Editorial vom Januar 2004
Die konkrete Utopie für die Rheumatologie 2004: Die Remission wird Realität. Danni K. (Name geändert). Die erste Patientin im neuen Jahr. Eine junge Frau, die ich schon viele Jahre kenne und behandle. Sie war ein Teenie, als ihre juvenile rheumatoide Arthritis begann. Es war eine schwere Zeit.
Die konkrete Utopie für die Rheumatologie 2004: Die Remission wird Realität.
Danni K. (Name geändert). Die erste Patientin im neuen Jahr. Eine junge Frau, die ich schon viele Jahre kenne und behandle. Sie war ein Teenie, als ihre juvenile rheumatoide Arthritis begann. Es war eine schwere Zeit. Die erste Basistherapie half zwar, aber nicht genug. Cortison, Methotrexat, stationäre Behandlung in der Kinder-Rheumaklinik in Garmisch-Partenkirchen, Schluß mit dem aktiven Sport in der Fußballmannschaft, harte Zeiten in der Schule. Als vor zweieinhalb Jahren nichts mehr ging: Beginn mit Enbrel. Riesenwirkung, aber auch fast unerklärliche Nebenwirkungen. Es geht ihr supergut, so gut, wie in der ganzen Krankheitsphase nicht, und sie sitzt in der Ecke und heult. Depressionen als Nebenwirkung von Enbrel? Wir beschließen, Enbrel nicht mehr zweimal in der Woche zu spritzen, sondern nur noch einmal. Wir haben Glück. Es wirkt unverändert gut, und die Depressionen sind weg. Wir erfinden gemeinsam die BAER-Strategie: Bedarfs-Adaptierte Enbrel-Regulation. Heißt, sie entscheidet selber, in welchen Abständen sie spritzt. Das klappt hervorragend. In besten Zeiten braucht sie wochenlang keine Injektionen. Abitur. Beginn einer Ausbildung. Das Leben liegt wieder neu vor ihr. Die Zukunft ist wieder Gegenwart und nicht mehr Vergangenheit.
5. Januar 2004. Danni ist die erste Patientin im neuen Jahr. Ich habe sie fast ein halbes Jahr nicht mehr gesehen. Sie hat mich nicht gebraucht. Seit mehr als zwei Jahren geht es ihr gut. Sie spritzt ihr Enbrel, zur Zeit zweimal pro Woche, da die Ausbildung doch ganz schön hart ist. Aber sie fühlt sich gesund. Keine Gelenkschmerzen, keine Gelenkschwellungen, keine Morgensteifigkeit, keine Müdigkeit, keine Erschöpfung, keine Allgemeinsymptome. Komplette, nun schon lang anhaltende Remission. Mein größtes Problem mit ihr ist an diesem jungen Morgen im jungen Jahr 2004 nicht ihre Erkrankung, sondern die Frage, ob ich nicht aufhören muß, sie zu duzen. Schließlich ist sie eine junge Dame. Nein, sagt sie. Ich bin schon so lange bei Ihnen. Sie fragt mich, wie es mit Sport ist. Ich habe nichts dagegen. Wegen mir, wenn sie Lust hat, auch wieder Fußball. Die Frauen haben 2003 den Männern vorgemacht, wie man erfolgreich Fußball spielt.
Von care zu cure: Heilung statt Versorgung. Das Editorial im Dezember beendete das Jahr 2003 mit einer großen rheumatologischen Vision. Habe ich sie eine konkrete Utopie genannt?
Danni K., die erste Patientin im neuen Jahr. Die Remission wird Realität. Schöner kann für einen Rheumatologen das neue Jahr nicht beginnen.
Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer