Editorial vom 1. April 2007 - Das GKV-WSG ab heute mit vielen Neuerungen für die Versicherten. Ab heute: Verordnungsfähigkeit von orthopädischen Straßen.
Heute ist das GKV-WSG in Kraft getreten (Gesetzliche-Krankenversicherung-Wettbewerb-Stärkungs-Gesetz). Das Glanzstück der Großen Koalition bringt eine ganze Reihe von Neuerungen. Nachdem wir das über 700 Seiten starke Werk nun sorgfältig gelesen haben, sind wir auf einige interessante Regelungen gestoßen. Neu unter anderem: Verordnungsfähigkeit von orthopädischen Straßen.
Besonders beeindruckt hat uns, daß das neue Gesetz im Rahmen der Wettbewerbsstärkung den Krankenkassen erlaubt, bei der Versorgung ihrer Versicherten ganz neue Wege zu gehen. Im wahrsten Sinne des Wortes und für Rheuma-Patienten besonders interessant ist die Möglichkeit, ab heute auch orthopädische Straßen zu verordnen.
Die Abbildung zeigt den Verordnungsvorschlag, den wir heute in der Post gefunden haben.
Anspruchsberechtigt sind bei Krankenkassen, die sich an dieser Innovation beteiligen wollen, alle Versicherten mit rheumatischen und orthopädischen Erkrankungen im Bereich der Füße, bei denen die Fortbewegung auf normalen Straßen nicht oder nur unter großen Schmerzen und mit starker Reduktion der Gehgeschwindigkeit möglich ist.
In diesem Fall kann unter Verwendung des Rezeptformulars Orth-Str-2007.04.01 eine neue orthopädische Straße verordnet werden. Grundsätzlich ist eine Zuzahlungspflicht des Versicherten in Höhe von 10% der Gesamtkosten vorgesehen; im Rahmen des neuen präventiven Ansatzes des GKV-WSG entfällt diese Zuzahlung, wenn der Versicherte durch einen regelmäßigen Schneeräumdienst im Winter und mindestens tägliches Fegen in den übrigen Jahreszeiten in einem Zeitraum von 3 Jahren, gerechnet rückwirkend ab Datum der Ausstellung der Verordnung, für einen ordnungsgemäßen Zustand der bisherigen Straße gesorgt hat.
Eine kleine Einschränkung: Hausärzte dürfen orthopädische Straßen erst nach Einholung einer Zweitmeinung verordnen. Dafür wurde das Formblatt Orth-Str-2007.04.01-ZwM.1.0 entwickelt, über das in einem zertifizierten Verfahren die Zweitmeinungsregelung abgewickelt wird.
Zweitmeinende Orthopäden und Rheumatologen benötigen dazu eine Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Diese wird gebührenpflichtig nach Eingang des Betrages in Höhe von EUR 140,07 auf Antragstellung unter Verwendung des Vordruckes Orth-Str-2007.04.01-ZwM.1.0.VoDru1.1 erteilt, wenn die persönlichen und institutionellen Voraussetzungen gegeben sind. Die Einzelheiten werden in einer Ausführungsverordnung im Gemeinsamen Bundesausschuß (G-BA) geregelt.
Unklar ist gegenwärtig, ob orthopädische Straßen auch von Mitgliedern anderer Krankenkassen, die sich an dieser Innovation nicht beteiligen wollen, mit benutzt werden dürfen. In den zuständigen Gremien wird dazu als Regelung diskutiert, daß in diesem Fall eine Anpassung des Risikostrukturausgleichs vorgenommen werden könnte, alternativ ist eine Anrechnung der Aufwendungen bei den Zahlungen aus dem Gesundheitsfond im Gespräch.
Um die Systematik des GKV-WSG auch in diesem Punkt durchzusetzen, werden Versicherte des neuen PKV-Basistarifs demselben Verfahren wie Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung unterworfen.
Damit sie sich aber weiterhin als Privatpatienten fühlen dürfen, wurde bei Ihnen eine Wahlmöglichkeit bei der Farbe des Straßenbelages eingeräumt. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß durch diese Wahlmöglichkeit die Kosten nicht mehr als um den Faktor 1.04 steigen. Dazu wird bei einer noch festzulegenden Stelle, man diskutiert derzeit in erster Linie die Kassenärztlichen Vereinigungen, denkbar ist aber auch ein neu zu gründendes Zentralinstitut, das dann unmittelbar an das Bundesgesundheitsministerium angegliedert und als Stabsstelle Ulla Schmidt direkt unterstellt werden soll.
Sollte die zweite Lösung realisiert werden, wird in eingeweihten Kreisen eine Sonderregelung für rote Straßenbeläge vermutet. Voraussetzung dafür sei aber, so heißt es, daß Angela Merkel in nächster Zeit ausreichend durch die EU-Präsidentschaft absorbiert sei, damit sie auch weiterhin keine Zeit habe, ihre politischen Prinzipien in der Gesundheitspolitik durchzusetzen.