Die Deutsche Rheuma-Liga: Millionen Betroffenen eine Stimme geben
Die Chancen, mit einer rheumatischen Erkrankung im Beruf zu bleiben und bei relativ guter Lebensqualität alt zu werden, sind in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen. Dennoch: Der medizinische Fortschritt geht an viel zu vielen Patienten vorbei. Dies liegt vor allem an der Praxis der derzeitigen Bedarfsplanung, die aktuell zu monatelangen Wartezeiten führt.
Ein Viertel der Bevölkerung leidet an Funktionseinschränkungen durch muskuloskelettale Erkrankungen. Zehn Millionen Menschen müssen in Deutschland mit klinisch manifesten, behandlungsbedürftigen chronischen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates leben. 1,5 Millionen sind von prinzipiell lebensbedrohlichen entzündlich-rheumatischen Krankheitsbildern betroffen.
Es gibt gute Fortschritte in der medikamentösen Therapie und bei operativen Verfahren. Die Chancen, mit einer rheumatischen Erkrankung im Beruf zu bleiben und bei relativ guter Lebensqualität alt zu werden, sind in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen.
Belegt ist dies für die rheumatoide Arthritis. Remission und niedrige Krankheitsaktivität sind hier inzwischen erreichbare Ziele. Der Krankheitsaktivitätsindex („Disease Activity Score“/DAS28) ist von 1997 bis 2009 von 4,5 auf 3,4 zurückgegangen. Der Krankenstand fiel von 1997 mit 71 Tagen bis 2009 auf 31 Tage pro Jahr.
Dennoch: Der medizinische Fortschritt geht an viel zu vielen Patienten vorbei. Dies liegt vor allem an der Praxis der derzeitigen Bedarfsplanung, die aktuell zu monatelangen Wartezeiten führt.
Patienten werden der Not gehorchend in Kliniken eingewiesen, weil sie ambulant nicht fachärztlich zu versorgen sind. Das Frühsprechstundensystem kollabiert und Neuerkrankte erhalten vielerorts keine rechtzeitige, angemessene Therapie.
Nur mit rechtzeitiger Diagnostik und Therapie lässt sich aber bei den entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen eine Zerstörung der Gelenke verhindern.
Die Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V., mit über 260 000 Mitgliedern größter Patientenselbsthilfeverband in Deutschland, begrüßt daher die Initiative der Bundesregierung, noch in diesem Jahr ein Versorgungsgesetz auf den Weg zu bringen und erwartet, damit verbunden, eine verbesserte Bedarfsplanungsrichtlinie.
Der Verband fordert eigene Verhältniszahlen für die Rheumatologie. Eine Erweiterung der Möglichkeiten zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen allein wird das Problem nicht lösen.
Laut Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie müsste es bei 68 Millionen Erwachsenen in Deutschland 1350 Rheumatologen geben. Der Ist-Stand nach der letzten Erhebung 2008 war 621.
Nur in neun von 380 Planungsbezirken in Deutschland gibt es derzeit einen Rheumatologen auf 50 000 erwachsene Einwohner. In 176 Planungsbezirken gibt es keinen einzigen niedergelassenen internistischen Rheumatologen.
Weitere Forderungen der Rheuma-Liga:
Behandlungssektoren sind besser zu verzahnen, Krankenhäuser sind in die ambulante Versorgung einzubeziehen. Um den Rheumatologennachwuchs sicherzustellen, sind sowohl mehr Lehrstühle für Rheumatologie an den Universitäten als auch mehr Weiterbildungsstellen zum Facharzt für Rheumatologie zu verwirklichen.
Quelle:
Vortrag Professor Dr. med. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e.V., Berlin
Vorab-Pressekonferenz anlässlich des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Mittwoch, 24. August 2011, München