Editorial vom August 2003
Manche mögens heiß Das neue Jahrtausend hat kaum begonnen und präsentiert sich gleich mit einem Sommer, den man – bei aller Vorsicht und Zurückhaltung angesichts dessen, was in den nächsten 96,4 Jahren noch so alles auf uns zukommen kann – wahrscheinlich bereits jetzt als Jahrhundertsommer bezeichnen darf.
Manche mögens heiß
Das neue Jahrtausend hat kaum begonnen und präsentiert sich gleich mit einem Sommer, den man – bei aller Vorsicht und Zurückhaltung angesichts dessen, was in den nächsten 96,4 Jahren noch so alles auf uns zukommen kann – wahrscheinlich bereits jetzt als Jahrhundertsommer bezeichnen darf.
Wem verdanken wir das? Natürlich unserem fürsorglichen Kanzler. Nachdem er uns nicht erlaubt hat, im Urlaub nach Italien zu fahren, hat Italien beschlossen, zu uns zu kommen. Gott sei es gedankt.
Für alle, die Italien, die Italiener und das italienische dolce vita lieben, heißt es, auch dieses Jahr nicht verzichten zu müssen. Besonders schön ist die soziale Komponente: Wir haben sizilianische Temperaturen, ohne dafür auch nur einen Cent an Flugkosten bezahlen zu müssen, und das Hotel haben wir auch noch gespart.
Das kann sich auch Normal-Deutscher leisten, ohne die eiserne Reserve auf dem Sparbuch angreifen zu müssen, die im Juli sicherheitshalber noch einmal um 40 Euro aufgestockt werden musste, damit zumindest für das Jahr 2004 das neu erfundene Eintrittsgeld für den Hausarzt vorhanden ist. Die ganz Vorsichtigen haben noch 40 Euro dazugetan. Man weiß ja schließlich nicht, ob man vom Lotsen-Hausarzt die Überweisung zum Facharzt bekommt, und dann ist es besser, man hat auch den Spezial-Facharzt-Zuschlag bereits auf der hohen Kante.
Wobei es mit dem Facharzt-Zuschlag anders ist als beim ICE. Zwar gibt es auch da keinen Rabatt, wenn man eine BahnCard hat. Auch die neue alte nicht. Beim Facharzt kommt man aber mit dem Aufpreis wenigstens schnell und komfortabel voran, während man hört, dass der neue ICE-3 im Augenblick mehr zu stehen als zu fahren scheint. Als kleine Aufmerksamkeit spendiert die Bahn den Reisenden im ICE-3 dafür einen kostenlosen Aufenthalt in der Sauna. Allerdings, da auch die Bahn sparen muß, im Niedrigtemperaturbereich. Die gemessenen Werte liegen nur so bei etwa 60° C.
Wenn jemand, wie der Verfasser dieses Editorials, die Hitze mag und auch gut verträgt, kann man den augenblicklichen Temperaturen durchaus einen Charme abgewinnen. Es erinnert, wenn man den Erzählungen der Eltern Glauben schenken darf, an Sommer in den 50er Jahren, speziell an einen auch im Nachhinein als ganz besonders gut zu bezeichnenden Jahrgang, außerdem aus eigener Erfahrung an die 60er und 70er Jahre, woran wir uns nur nicht mehr so gut erinnern, da diese Sommer nicht live im Fernsehen übertragen wurden.
Der Unterschied zu damals ist allerdings, dass wir heute einen größeren Teil des Tages in Büros, Praxisräumen oder wo sonst in Arbeitszimmern verbringen müssen, bei denen sich zunehmend herausstellt, wie es just in einer Glosse der Rheinischen Post hieß, dass es sich bei ihnen um getarnte Backstuben handelt.
Summer in the city: In Düsseldorf ist es in der Innenstadt am besten auszuhalten, wenn man die klimatisierten Kaufhäuser überhaupt nicht verlässt. Aber was passiert, wenn man nun doch ein Stück weiter muß? Gestern bin ich Straßenbahn gefahren, weil ich die zwei Haltestellen nicht zu Fuß gehen wollte. Ein interessantes Erlebnis – ICE-light. Nicht ganz so heiß, aber auch schon mit tropischem Flair. Das kommt davon, wenn man heute beim Fahren die Türen nicht mehr auflassen kann. Vielleicht sollten wir auch überlegen, ob wir wenigstens im Sommer unsere Oldtimer wieder reaktivieren sollten, die mit den schönen Plattformen, wo man – nebenbei erwähnt - bei langsamer Fahrt auch noch auf- und abspringen konnte.
A propos Oldtimer: Noch nie habe ich in einer so großen Dichte auf den Straßen Düsseldorfs so grandiose Oldtimer gesehen. Die Menschen scheinen Autos aus den Garagen holen, die nur dann auf die Straße dürfen, wenn es mindestens 14 Tage vorher nicht geregnet hat und es sicher ist, dass es auch in den nächsten 6 Wochen nicht regnen wird. Einmal die Kö runter: Da stehen sie, die 190 SL, natürlich Cabrio, wenn man Glück hat, sogar ein 300 SL, der alte Porsche Speedster, dessen Motor man anhört, dass auch der Volkswagen von Ferdinand Porsche erfunden wurde, der Jaguar E mit diesem unglaublichen, gar nicht enden wollenden Vorbau, die Morgan 8 Plus, Austin Healeys, Triumphs, und die Tage auch ein altes Rolls-Cabrio. Und viele mehr. Wir können sie hier nicht alle aufzählen. Nicht vergönnt war mit allerdings bislang eines meiner Traumautos, der legendäre BMW 507- Roadster, der ja heute ein Stück Reminiscenz im neuen Z8 findet.
Wobei es einem passionierten Cabrio-Fahrer auffällt, dass immer mehr Menschen entdecken, dass man bei einem Cabrio auch das Dach aufmachen kann. Und das in einer Zeit, in der ich mir selber manchmal überlege, ob ich vielleicht doch nicht oben ohne fahren sollte, um einen kühlen Kopf zu bewahren. Und um die Klimaanlage voll ausnutzen zu können, die ich damals in einer der weiseren Minuten meines Lebens als Extra bestellt habe, obwohl ich für diese Investition seinerzeit von meiner Umwelt oft mit einem mitleidigen Lächeln bedacht wurde. In den letzten Wochen hat mich, eigentlich kann ich es gar nicht wirklich verstehen, keiner gefragt, warum man eigentlich in einem Cabrio eine Klimaanlage braucht.
Was toll ist: Die Menschen gehen wieder heraus, entdecken in den kühleren Abendstunden (gestern abend hatten wir um 24.00h im Mondschattten immerhin nur noch 32° C), dass es mit Biergärten, Straßencafes oder auch gemeinsamem Grillen mit Freunden und Nachbarn sehr spannende und weitaus kommunikativere Alternativen zum sommerlichen TV-Einheits-Wiederholungs-Brei gibt, und man hat auch das Gefühl, dass die Hitze ein Wir-Gefühl schafft, dass uns ja sonst leider zunehmend abhanden zu kommen scheint (wir reden nicht von rheuma-online. Hier gibt es natürlich ein Wir-Gefühl, und hier leben wir jeden Tag praktische Solidarität).
Was ich bei dem kollektiven Aufbruch in das neue outdoor-Gefühl nur nicht verstehe: Warum müssen eigentlich alle an meinen Baggersee? Es gibt doch so viele andere Gewässer, die wirklich schön sind, und auch wenn wir nun Italien in Deutschland haben, es braucht doch an meinem Baggersee keine Verhältnisse wie in Rimini.
Zum ernsteren Teil des Jahrhundertsommers:
So schön oder auch vielleicht für einige mittlerweile auch schon weniger schön die Gluthitze für alle sein mag, die sie genießen und genießen können: Teilweise bedrohlich wird sie für alle, die gesundheitlich nicht topfit sind, und oft zur Qual wird sie für alle, die wirklich krank sind.
Wobei es einem in diesen Tagen in den Krankenhäusern auffällt, dass es zwar heute selbst in jedem drittklassigen PKW bereits eine Klimaanlage gibt, der Goldstandard der modernen Klimatechnik in vielen Kliniken aber immer noch der gute alte Ventilator ist. Über den man dann auch schon wieder herrlich streiten kann, da er ebenso schön Zug macht, wie er auch alles an Keimen in der Weltgeschichte verteilt, die es in Krankenhäusern ja nun manchmal so geben soll.
Viele Patienten leiden unter der Hitze unendlich, und es kann gar nicht genug anerkannt werden, mit welchem Einsatz das Personal in den Krankenhäusern unter zum Teil fast unzumutbaren Bedingungen versucht, seine Arbeit trotz der tropischen Temperaturen so gut wie gewohnt zu machen und daneben auch noch bemüht ist, es den Kranken so angenehm wie möglich zu machen.
Unseren Usern, die sich hoffentlich bei dieser Hitze nicht einer Behandlung im Krankenhaus unterziehen müssen, wünschen wir, dass sie so gut wie möglich mit den Temperaturen zurechtkommen. Wir wollen uns spezielle Tips ersparen, so wie: Aufenthalt in der prallen Sonne vermeiden, viel trinken, schwere körperliche Arbeit vermeiden etc.. Das wissen alle sowieso.
Vielleicht gibt es aber wirklich heiße Tips zum Überleben in der Hitze und um einen kühlen Kopf zu behalten. Und auch nicht schlecht: Coole Drinks für heiße Nächte. Die sich mit Cortison und Konsorten vertragen, am besten sogar noch die Verträglichkeit von Mtx steigern. Ich glaube, ich mache dazu mal eine Diskussion im Forum auf.
Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer für das das rheuma-online-Team