich sollten Patienten sich ausgewogen und vitaminreich ernähren. Da Menschen mit Rheuma von Knochenschwund bedroht sind und auf ihre Knochengesundheit achten sollten, rät Adam auch zu täglich einem halben Liter fettreduzierter Milch oder Milchprodukten, um die Zufuhr von Kalzium zu sichern. Auch Vitamin D - im Körper gebildet durch Sonnenlicht - beeinflusst den Kalziumstoffwechsel positiv.
Einige Patienten berichten zudem, dass bestimmte Nahrungsmittel einen Krankheitsschub auslösen - ähnlich wie bei einer Allergie. Professor Adam schätzt den Anteil auf ein bis zehn Prozent der Betroffenen. Ohne eine ernährungstherapeutische Beratung kann es jedoch schwierig sein, die Auslöser zu ermitteln. Um Mangelerkrankungen zu vermeiden, rät der Experte Rheumapatienten davon ab, die Ernährung auf eigene Faust komplett umzustellen. Ein dauerhafter Erfolg sei nur zu erwarten, wenn Ärzte, Ernährungsberater und Ergotherapeuten zusammenarbeiten.
Die DGRh bietet deshalb in Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin e. V. (DAEM) Fortbildungsseminare für Ärzte an. Mediziner lernen dort, wie sie ihre Patienten bei einer gesunden Ernährung unterstützen können. Die Ernährungstherapie ist stets eine begleitende Maßnahme zur medikamentösen Therapie.
Den Patienten nützt eine umgestellte Ernährung auch an anderer Stelle: Entzündungsreaktionen in den Gefäßwänden gelten heute als Auslöser der Arteriosklerose, erläutert Professor Adam. Und tatsächlich erkranken Menschen mit rheumatischen Erkrankungen häufiger an Herzkreislauferkrankungen als andere. Ihre Lebenserwartung ist um zehn Jahre vermindert, sagt Adam. Auch wegen der möglichen günstigen Einflüsse auf Herz und Kreislauferkrankungen dürfe Patienten mit rheumatischen Erkrankungen eine Ernährungstherapie nicht vorenthalten werden.
Zusammenfassung der Ernährungsempfehlung
• Nicht mehr als 2 Fleischmahlzeiten und 2 Eigelb pro Woche
• Täglich ½ Liter fettreduzierte Milch oder entsprechende Milchprodukte, bzw.
calciumreiches Mineralwasser
• 2 Seefischmahlzeiten pro Woche ergänzt durch vegetarische Gesichte an den
restlichen Tagen
• Die Kost muss kalorisch ausreichend und vollwertig sein
• Auf Vitamine und Spurenelemente bei der Lagerung und Zubereitung von Speisen
achten
• Gegebenenfalls supplementieren: Vitamin D, Vitamin E, Selen, Calcium.
Quellen: Dr. Cornelia Rufenach, Geschäftsstelle
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.
Dtsch Med Wochenschr 2009; 134: 1759-1763