DGRh fordert mehr Lehrstühle für Rheumatologie
Viele Medizinstudenten sehen während ihrer Zeit an der Universität keinen einzigen Patienten mit entzündlichem Rheuma. Dabei sind 1,5 Millionen Erwachsene und etwa 20.000 Kinder von entzündlich rheumatischen Erkrankungen betroffen. Das Problem: In Deutschland fehlen rheumatologische Lehrstühle – nur sechs gibt es.
Das gesamte Medizinstudium sieht im Durchschnitt nur 12,5 Vorlesungsstunden in internistischer Rheumatologie vor. Diese Missstände in der universitären Ausbildung zeigt eine aktuelle Erhebung, die im September auf dem 43. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Bremen vorgestellt wurde.
In Deutschland fehlen internistische Rheumatologen. Das ist vor allem für Patienten von Nachteil, die an einem der 100 rheumatischen Krankheitsbilder leiden. Viele erreichen den Facharzt zu spät. So vergehen etwa bei Patienten mit rheumatoider Arthritis rund 11 Monate bis zum ersten Rheumatologenkontakt, wie die Daten der Kerndokumentation der Arbeitsgemeinschaft Regionaler Kooperativer Rheumazentren im Jahr 2013 gezeigt haben. "Dabei können wir den Krankheitsverlauf mit einer frühen Therapie in den ersten drei Monaten entscheidend verbessern – sogar ein Symptomstillstand ist möglich", so Professor Dr. med. Gabriele Riemekasten, Sprecherin der Kommission für studentische Ausbildung der DGRh.
"Während sich die Therapie rheumatisch entzündlicher Erkrankungen in den letzten 20 Jahren entscheidend verbessert hat, hat sich in der universitären Ausbildung nichts getan", kritisiert Riemekasten auf der Kongress-Pressekonferenz der DGRh. Den Nachholbedarf zeigen jetzt die aktuellen Ergebnisse der RISA-Studie (Rheumatologie: Integration in die Studentische Ausbildung).
"Bei weniger als der Hälfte der 37 untersuchten medizinischen Fakultäten existieren notwendige Strukturen, um die Studenten im Fach Rheumatologie ausreichend zu unterrichten", so Studienleiterin Riemekasten. Aktuell gibt es in Deutschland nur sechs Professuren, die einen eigenständigen Lehrstuhl für internistische Rheumatologie (IR) leiten sowie eine Professur, die mit der Leitung einer eigenständigen Klinik an der Universität verbunden ist. "Alle anderen IR-Abteilungen sind einem nicht-rheumatologischen Lehrstuhl untergeordnet, was sich entscheidend auf das Vorlesungsverzeichnis auswirkt", so Riemekasten, die am 1. März 2015 als erste Frau dem Ruf auf eine W3-Professur für Innere Medizin/Rheumatologie und entzündliche Systemerkrankungen nach Lübeck an das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein folgte.
Die Stundenzahl für Pflichtvorlesungen und praktische Übungen schwankt. Die Hälfte der medizinischen Fakultäten bietet weniger als zehn Pflichtvorlesungsstunden an, drei haben gar keine. An 9 von 27 medizinischen Fakultäten verbrachten die Studenten maximal drei Stunden am Krankenbett eines Rheuma-Patienten.
"Das Interesse für die Rheumatologie ist in jedem Fall vorhanden, das zeigen uns die Studenten deutlich", sagt Riemekasten. Jedoch müssen wir aufgrund der geringen Anzahl an Lehrstühlen und, resultierend daraus, auch an Weiterbildungsstellen, derzeit vielen Bewerbern absagen. Um für Medizinstudenten wie auch für Patienten bessere Voraussetzungen zu schaffen will die DGRh erreichen, dass die Zahl der Professuren auf dem Gebiet der internistischen Rheumatologie steigt. Denn nur, wenn schon im Studium das Interesse für das Fach geweckt wird, lässt sich das Nachwuchsproblem lösen. Dazu engagiert sich die DGRh auf allen Ebenen vom Studenten bis zum fertigen Facharzt, sowohl durch politische Lobbyarbeit als auch durch konkrete Fördermaßnahmen wie z. B. das Studentenprogramm beim Kongress oder die Auslobung von Weiterbildungsstipendien.